Südwestalen. Keine Kinderbetreuung, wenig Aufstiegschancen – das sind Hindernisse für Frauen bei der Feuerwehr. NRW will die Rahmenbedingungen nun verbessern.
Tagsüber sind die Frauen vorn. Das erste Auto, das dann ausrückt, ist oft nur mit weiblichen Feuerwehrleuten besetzt. Denn die Frauen sind da. Die Männer dagegen arbeiten auswärts, pendeln in andere Städte. Bis sie im Ernstfall zurück in Kierspe sind, dauert es. Die Frauen aber sind meist im Ort beschäftigt, nach der Familienzeit voll einsatzfähig, erklärt Georg Würth, Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Kierspe.
NRW unter dem Bundesdurchschnitt
37 Prozent seiner Einsatzkräfte sind weiblich. Ein Spitzenwert. Landesweit sind sieben Prozent der Mitglieder in den Freiwilligen Feuerwehren Frauen. Damit liegt NRW unter dem Bundesdurchschnitt von zehn Prozent. Das muss sich ändern, hat Innenminister Ralf Jäger (SPD) gefordert. „Wir wollen alle Feuerwehren darin unterstützen, Vorbehalte gegenüber Frauen in der Feuerwehr zu entkräften.“ Rahmenbedingungen müssten verbessert werden, es dürfe keine Hindernisse geben, die Frauen abhalten mitzumachen.
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„Es gibt viele kleine Stellschrauben“, an denen die Feuerwehren drehen können“, sagt Georg Würth, Leiter der Kiersper Vorzeige-Feuerwehr. „Vor allem muss man den Frauen die gleichen Chancen geben“, betont er. Führerschein Klasse C, Führungskräftelehrgänge – die müssen Frauen ebenso angeboten werden wie Männern. Das Argument, dass Frauen sich nach der Geburt des ersten Kindes aus dem Dienst zurückzögen, sich die Investition in die mehrjährige Ausbildung nicht lohne, lässt er nicht gelten: „Wenn die Kinder in die Schule oder den Kindergarten kommen, sind die Frauen zurück.“
Erzieher am Gerätehaus eine Lösung
Und dann einsetzbar, auch tagsüber – sofern die Kinderbetreuung steht. Erzieher am Gerätehaus oder Eltern, die dort den Einsatzkräften den Rücken frei halten – das könnte eine Lösung sein, überlegt Thomas Wieneke, Kreisbrandmeister in Soest. „Wenn wir mehr Frauen in der Feuerwehr haben möchten, dann müssen wir uns da etwas einfallen lassen“, sagt er.
Wer Frauen gewinnen will, der müsse zudem für passende Bekleidung sorgen, ergänzt Würth. Zu große Handschuhe – „das ist eine Form von Mobbing“, so Würth. Ausschließlich Fleischwurst-Brötchen beim Einsatz ebenso.
Frauen lösen viele Herausforderungen mit dem Köpfchen
Dass Frauen nicht so schwer tragen, nicht so hart arbeiten können wie Männer – das lässt Georg Würth als Argument nicht gelten. Auch unter den Herren gebe es manchen Hänfling, so Würth. „Es findet sich für jeden der richtige Platz“, ergänzt Wienecke.
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Zumal es umgekehrt Dinge gibt, die Frauen besser können, sagt Anica Würth, eine der Kiersper Feuerwehrfrauen: in enge Winkel, durch schmale Öffnungen kriechen, zum Beispiel. „Vieles lösen wir mit Köpfchen statt mit Kraft", so Nicole Vorneweg von der Freiwilligen Feuerwehr Obermarsberg. „Es gibt Situationen, in denen immer Frauen vorgeschickt werden, wenn kleine Kinder betroffen sind, weil man ihnen mehr Einfühlungsvermögen zutraut“, so Nadine Henkel aus Wetter.
Woran es liegt, dass sie in der Feuerwehr noch immer eine Minderheit sind, das können sich die drei im Übrigen nicht so recht erklären. Sie sind zufrieden. Man brauche aber „ein Stück Selbstbewusstsein“, so Anica Würth, müsse den ein oder anderen dummen Spruch kontern.
26 Jahre bei der Jugendfeuerwehr
Mittlerweile, glaubt Sybille Trojan, die vor 26 Jahren der Jugendfeuerwehr Siegen beigetreten ist, sei der Weg den Frauen aber geebnet. Dass viele dennoch eine andere Richtung wählten, hat ihrer Meinung nach einen anderen Grund: „Frauen entscheiden sich ebenso wenig für die Feuerwehr wie überhaupt für technische Berufe.“