Hagen. Mit einer Breitband-Genossenschaft Hagen könnten die Unternehmen im Lennetal schon bald selbst die Voraussetzungen für schnelles Internet in dem großen Gewerbegebiet schaffen.

Statt warten auf die großen Telekommunikationsriesen oder gar den Staat, lieber die Sache selbst in die Hand nehmen: Mit einer Breitband-Genossenschaft Hagen könnten die Unternehmen im Lennetal schon bald selbst die Voraussetzungen für schnelles Internet in dem großen Gewerbegebiet schaffen. Mit diesem konkreten Projekt, das von der Hagen-Agentur als Wirtschaftsförderung und der Märkischen Bank voran getrieben wird, könnte Hagen ganz vorn mit dabei sein in Nordrhein-Westfalen. Und damit auch zum Vorbild werden für andere in Sachen Breitbandversorgung leidgeprüfte Gebiete in NRW.

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Das Problem, über das unsere Zeitung schon seit geraumer Zeit immer wieder berichtet hat, erscheint absurd: Da gibt es ein riesiges Gewerbegebiet mitten in einem Ballungsraum mit 200 Firmen und damit vielen potenziellen Kunden – aber eine zeitgemäße Breitbandversorgung, die heute für viele Unternehmen überlebenswichtig ist und als Standortfaktor gilt, fehlt. Nicht der Staat hat für notwendigen Leitungsnetze sorgen können, weil schnelles Internet nicht als Daseinsfürsorge wie Strom und Wasser gilt. Und auch der Markt hat es nicht regeln können. Die großen Telekommunikationsunternehmen scheuen die Investition, erwarten ganz offensichtlich nicht genug Gewinne.

Im besten Fall gewinnbringend

Nun also die Idee einer Genossenschaft, an der sich die betroffenen Firmen (und auch andere Interessierte) beteiligen können. Michael Ellinghaus, Geschäftsführer der Hagen-Agentur und von OB Erik O. Schulz zum Breitbandkoordinator für Hagen ernannt, umreißt das Modell im Gespräch mit unserer Zeitung: Die Firmen gründen eine Genossenschaft, die zunächst einmal durch die Einlagen einen Kapital-Grundstock erhält. Damit steht der Weg offen für Fördermittel zum Breitband-Ausbau, der für die hoch verschuldete Stadt viel schwieriger wäre, weil sie wohl den geforderten Eigenanteil bei den Programmen nicht aufbringen könnte. Zudem, so Michael Ellinghaus, winkten zinsgünstige Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Ausgestattet mit diesen Finanzmitteln könnte die Genossenschaft dann im Lennetal das notwendige Leitungsnetz aufbauen und anschließend als Betreiber auftreten. Das heißt: Die Genossenschaft lässt die Telekommunikationsanbieter wie Telekom oder Vodafone die Leitung nutzen, um ihr schnelles Internet zum Endkunden bringen zu können. Und kassiert dafür Nutzungsgebühren. Die, so Michael Ellinghaus, könnten am Ende nicht nur die Investitionen refinanzieren, sondern auch Gewinne und damit Ausschüttungen an die Genossen bringen. Im Gegenzug würde jeder Teilhaber nur mit seiner Einlage persönlich haften, das Risiko wäre also gering.

Elllinghaus ist optimistisch, dass das Model Realität wird: „Die Genossenschaften werden auch von NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin mit großem Wohlwollen gesehen.“ In der Tat setzt der SPD-Politiker auf dieses Modell, um das ehrgeizige Ziel tatsächlich erreichen zu können, bis 2018 die Kommunen flächendeckend mit Hochleistungsnetzen und Bandbreiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde im Download versorgt zu haben. Eine Übersicht über solche Initiativen habe man aber noch nicht, so eine Ministeriumssprecherin.

Die meisten Firmen im Lennetal arbeiten mit Bandbreiten, die – übertrieben ausgedrückt – steinzeitlich sind.
Die meisten Firmen im Lennetal arbeiten mit Bandbreiten, die – übertrieben ausgedrückt – steinzeitlich sind. © WP Michael Kleinrensing

Märkische-Bank-Chef Hermann Backhaus, der mit seinem Haus das Modell, in das auch die Südwestfälische Industrie-und Handelskammer (SIHK) eingebunden ist, voran treibt, ist aber überzeugt, dass die Breitband-Genossenschaft ein Erfolgsmodell werden kann: „Im ersten Schritt brauchen wir jetzt die Fördermittel als Anschubfinanzierung.“ Dazu erwarte er bald eine Entscheidung.

Hagen ganz weit vorn in NRW

Ob sich am Ende aber auch genug Genossen, sprich interessierte Firmen, melden werden, ist noch offen. Backhaus ist aber auch hier optimistisch. Beim Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverband in Münster sieht man das Hagener Projekt mit großem Wohlwollen. Von hier kommt auch fachliche Beratung, sieht der Verband in den Breitband-Genossenschaften doch neben Banken, Landwirtschaftshandel oder neuerdings auch Energie-Genossenschaften ein weiteres zusätzliches Standbein.

Hagen sei mit seinen Bemühungen weit vorn, so ein Verbandssprecher im Gespräch mit unserer Zeitung.

Es gebe aber auch weitere Initiativen im Sauerland und in Ostwestfalen. Wo genau, darf er nicht sagen. Noch ist das Ganze geheime Kommandosache.