Hagen. Die Hagener Feuerwehr hat erst im Juli stolz ihre neue Leitstellentechnik eingeweiht. Doch die nimmt Siemens jetzt überraschend wieder vom Markt.
Gerade einmal ein Vierteljahr ist her, dass die Hagener Feuerwehr ihr neues Leitstellensystem in der zentralen Feuer- und Rettungswache Ost vorgestellt hat. „Sieveillance Command“ heißt das Produkt des Technik-Riesens Siemens und soll die Hagener Feuerwehr in das neue digitale Zeitalter transportieren. Nun die Überraschung: Siemens wird die Leitstellentechnik nicht weiter vermarkten. Das bestätigte ein Siemens-Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung: „Siemens möchte sich künftig auf den Markt für Industrieleitstellen konzentrieren.“
Siemens-Leitstellentechnik für zehn Jahre gemietet
Das wirft Fragen auf, denn die Hagener Feuerwehr hat die Siemens-Leitstellentechnik für zehn Jahre gemietet – und zwar inklusive Wartung und regelmäßiger technischer Updates, die die Betriebssicherheit gewährleisten. Die Monatsmiete liegt - inklusiver aller technischerGeräte - bei immerhin 35.000 Euro. Erfreut sei man nicht über die Nachricht gewesen, so Hagens stellvertretender Feuerwehrchef Veit Lenke, der die Anschaffung der Leitstellentechnik koordiniert hat. „Aber inzwischen sehe ich die Entwicklung sehr gelassen. Siemens hat uns zugesichert, dass alle Vertragsvereinbarung erfüllt werden.“ Das bestätigt auch der Firmensprecher unserer Zeitung.
Vize-Feuerwehrchef: „Kein Ausfall der neuen Technik“
Vize-Feuerwehrchef Veit Lenke dementiert, dass die neue Leitstellentechnik in den vergangenen Wochen bereits mehrere Tage außer Betrieb gewesen sei.
Lenke: „Einige Tage ist die alte Technik parallel mitgelaufen, es gab aber keinen Ausfall der neuen Technik.“ Dies sei auch lückenlos dokumentiert.
Dazu gehören für Lenke auch zwei Bausteine, die aktuell noch nicht Bestandteil der Leitstelle in der Florianstraße im Lennetal sind, aber dort bereits fest eingeplant sind. Zum einen geht es um die schon lange geplante Schnittstelle zum Digitalfunk. Lenke: „Wir befinden uns im Moment noch in der Probephase, der Funk läuft aktuelle noch analog. In Kürze sollen aber alle Einheiten von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr auf digitale Technik umgestellt werden.“ Zum anderen fehlt noch die Schnittstelle für das Kfz-Notrufsystem E-Call. Ab 2017 müssen alle Neuwagen standardmäßig mit dem System ausgestattet sein, dass bei einem Unfall automatisch die Feuerwehr alarmiert und das Fahrzeug orten lässt.
Notfalls andere Anbieter
Veit Lenke ist sich sicher , dass Siemens auch hier Wort hält und die Hagener Leitstelle dafür ausstattet. „Aber selbst wenn dies nicht so wäre, könnten wir diese Schnittstellen auch bei anderen Anbietern ordern. Die Systeme sind kompatibel.“ Dass die grundsätzliche Betriebssicherheit durch den Wartungsvertrag garantiert wird, steht für den Vize-Feuerwehrchef außer Frage.
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Aber wird Siemens auch weiterhin für technische Innovationen sorgen, so dass sich die Leitstellen zum Beispiel technischen Neuerungen in der Kfz- oder Gebäudetechnik anpassen kann? Siemens selbst antwortet mit dem Standardsatz, dass man die Verträge erfüllen und die genauen Details mit den Kunden besprechen werde. Kim Heimann, den Chef der Feuerwehr Bottrop, treibt aber zumindest ein Bedenken um: Wird Siemens die entsprechend spezialisierten Fachleute halten können, die das Produkt immer auf dem neusten Stand halten? Schließlich haben diese nun amtlich, dass das Unternehmen in ihrem Produkt keine Zukunft sieht. Bottrop gehört ebenfalls zu den Siemens-Kunden sowie rund 40 weitere Feuerwehr-Leitstellen in Deutschland, darunter auch Köln, Mülheim oder Herne.
Hagen jüngster Kunde der Münchner Firma
Hagen gehört allerdings zu den jüngsten Kunde des Münchner Unternehmens. Veit Lenke weist aber Kritik zurück, dass man schon früher habe merken können, dass sich Siemens aus diesem Produktbereich zurückziehen würde: „Wir planen das Projekt der neuen Leitstelle ja schon seit dem Jahr 2012. Das war damals noch nicht absehbar. Erst im vergangenen Jahr hat Siemens ja noch neu in den Bereich investiert.“ Man könne es auch positiv sehen: Hagen habe ja nun für zehn Jahre Ruhe, könne sich dann nach einem neuen Anbieter umsehen. Lenke: „Das trifft jetzt vielmehr die Anbieter, die aktuell eine neue Leitstellen-Technik suchen und auf Siemens gesetzt haben.“