Hagen. . Die Geschäftsführerin des Hagener Jobcenters soll noch in dieser Woche abberufen werden. Grund ist das zerstörte Vertrauensverhältnis zu OB Schulz.

Sie ist als Jobcenter-Geschäftsführerin hauptverantwortlich für die Belange aller Hartz-IV-Empfänger in Hagen. Doch jetzt droht Eva-Maria Kaus-Köster selbst ihre Stelle zu verlieren. Offiziell soll das Vertrauensverhältnis zu Oberbürgermeister Schulz und der Bundesagentur für Arbeit (BA) – beide sind Träger des Jobcenters – zerstört sein.

Im Hintergrund des intransparenten Abberufungsverfahrens sind längst Sondierungsgespräche für die Nachfolge Kaus-Kösters gelaufen, an denen auch Personalfachbereichsleiter ­Stefan Keßen beteiligt war. Seine Lebensgefährtin soll nun Jobcenter-Geschäftsführerin werden.

Obwohl der Vertrag von Kaus-Köster zum Ende des Jahres ausläuft, soll die Leiterin der Behörde vorzeitig abberufen werden. Während BA und Verwaltung bekräftigen, dass erst geklärt werden müsse, wer von den beiden Behörden den neuen Geschäftsführer stelle, ist eine Kandidatin im Hintergrund schon auserkoren.

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Gespräche längst gelaufen

Das zumindest geht aus einer Mail von Dezernentin Margarita Kaufmann hervor, die der Redaktion vorliegt. Darin wendet sich Kaufmann an Mitglieder der Trägerversammlung des Jobcenters (bestehend aus fünf Mitgliedern der Bundesagentur für Arbeit und fünf Abgesandten aus der Politik und Verwaltung) und erklärt, dass die BA und die Stadt übereingekommen seien, Kaus-Köster abzuberufen. Zum anderen habe man sich im Rahmen von Sondierungsgesprächen mit BA-Geschäftsführer Helm und der Verwaltungsspitze darauf geeinigt, die Jobcenter-Geschäftsführung weiter von kommunaler Seite stellen zu wollen.

Die Verwaltung habe in den letzten Wochen geeignete Kandidaten innerhalb der Mitarbeiterschaft angesprochen. Letztlich hätten sich vier Kandidaten im Gespräch mit dem OB, Kaufmanns Fachbereich und Thomas Helm persönlich vorgestellt. Nach den Vorstellungsgesprächen sei man einvernehmlich zu der Entscheidung gelangt, die Stelle konkret mit Christina Borrmann, bislang Datenschutz- und IT-Sicherheitsbeauftragte der Stadt, zu besetzen. Damit hätte Borrmann, Beamtin des höheren Dienstes, plötzlich Verantwortung für rund 300 Mitarbeiter.

Dazu kommt: Ihr Lebensgefährte Stefan Keßen ist als Leiter des Fachbereichs Personal und beratendes Mitglied der Trägerversammlung aktiv am Sondierungsverfahren beteiligt gewesen. Eine Ausschreibung der Stelle hat es nicht gegeben, weil man laut Verwaltungsspitze nicht dazu verpflichtet sei. Sowohl Christina Borrmann als auch Stefan Keßen standen für unsere Zeitung nicht zum Gespräch bereit.

Hohe Anforderungen an Kandidaten seitens der BA

Im Stellenprofil der BA für Neubesetzungen einer solchen Stelle sind Kenntnisse im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende, der Steuerungslogik, der Aufgaben und Strukturen der BA im Rechtskreis des Sozialgesetzbuches II und Know-how in Personalführung, Personalentwicklung und Controlling erforderlich.

Welche Rolle der Paragraf 44 d des Sozialgesetzbuches II spielt, ist noch nicht klar. Dort heißt es in Absatz zwei, dass für die Ausschreibung der zu besetzenden Geschäftsführer-Stelle Paragraf 4 der Bundeslaufbahnverordnung Anwendung findet. Demnach müsste ausgeschrieben werden.

Personalratsvorsitzender Thomas Köhler hält Borrmann angesichts ihrer Ausbildung für fähig, das Jobcenter zu leiten. Wenngleich er sagt: „Führungsverantwortung hat sie bislang nicht.“

Hagens BA-Geschäftsführer Thomas Helm widerspricht dem Inhalt von Kaufmanns E-Mail. Es gäbe kein Einvernehmen darüber, wer den Jobcenter-Geschäftsführer künftig vorschlage und auch keinen konkreten Kandidaten. Bei ihm habe sich auch niemand vorgestellt. In der außerordentlichen Sitzung der Trägerversammlung am morgigen Donnerstag, auf deren Tagesordnung die Abberufung Kaus-Kösters steht, werde zu beraten sein, wer künftig das Vorschlagsrecht erhalte.

Emotionaler Brief an den OB

Das Vertrauensverhältnis zwischen Kaus-Köster, die in dieser Angelegenheit zu keinem Gespräch bereit steht, und den Jobcenter-Trägern soll stark gelitten haben, weil man von Seiten der BA nicht mit den erbrachten Zahlen der Behörde zufrieden sei und deshalb strukturelle Änderungen forciere.

Zum anderen hat sich Kaus-Köster, nicht zuletzt nach der Messer-Attacke auf einen Jobcenter-Mitarbeiter in Rothenburg, sehr um die Sicherheit ihrer Mitarbeiter in der Zentrale gesorgt. In einem emotionalen Brief an OB Schulz hatte sie darum gebeten, die ­immer noch fehlenden Baugenehmigungen für den Umbau der Jobcenter-Zen­trale zu erteilen. Bis heute ist das nicht geschehen.

Mit diesem Brief, so heißt es, habe sich Kaus-Köster beamtenrechtlich falsch verhalten und über die Stränge geschlagen. Ab März soll sie, die eine A14-Stelle innehat, „amtsangemessen“ in der Verwaltung untergebracht werden. Sie geht Ende 2016 in die passive Phase ihrer Altersteilzeit.

Lob für die Zusammenarbeit

Aus der Belegschaft sind keinerlei Zweifel an der Integrität Kaus-Kösters zu vernehmen. Personalratsvorsitzende Karin Müller-Sieg lobt die Zusammenarbeit. „Und uns ist es auch wichtig zu erfahren, wann die Baugenehmigungen endlich vorliegen“.