Wehringhausen. . Hält dieser vor dem Landgericht geschlossene Vergleich? Bis 28. Februar müssen die Bewohner aus dem rosafarbenen Haus ausgezogen sein, dass der Bahnhofshinterfahrung im Weg steht.

Geht die „unendliche Geschichte“ um die Räumung des rosafarbenen Hauses jetzt doch zu Ende? Bis spätestens 28. Februar soll nun der Auszug erfolgt sein, wenn – ja, wenn – es sich die Hausbewohner nicht noch anders überlegen und den gestern geschlossenen Vergleich widerrufen.

Das juristische Gezerre um das leidige Thema dauerte gestern gut zwei Stunden. Denn vor der 4. Zivilkammer des Landgerichts standen gleich zwei Prozesse in dieser Sache an: Zum einen eine Einstweilige Verfügung, zum anderen das Verfahren um die Herausgabe und Räumung „des im Volksmund bekannten rosa Hauses“, schmunzelte Richter Thomas Zimmermann.

Haus steht Bahnhofshinterfahrung im Weg

Die Zeit drängt. Denn die umstrittene Immobilie steht dem nächsten Bauabschnitt der Bahnhofshinterfahrung im wahrsten Sinn des Wortes im Weg. Inzwischen, so wusste Stadt-Anwalt Klaus-Georg Mock zu berichten, läge bereits eine „Behinderungsanzeige der Strabag vor“. Die Baufirma käme an der Weidestraße nicht mehr weiter voran, mache bereits Entschädigungen geltend. Richter Zimmermann brachte es etwas bunter auf den Punkt: „Vor dem Haus stehen die Bagger und scharren mit den Schaufeln.“

Medienauflauf am Landgericht

Das rosafarbene Haus an der Weidestraße hat Hagen inzwischen auch überregional zu einer zweifelhaften Ehre verholfen. Denn gestern herrschte ein regelrechter Medienauflauf am Landgericht.

Nicht nur Fernsehteams sondern auch die Boulevardpresse interessierte sich für den kuriosen Fall.

Seit Januar 2010 sei für die Gewerbehallen und Wohnräume nicht mehr gezahlt worden – die monatliche Kaltmiete liegt bei über 4000 Euro. Allein zwischen Januar 2010 und Juli 2012 wären dadurch nahezu 97 000 Euro an Rückständen aufgelaufen. Im Dezember 2013 wurde die Stadt Eigentümerin des rosafarbenen Hauses. Auch sie will bislang keinen Cent Miete gesehen haben.

„Ausnutzung des Rechtsschutzes“

„Es ist nicht richtig, dass überhaupt keine Miete gezahlt wurde“, wandte der Anwalt der Großfamilie, Claus Armin Kürschner, ein. „Mieten sind anteilig durch das Jobcenter in Hagen bezahlt worden.“ Kürschner auf Nachfrage: „Belege habe ich dafür allerdings nicht.“

Vom neunköpfigen Familienclan, dazu gehören fünf Erwachsene und vier Kinder, war bis auf eine Bewohnerin (33) gestern niemand vor Gericht erschienen. Der Kammervorsitzende bedauerte das: „Es sind doch erhebliche Interessen, die eigentlich alle am Ausgang des Verfahrens haben müssten.“

Man benötige mindestens drei Monate Räumungsfrist, erklärte Anwalt Kürschner. Denn im Haushalt seiner Mandanten lebten schulpflichtige Kinder, so dass ihnen nicht zugemutet werden könne, „Hals über Kopf“ dort auszuziehen.

Der Leiter des städtischen Rechtsamts, Manfred Hoffmann, ärgerte sich über diese Argumentation: „Die Beklagten wissen schon seit Jahren, dass sie räumen müssen. Was hier passiert, ist die missbräuchliche Ausnutzung von eigentlich sinnvollen Rechtsschutzmöglichkeiten.“

4000 Euro pro Erwachsenen

Thomas Zimmermann, ein äußerst souveräner Richter, gab zu bedenken: „Es liegt ein erheblicher Zahlungsverzug vor. Rein rechtlich sind die Aussichten der Beklagten, um im Bild zu bleiben, nicht rosig.“

Am Ende einigten sich die Parteien auf diesen Widerrufsvergleich: Der Familienclan verpflichtet sich, Gebäude und Grundstück bis zum 28. Februar vollständig zu räumen. Alle fünf Erwachsenen erhalten je 4000 Euro, damit sind sämtliche Entschädigungsansprüche abgegolten. Die Stadt verzichtet sogar auf sämtliche Nutzungs- und Mietzinsansprüche sowie auf Nebenkosten der letzten Jahre.

Rechtsdezernent Thomas Huyeng: „Ich hätte am liebsten nichts gezahlt. Aber wir haben heute versucht, für den Steuerzahler eine pragmatische Lösung zu finden.“