Hagen. . Hagener Energieversorger weist Schuldzuweisung des Wirtschaftsministers zurück. Vorstand Erik Höhne: „In unserem Netz gibt es keinen Engpass.“

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat Enervie vorgeworfen, nichts für eine stärkere Anbindung ans Versorgungsnetz von Amprion getan zu haben. Der Energieversorger wehrt sich. Im Gespräch: Vorstandssprecher Ivo Grünhagen und der technische Vorstand, Erik Höhne.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat immer von Envie gesprochen. Hat Sie das gestört?

Ivo Grünhagen: Nein. Man könnte es so deuten, dass sich der Minister offensichtlich nicht intensiv mit dem Thema beschäftigt hat.

Wie ist die Schuldzuweisung des Ministers angekommen?

Grünhagen: Wir waren schockiert. Das war nicht zu erwarten. Bei der Lösung der Probleme hilft das Schwarze-Peter-Spiel doch nicht. Wir wollen eine faire, rechtssichere und sozialverträgliche Stromversorgung auf den Weg bringen.

Der Vorwurf lautet, Enervie sei den Aufforderungen von Amprion nicht gefolgt, für eine ausreichende Anbindung an das Versorgungsnetz zu sorgen. Richtig?

Erik Höhne: Es hat diese Aufforderung nicht gegeben. Richtig ist, dass wir bereits seit 2002 in Gesprächen mit dem Übertragungsnetzbetreiber, damals noch RWE, zur Erhöhung der Kupplungskapazität standen.

Grünhagen: Auch die Bundesnetzagentur hat einen solchen Vorwurf nie erhoben.

Enervie hat seine Hausaufgaben also gemacht?

Grünhagen: Ja. Wir haben unser Netz so weit ausgebaut, dass eine Ankopplung kein Problem ist. Amprion hingegen kann eine leistungsfähige Ankopplung nicht zuverlässig darstellen.

Höhne: Wir haben zur Beseitigung der Engpässe in unserem Netz ca. 30 Millionen Euro investiert. Wir können an der Kuppelstelle 1000 MW übernehmen und verteilen.

Fühlt sich Enervie ungerecht behandelt?

Grünhagen: Ja. Der Engpass liegt definitiv nicht bei uns.

Höhne: Es war vielmehr umgekehrt: Wir haben bereits vor rund zehn Jahren den Übertragungsnetzbetreiber mit einer Untersuchung zur Erhöhung der Koppel-Kapazität beauftragt.

Mit welchem Ergebnis?

Höhne: Die Studie hat damals ergeben, dass dies mit einer Investition von 64 Millionen Euro zu schaffen sei. Ein viel zu teure Lösung. Damals war die Unwirtschaftlichkeit der Kraftwerke infolge der Energiewende nicht vorhersehbar.

Wie es heißt, hat Enervie bereits 2011 verpflichtend eine Leistungserhöhung bei Amprion bestellt. Warum ist nichts passiert?

Grünhagen: Zunächst einmal ist das richtig – wir haben Anfang 2011 verbindlich die Leistungserhöhung beauftragt. Fakt ist, unser Netz ist ausgebaut.

Wie bewerten Sie den Brief der Stadtwerke und der Märkischen Arbeitgeber an den Minister, der eine Streckung der hohen Stromkosten auf 20 Jahre vorsieht?

Grünhagen: Grundsätzlich begrüßen wir, dass man sich in der Region Gedanken um eine Lösung des Problems macht. Es ist jedoch wenig hilfreich, wenn die Region mehrere Varianten vorlegt. Mit uns war das Schreiben nicht abgestimmt. Die Mehrkosten blieben in der Region, nur auf 20 Jahre verteilt.

Welche Erwartungen haben Sie an das Treffen mit dem Minister am 18. Dezember in Berlin?

Grünhagen: Im Höchstspannungsbereich haben wir die teuersten Netzentgelte von NRW. Deshalb hoffe ich, dass die Tür noch nicht zugeschlagen ist und Minister Gabriel ergebnisoffen diskutiert.

Das heißt?

Grünhagen: Die explodierenden Netzentgelte sollten über den Übertragungsnetzbetreiber abgewickelt werden. Das wäre der wirtschaftlich sinnvollste und auch juristisch begründbare Weg.