Hagen. . Das Deutsche Rote Kreuz in Hagen (DRK), das die Betreuung der Flüchtlinge in den Notunterkünften der Stadt organisiert, sendet eine Botschaft in die Hagener Bürgergesellschaft: „Auch wenn die Prognosen sagen, dass es noch mehr Flüchtlinge sein werden, die nach Hagen kommen. Wir können und wir müssen das schaffen.“
Jürgen Hecht drückt die Handkanten auf den Tisch und wiederholt einen Satz, den er schon öfter im Gespräch hat fallen lassen: „Wenn wir das in Deutschland nicht schaffen, wer dann?“ Der Vorstand des Deutschen Roten Kreuzes in Hagen (DRK), das die Betreuung der Flüchtlinge in den beiden Notunterkünften der Stadt organisiert, sendet in dieser Zeit, in der Kommunen mit der schnellen Unterbringung von Flüchtlingen auch überfordert sind, eine Botschaft in die Hagener Bürgergesellschaft: „Auch wenn die Prognosen sagen, dass es noch mehr Flüchtlinge sein werden, die nach Hagen kommen. Wir können und wir müssen das schaffen.“
Sind die Zähne geputzt? Was passiert mit dem abgelehnten Asylantrag? Welche Medikamente werden benötigt? Welcher Arzt könnte helfen? Und wie kann einem Menschen geholfen werden, dessen Lebensplan sich pulverisiert hat, dessen Träume und Hoffnungen zerstört sind?
Das sind Fragen, die sich das DRK-Betreuungsteam in den beiden Flüchtlings-Notunterkünften der Stadt stellt. In der Regenbogenschule in Hohenlimburg und in der Spielbrinkschule in Haspe. Am vergangenen Mittwoch waren es am Spielbrink 294 Flüchtlinge, in der Regenbogenschule 200 Flüchtlinge. Das DRK und die Feuerwehr führen den Noteinsatz, wobei die Feuerwehr mittelnde Funktion zur Bezirksregierung habe, erklärt Hecht.
Arbeiten am Anschlag
Auch Helfer von den Maltesern und den Johannitern sind ins Team integriert. Als in der Karnevalszeit die Katastrophenschutzeinheiten des DRK in Hagen alarmiert wurden, wurde ein Hilfsapparat in Gang gesetzt, der sämtliche Strukturen des DRK teilweise auf den Kopf stellte. Ehrenamtliche, die auf ihren Arbeitsstellen alles stehen und liegen ließen. Ehrenamtliche, die zu Angestellten wurden. Vorstandssekretärinnen, die plötzlich eine Stabsstelle Flüchtlinge leiten. „Ich bin seit zehn Jahren in diesem Amt“, sagt Vorstand Jürgen Hecht, „noch nie hat das Ehrenamt so gut funktioniert wie jetzt.“
Arbeiten am Anschlag, Kommunikation in den Flüchtlingscamps mit Händen und Füßen, auf Englisch oder in einer Balkan-Sprache, die ein Ehrenamtlicher zu sprechen fähig ist. Jürgen Hecht appelliert nicht nur an die Gesellschaft, daran zu glauben, dass man die Betreuung der hilflosen Flüchtlinge in Hagen stemmen kann, sondern auch dafür, Ängste und Vorurteile abzubauen.
Richtig gute Fachkräfte
„Die meisten Flüchtlinge in den beiden Camps bewegen sich eigentlich nur im unmittelbaren Umfeld der Notunterkünfte. Die täglichen Taschengelder (Anm.: vier Euro für Erwachsene) werden im direkten Umfeld ausgegeben. Es gibt keine Einbrüche, keine Gewalttaten. Die Menschen, die in Haspe und Hohenlimburg ankommen, sind größtenteils hoch anständig und auch sehr gut ausgebildet.“ Die Länder, aus denen die Flüchtlinge stammen, würden nicht nur Menschen, sondern Expertise verlieren. „Da sind richtig gute Fachkräfte dabei.“
Land und Kommunen kommen für Kosten auf
Die Kosten für die Flüchtlinge in den Notunterkünften werden vom Land zu 100 Prozent gezahlt, für die Kosten für die kommunalen Flüchtlinge in Übergangswohnheimen sowie -wohnungen kommt die Stadt auf.
Die Erstattungsquote durch das Land liegt bei ca. 30 Prozent. Bis Jahresende kosten die Flüchtlinge die Stadt rund 5,5 Millionen Euro.
Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs, das war am vergangenen Donnerstag, bezifferte Hecht den Flüchtlingsanteil an der Hagener Bevölkerung mit drei Promille. Drei Flüchtlinge auf 1000 Hagener also. „Man muss bedenken, dass ein erheblicher Prozentsatz ja auch wieder zurückgeht.“ Hecht geht davon aus, dass eine Stadt in der Größe Hagens einen Flüchtlingsanteil von einem Prozent an der Gesamtbevölkerung – also etwa 1800 Personen – verkraften und organisieren kann.
Sozialdezernentin Margarita Kaufmann erklärte am vergangenen Donnerstag in der Ratssitzung , dass bis Jahresende 500 weitere Flüchtlinge an der Volme erwartet werden. Damit würden zum Jahreswechsel, unabhängig von den anhaltenden EU-Zuwandererströmungen aus Südosteuropa, fast 1800 Flüchtlinge in Hagen (in Notunterkünften und angemieteten Wohnungen) leben. Das macht rund ein Prozent an der Hagener Gesamtbevölkerung aus.