Hagen. . Bunter und lauter Protest im Rathaus in Hagen: Eltern machten Vertretern von Kommune und Gewerkschaft deutlich, dass sie vom Streik der Erzieherinnen die Nase voll haben.
So ein Oberbürgermeister bekommt viele Geschichten zu hören: Stephanie Schneider zum Beispiel will ihm ihre erzählen. Und die geht so: Jeden Morgen fährt die Mutter aus Dahl um 6.30 Uhr mit dem Auto zu Hause los, um ihre beiden Kinder Nele (5) und Merle (4) zur Oma (75) nach Wetter zu bringen. Dann steigt sie wieder ins Auto, fährt ein zweites Mal quer durch die Stadt zurück in den Süden, diesmal sogar bis Schalksmühle, wo sie arbeitet. Am Mittag, wenn sie ihre Arbeit beendet hat, geht das Spielchen wieder los – in umgekehrter Richtung.
Um es auf den Punkt zu bringen: Stephanie Schneider reicht’s. Sie hat die Nase voll von einem Streik, der auf dem Rücken ihrer Kinder und ihrer Familie ausgetragen wird. Und damit steht sie nicht alleine da. Rund 50 Mütter sind mit ihren Kindern zu einer Art Spielstunde in das Rathaus an der Volme gekommen, um diese Botschaft dem Oberbürgermeister, der Sozialdezernentin Margarita Kaufmann und auch den Vertretern der Gewerkschaft Verdi zu übermitteln. Die sind zwar nicht zugegen, sitzen aber dem Verband der kommunalen Arbeitgeber als Kontrahent bei den Tarifverhandlungen gegenüber.
Verantwortliche haben Verständnis
Immerhin: Oberbürgermeister Schulz und Sozialdezernentin Kaufmann haben Verständnis: „Dass Sie und ihre Kinder seit fast vier Wochen ohne Betreuung dastehen, tut mir sehr leid. An eine so lange Tarifauseinandersetzung kann ich mich nicht erinnern“, so Schulz, „ich habe deutlich an beide Seiten appelliert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, damit die betroffenen Eltern aus dieser Bredouille herauskommen.“
200 Plätze in Notgruppen
Die Stadt Hagen hat die Anzahl der Plätze in Notgruppen aufgrund der steigenden Nachfrage in Absprache mit der Gewerkschaft Verdi von einst 120 auf mittlerweile 200 erhöht.
Eltern, die das Angebot in Anspruch nehmen möchten oder Fragen zur Betreuung ihrer Kinder haben, können sich an den Fachbereich Jugend und Soziales, Uwe Leicht, 2074441, wenden.
Immerhin habe die Stadt in dieser Woche zwei weitere Notgruppen eingerichtet. In drei Einrichtungen (Konkordiastraße in Mitte, Eckesey im Norden und Quambusch im Westen) stehen nun 200 Plätze zur Verfügung. „Damit können wir zwischen elf und zwölf Prozent der Kindergartenkinder betreuen. Damit liegen wir über dem Landesschnitt.“
Notgruppen nicht für alle
Und trotzdem – das wissen und erfahren auch Schulz und Kaufmann – gibt es Eltern und Kinder (insbesondere im Hagener Süden), denen dieses Angebot wenig hilft. Katja Sudar zum Beispiel. Ihr Sohn Jannik besucht den Kindergarten Rummenohl. Jannik leidet am Down-Syndrom und ist Integrativkind. „Ich glaube nicht, dass er in einer fremden Einrichtung zurechtkäme. Im Moment sind Opa und Oma voll eingespannt. Aber sie geraten an ihre Grenzen.“
Dayana Klug muss sich derzeit auf eine Abschlussprüfung vorbereiten. Parallel kümmert sie sich jetzt noch um Ferdinand (3) und Friederike (4). Sie lernt abends. Und weil sie nebenbei im Büro ihre Mannes mitarbeitet, schlägt sie sich auch noch die Nächte um die Ohren. „Ich schlafe, wenn irgendwann alles erledigt ist. Das kann so nicht weitergehen.“
Elternbeiträge sollen zurückgezahlt werden
Hoffnung gibt es immerhin in Sachen Elternbeiträge: In der nächsten Ratssitzung soll nach dem Willen der Verwaltungsspitze die Satzung so geändert werden, dass ab dem zehnten Streiktag Gelder zurückfließen können. Stimmt die Politik zu, gilt diese Regelung auch für den laufenden Streik. Oberbürgermeister Schulz sagt zu, dass die Stadt dann umgehend auf die beitragszahlenden Eltern zukommen werde.
Eine Mutter wird auch das nicht trösten können. Weil der Streik in ihre Probezeit fiel und sie sich während der Arbeitszeit um ihr Kind kümmern musste, platzte ihre Festanstellung.