Hagen. Bombendrohung im Finanzamt Hagen: Ein Spürhund hatte bei der Durchsuchung angeschlagen. Doch am späten Nachmittag gab die Polizei Entwarnung: keine Bombe gefunden.

Die Drohung eines Unbekannten hat in Hagen für große Aufregung gesorgt. Angeblich sollte eine Bombe im Finanzamt platziert worden sein. Erst nach sieben Stunden kam die Entwarnung. Dutzende Einsatzkräfte bei Polizei und Feuerwehr waren gebunden. Im Stadtverkehr gab es erhebliche Staus. Rund 200 Menschen mussten evakuiert werden. Und auch wenn die Wahrscheinlichkeit groß war, dass kein Sprengstoff gefunden werden würde, so herrschte doch über Stunden ein Gefühl der Unsicherheit.

Das alles hat ein bislang unbekannter Mann verursacht, der am Dienstagvormittag gedroht hatte, im Hagener Finanzamt an der Schürmannstraße eine Bombe platziert zu haben. Erst um 16.43 Uhr konnte nach dem Einsatz von drei Sprengstoffspürhunden und Experten des Landeskriminalamtes aus Düsseldorf Entwarnung gegeben werden. Jetzt wird mit Hochdruck nach dem Mann gefahndet, der für diese Aufregung und für die großen Kosten gesorgt hat.

Drohanruf geht bei Polizei ein

Rückblende: Vormittags um 10.14 Uhr geht ein erster Anruf mit unterdrückter Rufnummer auf dem Polizeipräsidium auf der Hoheleye ein. Ein Unbekannter sagt, dass sich eine Bombe im Finanzamt befinde. Fünf Minuten später ruft er noch einmal an und präzisiert, dass es sich um das Finanzamt in der Schürmannstraße handele.

Noch nie ein vergleichbarer Fall beim Finanzamt Hagen

Einen vergleichbaren Fall habe das Finanzamt Hagen, das insgesamt 205 Mitarbeiter zählt, noch nicht erlebt, so die Vize-Geschäftsstellenleiterin Monika Schäfers. Auch andere Drohungen oder Einschüchterungen gebe es höchst selten bei der Hagener Behörde.

Der Rettungsdienst der Feuerwehr, der auch gebunden wurde, hatte gestern ohnehin ein hohes Einsatzaufkommen.

Die Polizei informiert die Leitung des Finanzamtes und eilt selbst in die Innenstadt. Vorsteher Wilhelm Brandt ist im Urlaub, sein Stellvertreter nicht anwesend. Thomas Felka vertritt Brandt in diesen Fällen. Gemeinsam mit Geschäftsstellenleiter Matthias Böcker entscheidet er: Das gesamte Gebäude wird sofort evakuiert. Dafür gibt es in der Behörde Notfallpläne, sogar ein „Räumungsleiter“ ist benannt. Auf einen hausinternen Sirenenalarm verzichten die Verantwortlichen zunächst, es soll keine Hektik entstehen. „Wir haben an alle eine E-Mail verschickt, zudem gab es eine Nachricht auf den Displays der Telefone“, sagt Monika Schäfer, stellvertretende Geschäftsstellenleiterin. „Zudem gab es die direkte Ansprache auf den Fluren.“

Hunde schlagen an Schrank an

Rund 180 Mitarbeiter und 25 Besucher werden am Ende sehr ruhig und geordnet das Finanzamt verlassen haben. „Wir haben einmal im Jahr eine Brandschutzübung, das zahlt sich jetzt aus“, sagt Schäfers. Den Beschäftigten wird gleich gesagt, dass sie sofort nach Hause gehen sollen. „Wir wussten, dass die Durchsuchung der Räume länger dauern würde“, so Schäfers.

Sie wird am Ende Recht behalten. Denn zunächst werden drei Sprengstoffspürhunde aus Bochum und Wuppertal angefordert. Und die schlagen tatsächlich an. Alle drei Hunde wittern in einem Materialschrank, der in einem Raum im zweiten Obergeschoss zum Märkischen Ring hin steht, etwa Verdächtiges. Nun werden Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes aus Düsseldorf angefordert. Bevor die gegen 15.30 Uhr in Hagen eintreffen, sind bereits eine Rettungswagenbesatzung samt Leitender Notärztin Dr. Katrin Hoffmann sowie Löschfahrzeuge der Feuerwehr angerückt.

Bei einer Detonation würden Steine und Splitter fliegen

Der Märkische Ring wird zwischen Rathausstraße und Emilienplatz gesperrt, weil bei einer Detonation Scherben und Steine auf die Straße fliegen könnten. Damit ist eine Hauptverkehrsader der Stadt mitten im Berufsverkehr lahmgelegt. Die umliegenden Häuser werden allerdings nicht evakuiert. Experten halten das laut Polizeisprecher Tino Schäfer nicht für nötig.

Die LKA-Experten aus Düsseldorf rücken ins Hagener Finanzamt ein. Sie nennen sich offiziell USBV-Gruppe, das steht für Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen.
Die LKA-Experten aus Düsseldorf rücken ins Hagener Finanzamt ein. Sie nennen sich offiziell USBV-Gruppe, das steht für Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen. © WP Michael Kleinrensing

In aufwändiger Schutzmontur bewegt sich einer der LKA-Sprengstoffexperten in den Raum mit dem Materialschrank. Letztlich findet er aber nichts Verdächtiges. „Ein Mix aus Ordnern, Druckerpatronen, Klebstoffen und Stiften in dem lange nicht geöffneten Schrank hat wohl dazu geführt, dass die Hunde angeschlagen haben“, so Schäfer.

Michael Koch, Mike Fiebig

Die Chronik des Tages im Hagener Finanzamt 
  • 17.10 Uhr: Ende des Spuks. Auch alle Polizeikräfte sind abgerückt. Die Schürmannstraße ist wieder frei. Mittwoch öffnet das Hagener Finanzamt wieder.
  • 17 Uhr: Die Schürmannstraße ist immer noch gesperrt. Polizeiwagen bleiben in Bereitschaft. Die Rettungswagen der Feuerwehr haben ihren Einsatz beendet.
  • 16.55 Uhr: Die Polizei hat die Straßensperrung zwischen dem Märkischen Ring und der Kreuzung am Emilienplatz aufgehoben. Der Verkehr in Richtung Innenstadt rollt wieder.

  • 16.43 Uhr: Keine Bombe im Finanzamt. Der Kampfmittelräumdienst gibt Entwarnung! Mehr kann die Polizei zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.
  • 16.34 Uhr: Allmählich setzt in Hagen der Berufsverkehr ein. Es droht Chaos. Ab der Kreuzung am Emilienplatz geht's weder rein noch raus aus der Innenstadt.
  • 16.25 Uhr: Noch keine Entwarnung der LKA-Experten. Klar ist nur: Der Materialraum, in dem es nach Sprengstoff gerochen haben soll, ist im Gebäudeflügel zur Emilienstraße.
  • 16 Uhr: Die Spezialisten vom Kampfmittelräumdienst sind im Finanzamt. Jetzt wird es spannend.
  • 15.42 Uhr: Drei Rettungswagen verlassen den Standort vor dem Rathaus. Sie werden in die Schürmannstraße beordert.
  • 15.30 Uhr: Der Kampfmittelräumdienst ist mit einem großen Kastenwagen eingetroffen und nimmt seine Arbeit auf. Gleichzeitig wird der Medienrummel vor dem Finanzamt immer größer. Ein WDR-Team sendet Livebilder aus Hagen.
  • 15.05 Uhr: Eine Armada an Rettungs- und Feuerwehrfahrzeugen steht in einer Seitenstraße vor dem Hagener Rathaus, das sich um die Ecke befindet.
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  • 14.45 Uhr: Der Kampfmittelräumdienst aus Düsseldorf ist auf dem Weg nach Hagen. Vom Märkischen Ring bis zum Emilienplatz werden die Straßen zum Finanzamt noch weiträumiger abgesperrt.
  • 14.15 Uhr: Überraschende Nachricht von Polizeisprecher Tino Schäfer. Ein Spürhund hat vor einem Materialschrank im Finanzamt angeschlagen. Hat er Sprengstoff gewittert? Das ist nicht sicher. "Es kann auch ein Putzmittel sein", sagt Schäfer. Auch auf diesen Geruch schlagen die Polizeihunde an.
  • 13.45 Uhr: Regenschauer in der Schürmannstraße. Die Wachmänner vor dem Finanzamt suchen Schutz unter einem Vorbau. Auch eine Polizistin ist dabei. Der Einsatz geht weiter.
  • 13.15 Uhr: Die Lage bleibt ruhig aber angespannt. Vor dem Eingang zum Finanzamt beraten die Experten der Polizei das weitere Vorgehen. Nach wie vor sind Spürhunde im ganzen Haus auf Spurensuche.

Finanzamt seit Stunden abgeriegelt

  • 12.30 Uhr: Ein Pärchen will wissen, ob es mit seiner Steuererklärung am Dienstag noch in das Finanzamt kommt. Natürlich nicht, antwortet die Polizei. Seit zwei Stunden ist das bedrohte Gebäude nun schon abgeriegelt. Gegenüber im Pressehaus besteht offenbar keine Gefahr. In den Redaktionsräumen und Marketingbüros wird unbeeindruckt weiter an der Medienproduktion gearbeitet.
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  • 12.22 Uhr: In der Schürmannstraße herrscht eine gespenstische Stille. Nur Fußgänger kommen noch durch. Sie müssen den Gehsteig auf der gegenüberliegenden Seite des Finanzamtes benutzen. Dort laufen sie direkt am WP-Pressehaus vorbei. Passanten sind hier auf der sicheren Seite, versichert ein Polizist.
  • 12.15 Uhr: Wieder heulen Martinshörner und blinken Blaulichter. Zwei Löschfahrzeuge der Berufsfeuerwehr Hagen treffen zur Verstärkung vor dem Finanzamt ein. Auch ein Rettungswagen ist jetzt vor Ort, ein Notarzt ebenfalls.
  • 12.01 Uhr: Mittlerweile hat die Polizei ein Dutzend Beamte im Einsatz. Fünf Streifenwagen und ein Motorrad sind vor dem Finanzamt zu sehen. Rotweiße Absperrhütchen werden unterhalb der Schürmannstraße aufgebaut. Am anderen Ende der Straße versperren zwei Polizeiwagen den Weg. An beiden Zufahrten darf kein Verkehrsteilnehmer mehr abbiegen, außer den Einsatzkräften.

Spürhunde suchen nach Sprengstoff

  • 11.40 Uhr: Inzwischen kümmert sich ein Spezialtrupp der Polizei um weitere Sicherheitsmaßnahmen. Spürhunde werden angefordert und springen kurze Zeit später aus einem Kastenwagen. Die Hunde schnüffeln im und vor dem Finanzamt Hagen nach Sprengstoff. Eine Bombe finden sie bei ersten Durchsuchungen nicht.
  • 11.30 Uhr: Fast 200 Menschen sind im Dienst von ihren Schreibtischen nach draußen geflüchtet. Heute haben sie frühzeitig Feierabend. "Fahrt nach Hause", sagt ihr Vorgesetzter. Langsam lässt der erste Schrecken über die Bombendrohung nach.
  • 11.15 Uhr: Frauen und Männer vom Finanzamt verlassen fluchtartig ihre Büros. Aber niemand verfällt in Panik. Autos werden zügig vom Betriebsparkplatz im Hinterhof gefahren. Alle anwesenden Mitarbeiter bringen sich in Sicherheit.
  • 10.50 Uhr: Drei Streifenwagen der Polizei rücken an und sperren die Straße zum Gebäude ab. Die Räumung der Finanzbehörde läuft bereits.
  • 10.45 Uhr: Die Bombendrohung macht schnell die Runde im Finanzamt. Per Hausmail wird das Behördenpersonal über die bedrohliche Lage informiert.
  • 10.20 Uhr: Der zweite Anruf bei der Polizei: Bombe im Finanzamt. Sofort wird die Behörde informiert. Die ersten Einsatzwagen machen sich auf den Weg in die Schürmannstraße.
  • 10.15 Uhr: Das Telefon klingelt bei der Polizei in Hagen. Kein Notfall. Ein unbekannter Anrufer meldet sich mit einer Bombendrohung.

Hartwig Sellmann