Hagen. . Seit Jahren wird diskutiert, ob das Böhfeld am Rande der A1 als letzte große Gewerbefläche in Hagen entwickelt werden soll. Doch die Kosten dafür sind immens.

Landwirtschaftliche Nutzfläche oder eines der letzten zusammenhängenden Gewerbegebiete der Stadt? Die künftige Nutzung des Böhfeldes zwischen der Autobahn-Abfahrt Hagen-Nord und dem Hengsteysee ist seit Jahren in der Diskussion. Inzwischen zeichnet sich ab, dass eine angedachte Umwandlung des attraktiv gelegenen Areals zu einem extrem kostspieligen Zuschussgeschäft für die Kommune werden könnte, das sich die klamme Stadt Hagen im Rahmen der üblichen Wirtschaftsförderung kaum leisten kann: „Die Schere zwischen Erstellungskosten und möglichen Erlösen könnte so weit auseinander klaffen, dass die Entwicklung realistischerweise nicht möglich ist“, heißt es jetzt in einer ersten Einschätzung von Planungs- und Umweltverwaltung.

Als räumliche Verlängerung des Industriegebietes Lennetal mit direkter Nähe zur A1 schwirrt die Fläche schon seit Jahren als potenzielles Gewerbeareal durch die Köpfe der Hagener Politik, aber vor allem auch der SIHK. Kammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Peter Rapp-Frick formulierte bereits im vergangenen Jahr: „Die Hagener Wirtschaft braucht dringend eine Perspektive in dieser Stadt, dazu zählen auch Gewerbe- und Industrieflächen für den Erweiterungsbedarf und damit die Zukunftssicherung der Unternehmen am Standort Hagen. Der Bereich Böhfeld ist die einzige Potenzialfläche für gewerblich-industrielle Entwicklungen in Hagen in dieser Größenordnung, in dieser Lage und mit direkter Autobahnanbindung, mit günstigen topographischen Voraussetzungen, zudem als Fortsetzung und städtebauliche Erweiterung der bestehenden Gewerbegebiete im Hagener Norden.“

Entsprechende Entwicklungsperspektiven wurden auch anlässlich der Erstellung des neuen Flächennutzungsplanes im Jahr 2009 formuliert. Wohl wissend, dass auf den Flächen ein junger Vollerwerbslandwirt agiert, der vor gut einem Jahr sogar noch Bauvoranfragen für einen deutlich größeren Rinderstall, eine Maschinenhalle sowie einen Gülle-Hochbehälter gestellt hat. „An dieser Planung halte ich auch fest“, drängt Christoph Külpmann (28) inzwischen mit Nachdruck auf eine Entscheidung, um seine ökonomischen Perspektiven realistisch ausloten zu können.

Verlagerung nur gegen angemessene Entschädigung

Hengstey-Landwirt Christoph Külpmann (28) hat der Stadt grundsätzlich signalisiert, dass er bereit wäre, seinen Betrieb zu verlagern. Allerdings müsste ein Ersatzstandort – bevorzugt in Hagen – gefunden und eine angemessene Entschädigung fließen.

Sollte es dazu kommen, sieht die Stadt die Chance, die bestehende Hofstelle sowie das dazugehörige Umfeld als Bauland zu nutzen. Die Erlöse der Vermarktung könnten wiederum dazu dienen, die Verlagerung des Bauern mitzufinanzieren.

Hof-Verlagerung wird geprüft

Jetzt soll ein Gutachter helfen zu klären, wie die Zukunft des Bauern aussehen könnte. Zum einen wird geprüft, ob der Hof verlagert werden kann. Hier haben sich innerhalb der Hagener Stadtgrenzen bislang keine Ausweichflächen aufgetan. Alternativ könnte der Bauer auch mit einer Abfindung entschädigt werden. Allerdings müsste dafür ein erheblicher Betrag fließen, weil der junge Selbstständige den Betrieb noch etwa vier Jahrzehnte führen würde. „Ich suche dabei nicht den Konflikt mit der Stadt“, setzt Külpmann auf eine einvernehmliche Lösung. Am Ende wird der Fall für ihn zu einer mathematischen Übung.

Darüber hinaus zeichnen sich weitere schwierige Rahmenbedingungen ab, die die Nutzung des ursprünglich 27,7 Hektar großen Gewerbegebiets erheblich einschränken. Allen voran ein 40 Meter breiter Abstand entlang der Autobahn, der ausnahmslos einzuhalten ist. Für weitere Restriktionen sorgen die Mindestdistanzen, die zu den westlich verlaufenden Hochspannungsleitungen sowie zu der Wingas-Trasse (Erdgas) und Fernmeldekabeln verlaufen.

Weitere Probleme, so die Einschätzung der Verwaltung, ergeben sich durch die Höhenunterschiede. Das Gefälle von der Dortmunder Straße in Richtung Seeufer beträgt immerhin mehr als 15 Meter. Hier müssten die Flächen durch Bodenabfuhr und Aufschüttungen erheblich modelliert werden. Kosten: unklar.

Für spezielle Herausforderungen sorgt auch der Boden des Böhfeldes. Der äußerst fruchtbare, aufnahmefähige Untergrund ist im Bodenatlas der Stadt Hagen ausdrücklich als Schutzvorrangsgebiet ausgewiesen (19 Hektar) und müsste bei einer Umwandlung in ein Gewerbegebiet gesichert werden bzw. müssten Ausgleichszahlungen geleistet werden. Kosten: unklar. Weitere 5,6 Hektar sind mit Klärschlamm belastet und müssten bei einer außerlandwirtschaftlichen Nutzung saniert oder entsorgt werden. Kosten: unklar. Darüber hinaus sorgen der Landschaftsplan durch verschiedene Bepflanzungsauflagen sowie eine angrenzende Wasserschutzzone und das Naturschutzgebiet Uhlenbruch für Entwicklungsrestriktionen.

Verkehrsgutachten folgt

Offen bleibt auch noch, ob die Dortmunder Straße, die bislang 8850 Pkw und 2150 Lkw aufnehmen kann, sowie die Wandhofener Straße die zusätzlichen Verkehre überhaupt noch aufnehmen kann. Zumal auch das Cargobeamer-Thema nicht ausdiskutiert ist. Entsprechende Verkehrsgutachten stehen aus. Kosten: unklar. Gleiches gilt für die innere Erschließung des potenziellen Gewerbeareals hinsichtlich Kanal- und Straßenbau. Investitionen, die sich im Rahmen der Wirtschaftsförderung üblicherweise die Stadt ans Bein bindet.

Keine zusätzlichen Kosten drohen derweil für die Entwässerung des Geländes. Ein Regenklärbecken mit Einleitung in den Hengsteysee ist vorhanden. Das Schmutzwasser kann an die Kanalisation Kabeler Straße angeschlossen werden. Komplizierter gestaltet sich wiederum die Versorgung mit Strom und Gas. Zum einen müsste eine neue Verteilstation errichtet werden (1,2 Millionen Euro), zum anderen bedarf es bei Ansiedlung von produzierendem Gewerbe des Neubaus eines Umspannwerkes unter der vorhandenen 110-KV-Hochspannungsleitung (11,5 Millionen Euro). Alle weiteren, dann konkreten Kostenkalkulationen sollen erst im Mai vorliegen.