Hagen. . Die „Gelbe Karte“ zeigen nennt die Polizei ihre Strategie, jungen Gewalttätern mit dem Entzug des Führerscheins bzw. mit der Nichtzulassung zur Prüfung zu drohen.
Daniel S. (Name geändert) war auf dem besten Wege, sich sein Leben zu verbauen und eine Karriere als Gewalttäter einzuschlagen. Im August 2013 überfiel der 16-jährige Hagener einen anderen Jugendlichen und raubte ihm das Mobiltelefon. Nur einen Monat später rastete er bei einer Meinungsverschiedenheit vor einer Diskothek aus, schlug seinem Gegenüber auf den Kopf. Und im Oktober wurde er erwischt, als er an mehreren Autos die Seitenspiegel abbrach.
Polizist vor der Tür
Schließlich klingelte ein Polizeibeamter bei Familie S. an der Haustür und warnte den jungen Mann im Beisein der Eltern, er werde im Falle weiterer Gewaltdelikte nicht zur Führerscheinprüfung zugelassen: „Wegen seines Aggressionspotenzials bestanden bei dem jungen Mann erhebliche Zweifel an seiner charakterlichen Eignung als Führerscheinbewerber“, erläutert Heiko Lichtenstein, Leiter des Jugendkommissariats im Hagener Polizeipräsidium.
Die „Gelbe Karte“ zeigen nennt die Polizei ihre Strategie, jungen Gewalttätern mit dem Entzug des Führerscheins bzw. mit der Nichtzulassung zur Prüfung zu drohen. Das Vorgehen, das Führerscheinrecht und Kriminalprävention kombiniert, wurde vor einem Jahr ins Leben gerufen, um die 14 bis 25 Jahre alten Delinquenten auszubremsen und vor dem endgültigen Abrutschen in eine kriminelle Laufbahn zu bewahren. Ausgangspunkt ist die wissenschaftlich belegbare Annahme, dass sich aggressives Verhalten nicht auf bestimmte Bereiche begrenzt, sondern zumeist in allen Lebenslagen, also auch im Straßenverkehr, durchbricht. „Wer sich ohne Fahrzeug nicht anständig benehmen kann, der kann es mit Auto erst recht nicht“, formuliert es Polizeipräsident Frank Richter.
Positive Bilanz
Gemeinsam mit Oberbürgermeister Erik O. Schulz zog Richter gestern eine erste, positive Bilanz der Aktion Gelbe Karte. Im vergangenen Jahr verwarnte die Polizei 50 junge Leute, fast immer in Anwesenheit von deren Eltern. Die Reaktionen seien unterschiedlich, so Lichtenstein. Manchmal ernteten die Beamten Gleichgültigkeit, oft jedoch gerieten vor allem die überraschten Eltern, die alles andere als einen Polizisten vor der Haustür erwartet hatten, in helle Aufregung und knöpften sich ihre Kinder vor. Gerade von solchen Begegnungen verspricht sich die Polizei einen nachhaltigen Effekt.
Mindestens drei Fälle
Grundlage für die „Gelbe Karte“ an junge Gewalttäter ist Gewalt gegen Personen, Tiere oder Sachen in mindestens drei Fällen.
Im Wiederholungsfall können die Täter den Führerschein wegen charakterlicher Ungeeignetheit verlieren oder sie bekommen erst gar keinen.
Doch manchmal helfen alle Warnungen und gut gemeinten Ratschläge nicht. 23 Gewalttätern zeigte die Polizei im vergangenen Jahr die Rote Karte, ihre Daten wurden dem städtischen Straßenverkehrsamt übermittelt, welches wiederum eine medizinisch-psychologische Untersuchung (kurz MPU, den im Volksmund berüchtigten Idiotentest) anordnete. Drei Täter verweigerten die Untersuchung und verzichteten somit auf ihren Führerschein, fünf fielen durch und mussten die Fahrerlaubnis abgeben, 13 sind noch nicht im Besitz des Führerscheins und müssen, bevor sie ihn erwerben, die MPU bestehen. Nur zwei Autofahrer bestanden den kniffligen Test vor dem Psychologen und durften den Führerschein behalten.
Der richtige Weg
Polizei und Stadt wollen an der gelben (und konsequenterweise auch an der roten) Karte festhalten: „Wir haben den richtigen Weg eingeschlagen, da er den jungen Menschen sehr greifbare Konsequenzen aufzeigt“, so Richter und Schulz unisono. Die jungen Leute haben es letztlich selbst in der Hand. Entweder sie verzichten auf Gewalt. Oder sie müssen auf den Führerschein verzichten.
Im Falle von Daniel S. hat die Gelbe Karte Wirkung gezeigt. Sein Name ist, seitdem der Polizeibeamte an der Haustür klingelte, nie wieder in den Polizeiakten aufgetaucht.