Hagen. In Hagen leiden die beiden großen Kirchen besonders unter extremen Mitgliederschwund der vergangenen Jahre. Grund sei der Skandal-Bau in Limburg.
Die beiden großen Kirchen in Hagen haben in den beiden vergangenen Jahren sprunghaft Mitglieder verloren. Aus der katholischen Kirche traten im vergangenen Jahr 383 Menschen aus, das sind 113 bzw. 42 Prozent mehr als 2013, als es 270 Austritte gab. 2012 hatten 181 Katholiken ihre Kirche verlassen.
In der evangelischen Kirche ist die Entwicklung ähnlich negativ. 2012 gab es 212 Austritte, 2013 stieg die Zahl auf 345 an, um im vergangenen Jahr noch einmal auf 531 hochzuschnellen (der prozentuale Anstieg von 2013 auf 2014 beträgt damit 54 Prozent). „Das trifft mich enorm und macht mich unheimlich traurig“, kommentierte Superintendentin Verena Schmidt die Besorgnis erregende Tendenz.
Menschen differenzieren nicht
Dass sich die Zahl der Austritte in den vergangenen beiden Jahren derart häufte, führen beide Kirchen auf die gleichen Ereignisse zurück. 2013 war es der Bau-Skandal um den katholischen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, der dazu führte, dass sich so viele Gläubige von den Kirchen abwendeten: „Diese Affäre haben wir zu spüren bekommen, obwohl sie mit unserer Kirche nichts zu tun hatte“, so Verena Schmidt. Die Menschen würden in solchen Fällen nicht zwischen katholischer und evangelischer Kirche differenzieren.
Im vergangenen Jahr sorgte dann die Diskussion über das neue Verfahren zur Erhebung von Kirchensteuern auf Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden für eine Austrittswelle. Die meisten Austritte seien während der Sommermonate, als die Debatte ihren Höhepunkt erreichte, erfolgt, erinnert sich Dr. Norbert Bathen, Pfarrer der St.-Marien-Gemeinde und Dechant der katholischen Kirche in Hagen: „Glaubenszweifel sind nur selten der Grund für einen Austritt aus der Kirche.“
Werte nicht beliebig anpassbar
Da die Ursachen für die beiden Austrittswellen 2013 und 2014 auf der Hand zu liegen scheinen, haben sie nicht zu einer neuerlichen Diskussion um eine Modernisierung oder Neuausrichtung der Kirchen geführt. Bathen hält ohnehin nichts davon, die Kirche mit allen Mitteln attraktiver zu machen: „Die inneren Werte kann man nicht beliebig anpassen, dann wäre der Glauben ja von Menschen gemacht und nichts mehr wert.“ Was die Kirchensteuer angehe, müssten sich die Gläubigen bewusst sein, dass sie damit einen notwendigen Beitrag zum Unterhalt ihrer Kirche leisten würden.
Immer weniger Kirchenmitglieder
Noch sind katholische und evangelische Christen in Hagen in der Mehrzahl. Es gibt 53. 876 Katholiken und 52. 142 Protestanten. Insgesamt zählt Hagen derzeit knapp 188. 000 Einwohner.
1994 gehörten zur katholischen Kirche noch 71 .995 Gläubige, die evangelische Kirche zählte im Jahr 2000 66 .475 Mitglieder.
Die starke Abnahme der deutschen Wohnbevölkerung wird teils durch Zuwanderung kompensiert. Hauptgrund für die Abnahme der Kirchenmitglieder sind Sterbefälle.
Auch die evangelische Kirche sei keineswegs ein sinkendes Schiff, so Superintendentin Schmidt: „Wir haben ausgesprochen lebendige Gemeinden.“ Die christlichen Inhalte vermittelten im Grunde eine überzeugende Lebensbotschaft, auch wenn das Selbstverständnis, Angehöriger einer Kirche zu sein, stark abgenommen habe. Beide Kirchen hoffen darauf, dass die Zahl der Austritte in diesem Jahr nicht eine weitere Steigerung erfährt.