Hagen. . Die A1 führt mitten durch Vorhalle, täglich brettern hier über 74000 Autos und Lastwagen an den Häusern der Anwohner vorbei. Die Situation ist unerträglich geworden.
Gudrun Wolf-Henoch (57) wohnt in einem schmucken Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert, in den Bäumen rings um den Hof sitzen Vögel, im Garten sieht man einen Brunnen plätschern. Aber man hört das Zwitschern der Vögel und das Plätschern des Brunnens nicht. Was man hört, ist ein beständiges Brausen, Blasen und Rauschen, ein unangenehmes, enervierendes Geräusch, das alle anderen Laute übertönt. „Ich bin ja hier aufgewachsen und besitze eine gewisse Lärmtoleranz, aber mittlerweile ist die Grenze des Erträglichen überschritten“, sagt die Apothekerin aus Vorhalle.
Einer der wichtigsten Verkehrswege in Deutschland
Was Gudrun Wolf-Henoch und die anderen Anlieger mürbe macht, ist die nahe Autobahn. Die A1 führt mitten durch das Wohngebiet, sie ist einer der wichtigsten Verkehrswege in Deutschland, täglich brettern zigtausende Autos und Lastwagen an den Wohnzimmern von Gudrun Wolf-Henoch, Horst Krüger und Klaus Glasmacher vorbei. „Wenn wir auf der Terrasse sitzen, können wir uns nicht unterhalten, so laut ist die Autobahn“, sagt Krüger, der 1962 nach Vorhalle zog: „Damals herrschte hier nicht solcher Krach.“
Stadtrat fordert Maßnahmen gegen Lärm
Auf Antrag der SPD hat der Stadtrat die Verwaltung im Juni beauftragt, in Gesprächen mit dem Landesbetrieb Straßen NRW Maßnahmen zur Begrenzung der Lärmemissionen im Bereich der Hagener Autobahnabschnitte zu entwickeln.
Damals waren aber auch viel weniger Fahrzeuge auf der A 1 unterwegs, vor allem viel weniger Lastwagen. Denn es sind die dicken Brummis, die den Lärmpegel in den letzten Jahr immer weiter haben anschwellen lassen. Zwar existiert seit langem eine Lärmschutzwand neben der Fahrbahn, doch das Tosen der Fahrzeuge schwingt sich unsichtbar über das nutzlose Hindernis hinweg. Mitte der 90er Jahre wurde die Autobahn sechsspurig ausgebaut, die letzte Verkehrszählung des Landesbetriebs Straßen im Jahr 2010 hat 74. 730 Fahrzeuge pro Tag zwischen den Anschlussstellen Hagen-West und Hagen-Nord ergeben, davon 13. 800 Laster (zwischen Hagen-West und Gevelsberg wurden sogar 79. 000 Fahrzeuge gezählt). Öffnen die Bewohner ein Fenster oder treten vors Haus, bekommen sie die volle Dröhnung verpasst.
Auf verlorenem Posten
Immer wieder haben Anlieger in der Vergangenheit für eine Verbesserung des Lärmschutzes gekämpft, doch sie stehen weitgehend auf verlorenem Posten. Denn das Planfeststellungsverfahren zum Autobahnausbau ist längst rechtsgültig abgeschlossen, der Klageweg aussichtslos. Auch Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt hat sich mehrmals mit der Bitte um Umgestaltung des Lärmschutzes an das Verkehrsministerium in Düsseldorf und den Landesbetrieb gewandt, sich aber stets eine Abfuhr eingeholt. „Ansprüche auf Nachbesserungen sind nicht gegeben“, heißt es lapidar aus den Behörden. Zudem ist umstritten, ob Tempobeschränkungen auf 80 km/h oder der Einbau von Flüsterasphalt den gewünschten Effekt mit sich bringen. „Das eigentliche Problem sind die Lastwagen“, so Kohaupt. „Von denen gibt es immer mehr, und sie verursachen den meisten Lärm.“
Die Bezirksvertretung Nord will jetzt die beiden Landtagsabgeordneten Wolfgang Jörg (SPD) und Uli Alda (FDP) ins Boot holen, damit sie sich bei der Landesregierung in Düsseldorf für die lärmgeplagten Vorhaller einsetzen. Zudem empfiehlt Kohaupt den Anwohnern, den Petitionsausschuss des Landtages anzurufen.
Bei Tag und Nacht
Derweil wallt und tobt der Verkehrslärm durch die Wohngebiete im südlichen Vorhalle, unentrinnbar bei Tag und Nacht, die A1 ruht nie. „Er macht uns noch krank, dieser Lärm“, sagt Gudrun Wolf-Henoch und blickt auf ihr schönes, altes Fachwerkhaus, in dem sich so herrlich wohnen ließe. . .