Hagen. . Das Inklusionsschulgesetz des Landes stößt bei CDU und FDP in Hagen auf Kritik. Vor allem fürchen die beiden Parteien, dass eine neue Kostenlawine auf die Stadt zurollen könnte.

Mehr als enttäuscht zeigt sich die Hagener CDU vom Inklusionsschulgesetz der rot-grünen Landesregierung. Gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung ist nach Ansicht des CDU-Kreisvorsitzenden Christoph Purps ein erstrebenswertes Ziel. Allerdings müsse bei der gesetzlichen Umsetzung mit mehr Sensibilität vorgegangen werden. „Dies vermisse ich“, so Purps, „leider beim Gesetz der Landesregierung.“

Mehr Sorgfalt eingefordert

Die Umstrukturierung des komplexen Systems von sonderpädagogischen Einrichtungen und allgemeinen Schulen stelle eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. So verschieden Menschen mit Behinderung seien, so vielfältig seien auch deren Bedürfnisse. Hier dürfe nicht mit der heißen Nadel gestrickt werden, verdeutlichen die Hagener CDU-Schulpolitikerinnen Hanne Fischbach und Ellen Neuhaus. Mehr Zeit und Sorgfalt wäre für alle Beteiligten besser gewesen.

So würden die Kommunen nicht hinreichend finanziell vom Land bei der Umsetzung unterstützt. Vom Anspruch, „Wer bestellt, bezahlt“, sei die rot-grüne Landesregierung noch meilenweit entfernt. Kommunen wie Hagen dürften nicht weiter Gefahr laufen, finanzpolitische Lückenbüßer des Landes zu sein. Darauf hatte im Rat auch schon Kämmerer Christoph Gerbersmann in seiner Haushaltsrede hingewiesen: „Das Land darf keinesfalls den nächsten Konnexitätsverstoß bei der Inklusion behinderter Schüler begehen“, warnte er ausdrücklich und nannte beispielhaft den Fall eines behinderten Hagener Schülers, dessen Betreuung in einer Regelschule pro Schuljahr allein schon einen hohen fünfstelligen Betrag verschlingen.

CDU-Chef Purps richtet seine Kritik auch in Richtung der Düsseldorfer Mandatsträger: „Enttäuscht bin ich von den beiden Hagener SPD-Landtagsabgeordneten. Ohne jedes Zögern werfen sie die Hagener Finanzinteressen über Bord. Mit ihren Stimmen haben sie einem Verfassungsverstoß zugestimmt. Denn Artikel 78 der Landesverfassung und Paragraf 6 des Konnexitätsausführungsgesetzes schreiben vor, dass das Land eine Kostenfolgeabschätzung vornehmen muss. Diese aber hat sich die Landesregierung auf Kosten der Kommunen erst einmal gespart.“

Aber nicht nur bei der Finanzierung ist in den Augen der CDU die Landesregierung auf halbem Wege stecken geblieben. Die Aus- und Fortbildung der Lehrer sei ebenfalls nur unzureichend geregelt. Es fehle an Lehrplänen und auch die Mindestgröße von Förderschulen sei nicht geklärt. Somit hätte das Gesetz in dieser Form nicht im Landtag verabschiedet werden dürfen. Purps: „Es drängt sich der Eindruck auf, dass die grüne Schulministerin Sylvia Löhrmann beim Inklusionsgesetz mehr die grüne Ideologie im Blick hatte als die Interessen der Kinder.“

Ähnliche Töne kommen auch aus den Reihen der Liberalen. Das Inklusionsgesetz gehöre zurück in die Montagehalle. Gründlichkeit und Qualität müssten Vorrang bekommen. „Eine glaubwürdige Finanzierungszusage des Landes besteht nach wie vor nicht. Ob die Kommunen die dringend benötigte umfassende Unterstützung zur qualitativen Ausgestaltung der Inklusion erhalten, stehe unverändert in den Sternen“, kritisiert der sozialpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Ulrich Alda die Landesregierung. Insbesondere für eine Stadt wie Hagen sei das Gesetz ein Griff in leere Kassen, meint der Liberale aus Haspe. Bei der Haushaltslage bedeute es einen weiteren Schritt in Richtung Sparkommissar.

Bedenken auch bei Juristen

Eltern, Kommunen, Pädagogen, Wissenschaftler und Verfassungsjuristen hatten in den vergangenen Wochen erhebliche Kritik am Gesetzentwurf vorgebracht. SPD und Grüne haben inhaltlichen Korrekturen am Gesetz aber bisher abgelehnt. Die FDP kritisiert, dass sich die Kommunen und der Landtag zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes auf keine belastbare Finanzierungszusage stützen können. „Die Landesregierung konnte mit den kommunalen Spitzenverbänden lediglich einen unverbindlichen Formelkompromiss ohne feste Zusagen aushandeln. Die liberalen Abgeordneten werden das Gesetz deshalb ablehnen“, erklärt Alda. Die FDP kritisiert zudem, dass Eltern nicht wählen können zwischen allgemeiner Schule und einer spezialisierten Förderschule. Alda: „Wir wollen verhindern, dass die Förderschulen flächendeckend geschlossen werden und den Eltern auch zukünftig ein erreichbares Förderschulangebot zur Verfügung steht.“