Hagen. . Das amerikanische Sänger-Ehepaar Emily Newton und Kenneth Mattice startet am Theater Hagen und an der Oper Dortmund seine internationale Karriere
Sie sind jung, hochbegabt, frisch verheiratet und fühlen sich wie im siebten Himmel: Die beiden Amerikaner sind nach Hagen gezogen, um internationale Karriere zu machen. Emily Newton ist neue Sopranistin an der Dortmunder Oper; Kenneth Mattice neuer Bariton am Theater Hagen. „Das ist ein Glücksfall, dass wir beide gleichzeitig fest arbeiten können. Es ist so schön, dass ich jeden Abend neben meinem Mann einschlafen und trotzdem meinen Beruf ausüben kann“, freut sich Emily. „Von Wautoma auf die Weltbühne“, so feiert das Lokalmagazin „Our Wisconsin“ das Engagement von Kenneth und vergisst nicht zu erwähnen, dass Hagen für viele Bühnenstars zum Sprungbrett geworden ist.
Wandern und Radfahren als Hobbys
„Die meisten Sänger können nicht zusammen leben“, schildert Emily Newton den Alltag amerikanischer Künstlerfamilien. „In den USA wäre das nicht möglich, dann wäre ich in Indiana und du in New York“, ergänzt ihr Mann Kenneth Mattice. Mit Trennungen hat das Paar bereits viele Erfahrungen machen müssen, vor allem, als Emily ihren ersten Deutsch-Intensivkurs absolvierte. Sieben lange Wochen, in denen es nicht erlaubt war, Englisch zu sprechen, auch nicht mit dem Liebsten. Was ein Problem darstellte, denn Kenneth konnte damals nur ein paar Brocken Deutsch. So beschränkten sich die Telefonate schon mal auf ein „Meine Süße, ich liebe dich!“
Emily Newton wollte die Sprache unbedingt lernen, weil sie in der vergangenen Spielzeit in Dortmund die Rolle des Busenwunders Anna Nicole in der gleichnamigen Oper übernommen hatte – ihr Europadebüt, das zum sensationellen Erfolg wurde und in einen Festvertrag mündete. „Das ist für mich ein spannender Teil der Arbeit und Teil des Abenteuers: in einer anderen Sprache etwas zu machen“, unterstreicht die Sopranistin.
Beide kommen aus der amerikanischen Provinz. Mattice von einer Farm in dem 2000-Seelen-Ort Wautoma in Wisconsin und Newton aus der Kleinstadt Lake Jackson in Texas. Durch Familie und Schule sind sie schon früh mit Musik in Kontakt gekommen, haben sich allerdings erst relativ spät für die Sängerlaufbahn entschieden. Emily: „Ich bin praktisch hinter den Theaterkulissen aufgewachsen, denn meine Mutter war eine begeisterte Laiendarstellerin in Musicals. Aber ich war schon an der Uni, als ich zum Singen kam. Erst der Kantor meiner Kirche hat professionelle Gesangsstunden vorgeschlagen.“ Kenneth Mattice hat bereits als Kind auf der Klarinette seines Vaters gespielt, wollte jedoch eigentlich Chemiker oder Musiklehrer werden.
In Hagen und Dortmund nutzen die Sopranistin und der Bariton die Chance, vielseitige Aufgaben zu bewältigen. Emily hat sich gleich mit der Marschallin im „Rosenkavalier“ beim Dortmunder Publikum vorgestellt – sie ist für eine erkrankte Kollegin eingesprungen. Demnächst singt sie die Donna Elvira in Mozarts „Don Giovanni“. Kenneth ist als Valentin im Hagener „Faust“ zu hören und bald als Don Fernando in Beethovens „Fidelio“. „Wir fühlen uns beide wohl in unseren Theatern“, lacht Emily. „Es ist mir wichtig, nicht nur zu singen. Ich will darstellen. Ich interessiere mich für komplizierte Frauen. Das Schöne an einem Festvertrag ist, dass man wirklich eine Beziehung zum Publikum entwickeln kann.“ Kenneth liebt die Rollen seines lyrischen Baritonfachs. „Ich würde gerne einmal die Titelpartie in ,Eugen Onegin’ singen.“
Bei einem Sommerfestival im Staat New York hat sich das Paar kennengelernt und entdeckt, dass man viele gemeinsame Hobbys hat, wandern, schwimmen, Radfahren, klettern. Während Emily mit einem eigenen Pferd im Garten aufgewachsen ist und Barrel Racing, also Tonnenrennen, als Sport betrieben hat, kommt Kenneth von einem kleinen bäuerlichen Familienbetrieb mit 25 Kühen. Welcher Opernstar weiß schon, wie man Heu macht? Ken hingegen ist auf dem Trecker ebenso sattelfest wie auf der Bühne. Mit anpacken gehört zum Alltag, wenn er die Eltern in Wautoma besucht.
Deshalb gefällt es den Eheleuten sehr, dass Hagen an der Schnittstelle zwischen dem urbanen Ruhrgebiet und dem ländlichen Sauerland liegt. Die Rennräder haben sie extra mitgebracht, darauf wollen sie die Region erkunden. Das gehört zum Abenteuer – und auch, dass sie die vielen kulturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu ihrer Heimat entdecken. Kenneth Mattice: „Ich schätze besonders, dass sonntags alles geschlossen ist. Dann ist es draußen vor unserer Wohnung so schön ruhig.“