Fröndenberg. Brigitte Kern schließt ihr Geschäft im Januar. Die leidenschaftliche Buchhändlerin führte Laden und Stadtbücherei gemeinsam an einem Ort.
Nur noch bis zum 10. Januar ist das „Bücherparadies“ von Brigitte Kern am Marktplatz geöffnet. Im Moment läuft der Ausverkauf. Ein Rückblick auf 19 Jahre in ihrem Buchladen und die Zukunftspläne von Besitzerin und Bücherenthusiastin Brigitte Kern.
Viele Regale sind schon leer. Kunden kommen, wie auch schon vor den Weihnachtstagen, im Moment sehr zahlreich. Es sind viele, langjährige Stammkunden – die Gespräche mit Brigitte Kern sind sehr vertraut – aber auch ganz neue Gesichter, die erst jetzt zum Ausverkauf mit der Aussicht auf Schnäppchen erstmals den Weg ins „Bücherparadies“ am Marktplatz finden.
Kunden bedauern Aufgabe
Viele bedauern die Geschäftsaufgabe der leidenschaftlichen Buchhändlerin und fragen zur Sicherheit nochmal nach, wann genau der letzte Öffnungstag ist, um rechtzeitig vorher noch einmal zu stöbern. Die Antwort: Freitag 10. Januar. Sollte dann aber noch viel in den Regalen stehen, könnte der Ausverkauf theoretisch auch noch um ein paar Tage verlängert werden. „Wir haben eigentlich für jeden Geschmack noch ein paar Schnäppchen da“, sagt Ehemann Bernd Kern mit Blick auf den Restbestand in den verschiedenen Genres. Auch an Literatur für Jugendliche ist noch einiges da.
Manche der nicht verkauften Bücher können die Kerns an die Verlage zurückgeben. Bei den Werken für die ganz Kleinen möchte man nach Schließung des Bücherparadieses etwas Gutes tun und Bilder- und Vorlesebücher sowie Werke für Grundschulkinder an örtliche Kindergärten und Schulen spenden.
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2001 eröffnete Brigitte Kern ihren ersten Buchladen in der Alleestraße. Zuvor war sie Hausfrau. „Und ich habe sehr gerne gelesen.“ Unterstützung kam damals wie heute von ihrem Ehemann Bernd, der als Außendienstmitarbeiter eines großen Verlages ebenfalls sein Berufsleben mit Büchern verbrachte. „Der Bürgermeister hat mich dazu verführt“, erinnert sich Brigitte Kern grinsend an den Austausch mit dem damaligen Fröndenberger Bürgermeister Egon Krause im Jahr 2003 zurück. Und meint das natürlich rein beruflich.
Denn Krause war es, der Kern von der Idee überzeugte, ihren Buchladen mit der öffentlichen Bücherei der Stadt Fröndenberg an einem Ort zusammen zu führen. Und zwar in dem Ladenlokal am Marktplatz, wo es vorher auch lange einen anderen Buchladen gegeben hatte. Kern war damit Pionierin. Bis heute ist der Betrieb einer öffentlichen Bücherei durch Privatpersonen die große Ausnahme. Nur in Finnentrop konnte man damals bei einem ähnlichen Modell Anregungen einholen.
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Und so gab es bis jetzt beides unter einem Dach am Marktplatz. Letztlich eine Win-win-Situation für beide Seiten, sagt Bernd Kern. Die Stadt sparte immense Kosten, nachdem sie die öffentliche Bücherei im Stift nicht mehr betrieb. „Aber ohne die Stadtbücherei wären wir auch niemals in dieses größere Gebäude gegangen“, sagt Bernd Kern über den Umzug von der Alleestraße. Ab dem 10. Januar, wenn die 64 Jahre alte Brigitte Kern zum letzten Mal das Bücherparadies aufschließt, ist Fröndenberg dann ohne Buchladen. Die Stadtbücherei soll bekanntlich im Laufe des Jahres 2020 im ehemaligen Aldi-Gebäude an der anderen Seite des Marktplatzes entstehen. Bernd Kern ist aber optimistisch, was einen Buchladen in Fröndenberg betrifft. „In passenden Räumen mit einer Größe von vielleicht 70, 80 Quadratmetern kann das gut funktionieren.“
Rennradmuseum zieht ein
Für die etwa 250 Quadratmeter des (bald ehemaligen) Bücherparadieses, die auch dem Ehepaar Kern gehören, gibt es andere Pläne. Hier soll im kommenden Jahr das Rennradmuseum einziehen (wir berichteten). Bernd Kern engagiert sich als Vorsitzender des Fördervereins. Der 71-Jährige ist also ganz klar im Unruhestand. Dabei hätte seine Gattin auch nichts dagegen gehabt, nach Geschäftsschließung erstmal einen längeren Urlaub anzutreten. Wobei die 64-Jährige, das betont sie ausdrücklich, mittlerweile aus Gründen des Klimaschutzes nicht mehr fliegt oder auf Kreuzfahrtschiffe geht. Überhaupt merkt man im Gespräch, wie sehr ihr Umweltschutz und Nachhaltigkeit am Herzen liegen.
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Kritischer Konsum ist noch so ein Thema: Vor Ort einzukaufen statt bei den Internetversandhändlern mit Preisdruck und fragwürdigen Beschäftigungsverhältnissen. Im kleinen Laden vor Ort sein Geld auszugeben, das sicherte natürlich einerseits Kerns Existenzgrundlagen. Aber sie handelt auch selber so aus Überzeugung, wie sie versichert. Und dann blickt sie auf ein Buch rund ums Gärtnern in einem Regal. „Das möchte ich lieber nicht verkaufen“, grint sie. Denn es könnte ihr vielleicht viele Anregungen und Tipps liefern, wenn sie sich in Zukunft verstärkt ihrem Garten widmen kann.
Den Jakobsweg möchte sie auch gerne noch gehen. Und natürlich wird sie weiter viele Bücher verschlingen: ob Krimis, Liebes- und Familiengeschichten, historischer Stoff. Eigentlich mag sie alles. Ausnahme: Science Fiction und Fantasy. Auch Harry Potter hat sie nie gelesen. Für ihre Kunden aber war sie immer eine kompetente und leidenschaftliche Beraterin in allen Genres. „Meine Kunden mag ich sehr gerne. Ich hatte ganz besondere Kunden.“
Die Fakten:
Mindestens bis Freitag 10. Januar ist das Bücherparadies am Markt noch geöffnet, montags bis freitags (natürlich nicht an Neujahr) von 9 bis 18 Uhr, samstags von 9 bis 14 Uhr. Bei einer Geschäftsaufgabe dürfen Buchläden von der Buchpreisbindung nach unten abweichen und den Lesestoff für kleines Geld anbieten, so wie jetzt bei Kern.
Mit Bettina Sattelberger zusammen ist Brigitte Kern auch Ideengeberin und Antreiberin der Blumenkunsttage, die einmal im Jahr die Fröndenberger Innenstadt erblühen lassen.