Hagen. Rund 50 Leser waren im Rahmen der Aktion „WP-Bus“ zum Polizeipräsidium Hagen gerollt. Dort gab es spannende Einblicke.
- Triste Einblicke in die Gewahrsamszellen.
- Herz schlägt in der Leistelle.
- Leser bestaunen neuen Streifenwagen von BMW.
Die Tür in der Sammelzelle ist nur für ein paar Sekunden ganz geschlossen. Aber das reicht, um eine Ahnung zu bekommen, wie es ist, wenn sich die Tür für länger schließt. Wenn man einsitzen muss im Gewahrsam des Polizeipräsidiums Hagen auf der Hoheleye. Rund 50 Leser unserer Zeitung haben diesen seltenen Einblick am Samstag bekommen, bei der jüngsten Etappe der Bustour, die unsere Zeitung gemeinsam mit der Hagener Straßenbahn anbietet.
Drei Zellen sind tatsächlich belegt, als die Leser-Gruppe den Gewahrsamstrakt besucht. Natürlich bekommen die Besucher die Menschen in den Zellen nicht zu Gesicht, deren Privatsphäre wird gewahrt. Aber es bleibt doch der tief sitzende Eindruck, dass man hier tatsächlich ganz nah an der realen Arbeit der Polizei ist. Polizeihauptkommissar Ralf Bode, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Polizeipräsidium Hagen, weiß zu berichten, dass rund 1400 Menschen pro Jahr in den Gewahrsamszellen untergebracht werden - die Männer sind dabei in der sehr, sehr deutlichen Überzahl.
Maximal 48 Stunden in Gewahrsam
Manchmal nur für einige Stunde zum Ausnüchtern, weil sie sich daneben benommen haben und in dem Zustand eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. Oft aber auch, weil tatsächlich eine schwere Straftat im Raum steht. Maximal 48 Stunden bleiben die festgenommenen Männer und Frauen dann im Polizeigewahrsam, bis sie dem Haftrichter vorgeführt werden und dann im Zweifelsfall in Untersuchungshaft kommen und in die Justizvollzugsanstalt am Landgericht gebracht werden. Doch auch diese Stunden können lang werden.
„Wer hier einsitzt, wird natürlich verpflegt“, sagt Ralf Bode. „Aber das ist kein Sterne-Menü. Das Essen kommt aus der Gefängnisküche der JVA Hagen.“ Die Teilnehmer unsere Besuchergruppe können derweil die derzeit nicht belegten Zellen genauer unter die Lupe nehmen. Sie sehen, wie spartanisch diese eingerichtet sind. Eine Toilette in der Zelle, ein erhöhtes Podest, auf dem eine Matratze liegt. Und ein Teil der Zellen hat nicht einmal ein Fenster, sondern nur eine Belüftungsanlage.
Nicht nur bei den jugendlichen Teilnehmern unserer Tour hinterlässt das Eindruck. „Ich hätte vorher gedacht, dass die größer sind“, sagt etwa Pia Winkhaus. Und Sophie Hirmke fällt auf, dass „ nicht einmal ein Tisch“ in den kargen Zellen vorhanden ist. Für Sara Winkhaus ist es aber ein Höhepunkt des Vormittags, „dass man so eine Zelle überhaupt einmal sehen kann“.
Wie im Film
Einen seltenen Einblick bekommen die Leser auch dadurch, dass sie im Einsatz- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Platz nehmen dürfen. Sie sitzen auf den Stühlen, auf denen im Fall eines Großeinsatzes die Polizeiexperten sitzen, die alle Informationen zusammentragen und die Einsätze etwa bei einer gewalttätigen Demonstration koordinieren. Eine Kulisse, wie man sie sonst nur aus Filmen kennt. Sascha Mader, Leiter des Leitungsstabs, weiß aber zu berichten, dass all die Technik in diesem Raum nicht allzu oft genutzt werden muss. „Hagen ist nicht Dortmund, wo es zum Beispiel mit den Demonstrationen von Rechtsradikalen und den Gegendemos oft zu solchen Ereignissen kommt.“
Verkehrsunfälle führen Liste der Einsätze an
Mehr als 500 Menschen arbeiten beim Polizeipräsidium Hagen; etwa 440 als Polizeivollzugsbeamte, der Rest als Verwaltungsmitarbeiter und Regierungsbeschäftigte.
Mehr als 46 000 Einsätze gab es im vergangenen Jahr für die Hagener Polizei. Auf Platz eins liegen die Verkehrsunfälle, gefolgt von Ruhestörung und Streitigkeiten.
Der WP-Bus der Hagener Straßenbahn hat die Besucher am Samstag auf einer Tour von Haspe über den Quambusch, Wehringhausen, die Innenstadt und das Hochschulviertel hoch zur Hoheleye gebracht.
Und auch insgesamt ist das eine Botschaft dieses Vormittags: Hagens Polizei ist zwar auf fast alle Eventualitäten vorbereitet, aber Hagen ist auch eine vergleichsweise sichere Großstadt. Selbst bei den Verkehrsunfällen hat Hagen zwar eine durchschnittliche hohe Fallzahl, allerdings sind wir auch „Hauptstadt der Blechschäden“, sprich: Es gibt relativ wenige schwere Unfälle mit schwer verletzten oder gar getöteten Menschen.
Leitstelle immer besetzt
Das heißt aber nicht, dass auf der Leitstelle der Polizei Langeweile herrschen würde. Ganz im Gegenteil: 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr herrscht hier im Herzstück des Polizeipräsidiums, wo alle 110-Notrufe eingehen, reges Treiben.
Und auch hier erhält die Besuchergruppe dieser Zeitung und der Hagener Straßenbahn einen seltenen Einblick. So bekommen die Teilnehmer live mit, wie Notrufe eingehen und diese bearbeitet werden. Peter Schulz, an diesem Vormittag als „Kommissar vom Dienst“ der Chef der Leitstelle, erklärt, wie die Einsätze bearbeitet werden. Und wie die Beamten mit Checklisten auch in brenzligen Situationen immer die Nerven behalten.
Dass das Polizeipräsidium auf der Hoheleye nicht nur für Hagen zuständig ist, sondern bei Kapitaldelikten wie Mord und Totschlag sowie bei politisch motivierten Delikten und religiösem Extremismus (Staatsschutz) auch den EN-Kreis, den Märkischen Kreis und den letzten Zipfel der Kreise Olpe und Siegen-Wittgenstein bearbeiten muss, hatte vorher schon Sascha Mader erläutert. Für mehr als eine Million Bürger ist man in diesen Feldern von Hagen aus verantwortlich. Für Leser Mathias Winkhaus eine ganz neue Erkenntnis: „Ich habe nicht gewusst, dass die solch ein riesige Gebiet zu betreuen haben.“
Neuer Polizei-BMW vorab
Dass die Besuchergruppe am Vormittag noch eine Premiere erleben darf, ist dann das i-Tüpfelchen: Denn die Polizeipuppenbühne, die eigentlich Kinder in Sachen Verkehrssicherheit schult, hat ein neues Erwachsenenstück konzipiert. Und die Leser erhalten hier eine erste Kostprobe, dargeboten von den Thomas Dörl und Jörg Ebel. Genau unter die Lupe nehmen können sie auch noch einen der neuen BMW-Polizeiautos, die erst im kommenden Jahr über Hagens Straßen fahren werden. Extra für unsere Leser ist er aus Gelsenkirchen geholt worden.
Stefanie Hirmke, die mit Ehemann André und den Töchtern Lina und Pia mit dabei ist, sagt: „Ein dickes Lob an die Polizei. Das war wirklich super organisiert.“ Dem schließen sich Inge und Peter Bock aus Breckerfeld gerne an: „Dass man dort Einblicke bekommt hat, wo man sonst nie hinschauen kann, das war klasse.“