Ennepetal. Die Stadt Ennepetal will den Neubau einer Siedlung am Ortsrand von Voerde ermöglichen. Doch Anwohner sehen bei den Plänen gravierende Probleme.
Eigentlich sollte es eine Formalität im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung in Ennepetal sein. Die Politik hatte über die Grundlagen zu entscheiden, auf Basis derer die Stadt die weiteren Pläne für ein Neubaugebiet erarbeiten sollte. Dabei ging es aber um den Bereich zwischen Vilvoorder Straße und Störringen. Das Vorhaben dort war schon in der Vergangenheit nicht ausschließlich auf Gegenliebe gestoßen.
Und Kritik gab es auch in dieser Sitzung wieder. So sprach Störringen-Anwohner Klaus Baumann - auch in seiner Funktion als Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Meininghausen - von der Zerstörung eines wichtigen Lebensraumes für Tiere. Eine Anwohnerin aus dem Bereich Jellinghausen äußerte Bedenken, dass die geplanten Häuser zu nah am FFH-Schutzgebiet liegen würden. FFH steht für Fauna-Flora-Habitat. Die Frau sorgt sich laut eigener Aussage auch um Müll und zu viele Spaziergänger mit Hunden im Wald, sollte das Neubaugebiet realisiert werden.
Nach Vorstellung der Pläne durch das von der Stadt beauftragte Planungsbüro Post, Welters + Partner und anschließender Diskussion entschieden sich die politischen Vertreterinnen und Vertreter im Ausschuss gegen einen Beschluss und einigten sich darauf, sich die Gegebenheiten direkt vor Ort noch einmal anzusehen und die kritischen Fragen besprechen zu wollen.
46 Wohneinheiten geplant
Doch worum geht es genau? Der sogenannte städtebauliche Entwurf, über den die Politik unter anderem entscheiden sollte, sieht auf dem Acker zwischen Vilvoorder Straße und Störringen insgesamt 46 Wohneinheiten vor, 26 davon in mehreren Mehrfamilienhäusern und 20 in Einfamilienhäusern. Für jede Wohneinheit soll es zwei Stellplätze geben, auch eine Tiefgarage ist Teil des Entwurfs.
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Die maximal dreigeschossigen Mehrfamilienhäuser sollen über zwei Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss verfügen und entlang der Vilvoorder Straße enstehen. In Richtung Norden und Gevelsberger Stadtwald ist eine städtebauliche Auflockerung durch die Errichtung von Einfamilien- und Doppelhäusern angedacht. „Ein besonderes städtebauliches Element stellt der Anger im nördlichen Plangebiet dar, der sowohl aus städtebaulich-gestalterischen als auch klimatischen Aspekten das Quartier aufwertet“, erklärt die Stadt Ennepetal zum Entwurf.
Gerade die Thematik der Nachhaltigkeit solle in diesem Quartier durch die Aufstellung des Bebauungsplanes einen hohen Stellenwert erhalten, indem beispielsweise im Rahmen von Festsetzungen klimafreundliches Bauen geregelt oder ein Energiekonzept erarbeitet werde, mit dem die optimale Energienutzung, gerade für die Mehrfamilienhäuser, dargelegt werde.
Jäger lehnen Bebauung ab
„Sind sich Politik und Verwaltung bewusst, dass durch diese massive Bebauung die Zerstörung eines wichtigen Lebensraumes für Wildtiere und für die Vogelwelt stattfindet?“, fragte Anwohner und Jagdgenossenschaftsvorsitzender Klaus Baumann und fuhr fort: „Ist bekannt, dass wir unsere privaten Grundstücksflächen den Spaziergängern und Hundeliebhabern zur Verfügung stellen müssen?“ Auch sprach Baumann Schwierigkeiten bei der Entwässerung an, wenn das Bauvorhaben wie geplant umgesetzt wird. Der geplante Eingriff in die Natur würde sowohl ihn persönlich als auch die Jagdgenossenschaft Meininghausen erstaunen. Die Mitglieder der Jagdgenossenschaft lehnten diese Bebauung einstimmig ab, so Baumann.
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Stadtplaner Ulrich Höhl erklärte, dass der neue Flächennutzungsplan für den Bereich 2014 aufgestellt worden sei und auch da schon einen Siedlungsbereich vorgesehen war. „Daran orientieren wir uns“, so Höhl. Er betonte, dass die Stadt auch den Artenschutz im Blick habe und stellte mögliche Kompensationsmaßnahmen für das Baugebiet in Aussicht. Diese würden im Zuge der Bebauungsplanung festgelegt. Auch gebe es bereits ein Bodengutachten zur Wasserversickerung, so Höhl weiter. Wie groß Retentionsflächen - also Flächen, die überflutet werden können - sein müssten, sei noch zu schauen. „Wir sind noch früh im Verfahren“, machte der Stadtplaner deutlich.
Bezüglich des FFH-Gebietes sagte er, dass bei der Änderung des Flächennutzungsplans auch festgehalten worden sei, dass dieser mit dem FFH-Schutzgebiet verträglich sei. Dabei seien auch Naturschutzverbände mit einbezogen worden.
Wunsch nach Vor-Ort-Termin
Marco Heimhardt, Leiter des städtischen Fachbereichs Planen, Bauen und Umwelt, wies darauf hin, dass die aufgeworfenen Fragen zum Neubaugebiet ohnehin durch die kommenden Fachgutachten im Laufe des Verfahrens aufgegriffen würden. „Darauf können wir bei der weiteren Bearbeitung eingehen“, so Heimhardt.
„Wir sind Freunde von Verdichtung, aber nicht vom Ausbau der Infrastruktur“, sagte Sven Hustadt von der Fraktion Die Linke. „Wir sehen auch die Argumente der Anwohner. Wir schaffen immer mehr Infrastruktur, die wir uns in Zukunft vielleicht gar nicht leisten können.“ Theo Bicking (sachkundiger Bürger für die SPD) fand, dass die Fragen der Anwohner fundiert und kompetent vorgetragen worden seien. Er regte an, sich die Örtlichkeit vor einem Beschluss noch intensiver anzusehen, ein Vorschlag den Anita Schöneberg von der SPD-Fraktion zuvor auch schon gemacht hatte. Außerdem würde Bicking gerne die Abstände zum FFH-Gebiet vor Ort gezeigt bekommen.
„Eine Vor-Ort-Besichtigung finde ich als Vorschlag attraktiv“, stimmte auch Ausschussvorsitzender Niko Schöneberg (SPD) zu. „Mit der Besichtigung sind wir auch durchaus einverstanden“, schloss sich Jürgen Hofmann von der Grünen-Fraktion an. „Diesem Beschlussvorschlag können wir so auf keinen Fall zustimmen.“ Klaus Muck (FDP) erklärte, grundlegend für eine Bebauung zu sein. „Aber mit den Fragen heute macht es Sinn, noch einmal vertrieft einzusteigen“, schränkte er ein. Ähnlich äußerte sich Frank Wittig von der CDU. „Wir stehen dem Baugebiet grundsätzlich positiv gegenüber“, sagte er. Die Abstandsfrage zum FFH-Gebiet müsse aber vorher geklärt werden.
Die nächste Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung ist für den 16. Mai terminiert. Im Zuge dessen könnte der Besichtigungstermin vor Ort stattfinden. Allerdings stehen dann auch die Etatberatungen an, weshalb der Termin noch verschoben werden könnte.