Hagen. . Der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern ist in Hagen zur Normalität geworden. An nahezu allen Grundschulen sitzen mittlerweile behinderte Kinder im Klassenraum.

Der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern ist in Hagen zur Normalität geworden. An nahezu allen Grundschulen sitzen mittlerweile behinderte Kinder im Klassenraum, parallel dazu wächst die Anzahl der Sonderpädagogen. Zwei von ihnen, und das ist eine Premiere, haben sogar den Sprung an die Schulspitze geschafft: Henrike Beckenbach wurde zur Leiterin der Grundschule Boloh, Verena Viktor zur Rektorin der Grundschule in Eilpe berufen.

Vor allem Henrike Beckenbach hat die Inklusion in Hagen von Beginn an mitgestaltet. Als sie 1999 nach dem Referendariat an die Grundschule in Delstern kam, war sie eine der ersten Sonderpädagoginnen im gemeinsamen Lernen, wie der inklusive Unterricht auch bezeichnet wird. Damals hätten zwei behinderte Kinder in der Klasse gesessen, erinnert sie sich, nach einigen Jahren, als sich herumgesprochen hatte, dass in Delstern gute Arbeit geleistet wird, seien sogar Förderkinder aus Hohenlimburg an der Schule angemeldet worden. „Schließlich waren es 18 Schüler mit Förderbedarf“, so die 44-jährige Hagenerin, die später zur Koordinatorin für Inklusion in der Stadt Hagen berufen wurde – eine Aufgabe, die sie derzeit zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als Schulleiterin versieht.

Bald wird man auf manche statistischen Daten nicht mehr zugreifen können. Das Inklusionskonzept will es, dass eine Behinderung nicht mehr diagnostisch erfasst wird, die Kinder also ohne den Stempel „Förderbedarf“ eingeschult werden. Alle Kinder im Primarbereich haben einen Rechtsanspruch auf die normale Grundschule; nur wenn die Eltern es ausdrücklich wünschen, wird das Kind zur Förderschule geschickt. „Und die meisten Eltern wollen auch, dass ihr Kind eine Regelschule besucht“, hat Henrike Beckenbach festgestellt. Untersuchungen hätten belegt, dass die nichtbehinderten Kinder im gemeinsamen Unterricht keineswegs zu kurz kommen: „Es ist meine feste Überzeugung, dass von der individuelle Förderung alle Kinder profitieren.“ Ein positiver Effekt sei zudem, dass Regelschüler die Behinderung ihrer Mitschüler nicht mehr als Besonderheit empfinden würden.

Bewegung im Sekundarbereich

Auch in der Sekundarstufe tut sich was. Die acht Schulen, die bislang für die Aufnahme behinderter Schüler vorgesehen waren, können dem steigenden Bedarf nicht mehr gerecht werden. Denn bei Beratungsgesprächen mit Eltern, deren Kinder sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf haben, kam im Dezember heraus, dass in 75 Fällen die Regel- und nicht die Förderschule als Unterrichtsort gewünscht wird. Daraufhin band das Schulamt vier weitere Schulen (Realschulen Halden und Hohenlimburg, Sekundarschulen Altenhagen und Mitte) in die Inklusion ein, jede von ihnen wird nach den Sommerferien fünf bzw. sechs behinderte Kinder aufnehmen.

Verena Viktor von Witten nach Hagen

Henrike Beckenbach wurde von der Bezirksregierung Arnsberg mit Wirkung zum 1. Februar zur Leiterin der Grundschule Boloh berufen. Sie erfüllt derzeit auch noch die Aufgaben der städtischen Koordinatorin für Inklusion und ist damit Ansprechpartnerin für alle Lehrer, die Fragen zum Thema haben.

Verena Viktor leitet die Grundschule in Eilpe seit Mitte November. Zuvor war sie an einer Förderschule in Witten tätig.

Den Großteil der Förderschüler machen lernbehinderte Kinder aus, sie können auch relativ problemlos in den Unterricht an Regelschulen integriert werden. Aber auch Schüler mit Sprachverzögerung sowie emotionalem und sozialem Förderbedarf werden bereits in größerer Zahl an weiterführenden Schulen aufgenommen. Besonders stolz darf die Stadt darauf sein, dass sogar ein sehbehindertes, drei hörgeschädigte und ein Kind mit geistiger Behinderung an einer Regelschule untergebracht werden konnten.