Hagen. Die Religionsgemeinschaften in Hagen wollen nach den Terroranschlägen von Paris erst recht noch enger zusammenstehen.

Gut zwei Wochen sind nun vergangen seit den jüngsten Anschlägen in Paris. Die Drahtzieher der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ berufen sich dabei auf religiöse Motive. Was hat das für Auswirkungen auf das Zusammenleben der Religionen hier in Hagen? In einer Stadt, in der es – die Sommer-Serie „So glaubt Hagen“ unserer Zeitung hat dies gezeigt – eine sehr große religiöse Vielfalt gibt.

„Die Anschläge werden sich beim Zusammenleben der Religionen eher zusammenführend als trennend auswirken“, ist sich Wilfried Wißmann sicher. Er ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der christlichen Kirchen (AKC) in Hagen und Teilnehmer am „Runden Tisch der Religionen in Hagen“. An dem sitzen neben den christlichen Kirchen auch muslimische Gemeinden, die jüdische Gemeinde oder die Gemeinschaft der Bahai. Wißmann sagt: „Wir werden die Kontakte intensivieren müssen, um die Eigenart der Anderen kennenzulernen und zu verstehen.“ Und er sieht nach den Anschlägen keinen Anlass, auf Distanz zu gehen. Im Gegenteil: „Ich glaube, dass das Zusammenleben jetzt noch freundlicher und wahrnehmender sein muss.“

Von Resonanz überrascht

Stimmen der Religionen

Wir begreifen nicht, dass Menschen zu solchen Taten fähig sind, wir verstehen nicht, was sie dazu antreibt. Barmherziger Gott, sei jetzt bei den Opfern der Gewalt und ihren Angehörigen. Gib ihnen Trost und Kraft. Bewege die Herzen, dass der Hass nicht die Oberhand gewinnt. Lass alle Menschen guten Willens zusammenstehen. Allmächtiger Gott, Du weißt Wege, von denen wir nichts ahnen. Zeige uns wie wir Wege finden zu Frieden und Gerechtigkeit. Christliches Gebet, gesprochen in der Johanniskirche

Möge es Dir wohlgefällig sein, Ewiger, unser Gott und Gott unserer Vorfahren, dass Du die Welt von Krieg und Blutvergießen befreist und stattdessen einen großen und wunderbaren Frieden in der Welt verbreitest, dass keine Nation mehr das Schwert gegen eine andere Nation erhebe und keine Nation mehr den Krieg lernt. Mögen alle Bewohner der Erde um die Wahrheit wissen, dass wir in dieser Welt nicht um des Haders und der Zwietracht willen gekommen sind. Jüdisches Friedensgebet, verlesen in der Johanniskirche

O Allah, wir haben uns heute hier für den Weltfrieden versammelt. Der Herr der Welten, gib den Leuten, die versuchen die Welt in ein Blutbad zu verwandeln, denjenigen, die die Menschen zum Weinen bringen, und denjenigen, die versuchen, den Terrorismus zu verbreiten, keine Chance. Der Meister des Gerichtstages, beende den Terror und die Kriege, die die Menschen dazu zwingen, aus ihren Häusern und ihrer Heimat zu flüchten. Ali Boz, Imam Diyanet Zentral Moschee

Als ein ermutigendes Zeichen wertet er das Friedensgebet, das jetzt spontan in der Johanniskirche stattgefunden hat. „Wir waren der Meinung, dass die Morde nicht ohne unsere Antwort bleiben durften“, so Wilfried Wißmann. Und alle am Runden Tisch vertretenen Religionen waren auch trotz der kurzfristigen Einladung vertreten. „Von der großen Teilnehmerzahl waren wir selbst überrascht.“ Der katholische Dechant Dr. Norbert Bathen und die evangelische Superintendentin Verena Schmidt standen so Seite an Seite mit Imam Ali Boz von der Diyanet Zentral Moschee und Michael Eberhardt von der Gemeinschaft der Bahai. Texte wurden verlesen, Gebete gesprochen. Und auch die jüdische Kultusgemeinde hatte Texte beigesteuert, die von Wilfried Wißmann verlesen wurden.

„Ganz sicher hat schon die gemeinsame Planung und schließlich auch das Friedensgebet selbst gezeigt, dass Menschen verschiedener Religionen, die aber guten Willens sind, gut miteinander auskommen können“, sagt Wißmann. Die Gespräche seien immer geprägt gewesen von Vertrauen und Respekt.

"Etwas, was so gut begonnen hat, unbedingt weiterführen"

Das sagt auch Mikail Isik, Vorsitzender des Bündnisses Hagener Muslime. Er hatte aber nicht in dieser Funktion sondern als einfacher gläubiger Moslem am Friedensgebet teilgenommen und sagt im Nachklang: „Wir müssen als Religionen nach den Terrorschlägen noch enger zusammenstehen, noch mehr miteinander reden.“

In den nächsten Monaten könnte es noch weitere Aktionen geben, stellt Wilfried Wißmann in Aussicht: „Von Teilnehmern und Religionsvertretern wurde gewünscht, solch geartete Veranstaltungen regelmäßig durchzuführen.“ Eine Entscheidung dazu werde wohl bei der Versammlung des Runden Tisches beim Oberbürgermeister im Februar fallen. „Ich denke, dass man etwas, was so gut begonnen hat und so viel Resonanz gefunden hat, unbedingt weiterführen muss.“