Hagen. . Das Hagener Handwerk unterstützt die Politik dabei, in Zukunft wieder konsequenter gegen die Schwarzarbeit in der Stadt vorgehen zu wollen.
Mit einer Mischung aus Optimismus, dass das Thema wieder auf der politischen Tagesordnung auftaucht, aber auch Skepsis, wie es in der Praxis wohl umgesetzt wird, reagiert das heimische Handwerk auf den Vorstoß aller Ratsfraktionen, in Hagen deutlich offensiver gegen Schwarzarbeit vorgehen zu wollen.
„Es ist eindeutig eine gesetzliche Aufgabe der Kommune, gegen diese Form der Wettbewerbsverzerrung und des Preisdumpings vorzugehen“, betonen Michael Plohmann, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, sowie Kreishandwerksmeister Joachim Beinhold. Sie stellen seit über einem Jahrzehnt fest, dass die Verfolgung von illegalen Arbeitsleistungen beim Ordnungsamt nahezu brach liegt.
Schaden durch Schattenökonomie
Dabei klingt das Ausmaß der verbotenen Schattenökonomie gewaltig: Das Institut für Wirtschaftsforschung (Tübingen) schätzt für 2015 das Gesamtvolumen auf 339 Milliarden Euro – das sind gut zwölf Prozent des Bruttosozialproduktes. Fünf Stunden müsse ein Facharbeiter arbeiten, um sich eine Stunde lang die Dienste eines Kollegen leisten zu können, rechnet wiederum das Institut der deutschen Wirtschaft (Köln) hoch. Angesichts der hohen Steuer- und Abgabenlast erscheint es da kaum verwunderlich, dass immer mehr Bürger der Versuchung kaum widerstehen mögen, Dienst- und Handwerkerleistungen am Fiskus vorbei erledigen zu lassen.
Hohes Risiko auch für die Auftraggeber
Bei nachgewiesener Schwarzarbeit drohen empfindliche Sanktionen. So müssen die Abgaben zur Sozialversicherung für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren nachgezahlt werden - und zwar in voller Höhe durch den Auftraggeber.
Zudem kann Schwarzarbeit eine Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen und eine Steuerhinterziehung darstellen. Deswegen drohen zusätzlich bis hin zu Freiheitsstrafen.
Schwere Konsequenzen kann auch ein Unfall haben. Denn dann müssen die Arbeitgeber beispielsweise der verletzten Putzhilfe neben den Heilbehandlungskosten (zum Beispiel für Arzt, Krankenhaus, Arznei-, Verbands- und Hilfsmittel) unter Umständen auch eine lebenslange Unfallrente zahlen.
Dies gilt übrigens nicht nur, wenn die Haushaltshilfe in der Wohnung des Arbeitgebers verunglückt, sondern auch schon auf dem Weg zum Arbeitsplatz. Zudem kann bei einem Unfall die Unfallversicherung sich die Kosten für Versicherungsfälle infolge von Schwarzarbeit erstatten lassen.
2004 hat es in Hagen immerhin noch 465 Überprüfungen seitens der Stadt gegeben, in deren Folge Bußgelder in Höhe von 186.000 Euro verhängt wurden. Seitdem sind die Aktivitäten nahezu komplett eingeschlafen. Der Kontrolldruck wurde schlichtweg weggespart. Gerade einmal zehn Fälle wurden in diesem Jahr bislang verfolgt, vier mündeten letztlich in Bußgeldverfahren im Gesamtvolumen von 12.200 Euro. Noch katastrophaler die 2014er-Bilanz: sieben Fälle, drei Bußgeldverfahren, 3300 Euro Strafe. Damit kann man in der Schattenwelt der Schwarzarbeit niemanden erschrecken.
„Wir haben im vergangenen Jahr etwa 15 konkrete Hinweise an die Stadt weitergemeldet“, berichten Plohmann und Beinhold. Doch der dort einzige Mitarbeiter habe lediglich signalisiert, sich darum kümmern zu wollen, sobald er Zeit habe.“ Auch seltene, konzertierte Schwerpunktaktionen gemeinsam mit Zoll und Arbeitsamt laufen meist ins Leere: „Dafür sollen wir tagesscharf konkrete Baustellen mit Schwarzarbeitern melden – das können wir natürlich gar nicht leisten“, weiß der Geschäftsführer lediglich grundsätzlich zu berichten, dass in Hagen neben der Friseur- und Kfz-Branche vor allem im Baugewerbe (Fliesenleger, Stuckateure, Trockenbauer) reichlich schwarz gearbeitet werde.
Vorbild Iserlohn
Durchaus neidvoll blickt Kreishandwerksmeister Beinhold in die Nachbarstadt Iserlohn, in der seit über zwei Jahrzehnten besonders rabiat mit einem sechsköpfigen Team gegen die Auswüchse der Schattenwirtschaft vorgegangen wird. Bei etwa 900 Verfahren seit 1993 wurden dort mehr als sechs Millionen Euro an Bußgeldern verhängt. Durch den permanenten Flächendruck der Schwarzarbeitsbekämpfer seien, so rechnen die Waldstädter hoch, der Wirtschaft Aufträge in zweistelliger Millionenhöhe erhalten geblieben.
Vor dem Hintergrund dieser Erfolgszahlen sind die Hagener Handwerksbetriebe durchaus bereit, die politische Initiative des Rates konstruktiv zu unterstützen. So stellen Plohmann und Beinhold in Aussicht, dass die Kfz-Innung Dienstfahrzeuge für Schwarzarbeitskontrolleure bereitstellen und die anderen Gewerke die anfallen Spritkosten subventionieren könnten. „Wir würden uns mit Hilfe der Innungsbetriebe im Rahmen unserer Möglichkeiten gerne bei dieser Offensive einbringen“, betont Plohmann, „allerdings fehlt uns noch ein wenig der Glaube.“