Hagen. Die anstehende Kürzungsrunde im Kulturetat um Einsparungen im Volumen von 2,25 Millionen Euro erweist sich bereits nach der ersten Beratungsrunde als ein zähes Geschäft.

Die anstehende Kürzungsrunde im Hagener Kulturetat, die laut Beschluss des Rates ab dem Jahr 2018 Einsparungen im Gesamtvolumen von 2,25 Millionen Euro erbringen soll, erweist sich bereits nach der ersten politischen Beratungsrunde als ein zähes Geschäft voller Widerstände und verzögerungstaktischer Winkelzüge.

„Es ist eine Auflage der Bezirksregierung, dass wir bis zum 30. November in Arnsberg ein vom Rat beschlossenes Konsolidierungskonzept vorlegen müssen“, erinnert Kämmerer Christoph Gerbersmann, dass es keinerlei Spielraum für Diskussionen in der Endlosschleife gebe. Die Kommunalaufsicht habe unmissverständlich signalisiert, dass man angesichts der zeitlichen Vorläufe im Kulturbereich sich auf keinerlei Verschiebungen einlassen werde. Andernfalls sei die Haushaltsgenehmigung 2016 in Gefahr.

Vorschläge eingefordert

Bislang sehen die Fachpolitiker im Kulturausschuss – trotz zweiter Lesung – sich jedoch nicht in der Lage, Details der Einsparungsvorgaben überhaupt anzudiskutieren. In der jüngsten Sitzung wurde lediglich beschlossen, das Thema von der Tagesordnung der Ratssitzung am kommenden Donnerstag wieder abzusetzen. Stattdessen sollen die im Fokus stehenden Ressorts der Verwaltung, also Musikschule, Volkshochschule, Bücherei, Karl-Ernst-Osthaus-Museum, Historisches Centrum, Kulturbüro und Theater, selbst inhaltliche Vorschläge präsentieren, welche Einsparungen noch vorstellbar seien bzw. was ein weiterer zehnprozentiger Einschnitt nach dem Rasenmäherprinzip bedeuten würde.

„Wir brauchen einfach ein Packende für Folgeabschätzungen“, forderte Grünen-Sprecher Jörg Fritzsche diese Basisinformationen für eine fundierte Diskussion ein. „Andernfalls“, so ergänzte sein SPD-Pendant Friedrich-Wilhelm Geiersbach, „würden wir uns in den Fraktionen politisch und betriebswirtschaftlich verheben. Diese Aufgabe können wir nur in die einzelnen Bereiche delegieren, um die Konsequenzen aufgezeigt zu bekommen.“ Damit sei längst noch nicht entschieden, so CDU-Vertreter Peter Asbeck, dass linear tatsächlich überall zehn Prozent gespart würden. Vielmehr habe die Politik den Anspruch, inhaltliche Schwerpunkt zu setzen. Die dazugehörigen Vorschläge mit ihren Effekten würden der Kulturpolitik bis zur Juni-Sitzung vorliegen, sicherte Dezernent Thomas Huyeng zu: „Das wird überall zu entscheidenden Eingriffen in die jeweiligen Einrichtungen führen, egal wo. Die Bürger werden das merken.“

Zuschussbedarf des Theaters steigt

Unterfüttert wird die Kultur-Spardebatte mit Zahlen aus der Kämmerei, wie sich der Zuschussbedarf in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

Während der Fachbereich Bildung (Gesamtvolumen: 4,76 Mio.) zwischen 2010 und 2015 gut 290.000 Euro und der Fachbereich Kultur (Gesamtvolumen: 4,19 Mio.) sogar 505.000 Euro einsparte, wuchs der Zuschussbedarf des Theaters (Gesamtvolumen: 14,99 Mio.) im gleichen Zeitraum um 1,15 Millionen an. Dem stehen Theatereinnahmen von 3,5 Millionen Euro gegenüber.

Ursache hierfür sind in erster Linie steigende Personalkosten, mit denen sich die anderen Fachbereiche angesichts der jüngsten Tarifabschlüsse jedoch ebenfalls auseinandersetzen mussten.

Weltkulturerbe in Gefahr

Vor allem mit Blick auf Theater und Orchester betonten Vertreter aller Fraktionen, mit besonderer Sensibilität die Einsparungen zu gewichten. FDP-Vertreter Klaus Fehske verstieg sich angesichts einer im Raum stehenden erneuten Zuschusskürzung für den Musentempel von knapp 1,5 Millionen Euro zu dem Vergleich, dass dies der Zerstörung von Weltkulturerbe im Stil der IS-Kämpfer gleich komme: „Mit Presslufthämmern Jahrtausende alte Tempelanlagen zu vernichten ist mit der Zerstörung von ideellem Weltkulturerbe wie dem deutschen Orchester- und Theaterwesen durchaus vergleichbar“, unterstreicht er im Gespräch mit dieser Zeitung, diesen drastischen Vergleich ganz bewusst gewählt zu haben. Die Gutachter der Beratungsgesellschaft Actori hätten unmissverständlich deutlich gemacht, dass dies die Strukturen des Theaters massiv verändere und die Schließung von Sparten bedeute.

Debatte ohne Druck

Dem hält Kämmerer Gerbersmann entgegen: „Angesichts der Zuschussverhältnisse führt jeder Prozentpunkt weniger an Einsparung am Theater zu einem Vielfachen an Belastung in den anderen Bereichen. Diese können dann auch ganz schnell existenziell werden.“ Kulturausschussvorsitzender Sven Söhnchen (SPD) stellt derweil klar: „Wir lassen uns terminlich nicht unter Druck setzen, sondern setzen auf eine vernünftige inhaltliche Diskussion.“