Ennepe-Ruhr-Kreis/Schwelm. Ennepe-Ruhr-Kreis sieht die Sanierung des Kreishauses als nicht finanzierbar an. Wie das veraltete Gebäude trotzdem flott gemacht werden soll.

  • Sanierung des Kreishauses soll rund 140 Mio. Euro kosten
  • Landrat Olaf Schade: „Das ist nicht zu stemmen.“
  • Es soll nur noch das saniert werden, was für Betriebserhalt des Kreishauses notwendig ist
  • Stehen damit demnächst in Schwelm mehrere Gebäude leer, die der Kreis eigentlich mieten wollte?

Das ist mal eine dicke Überraschung: Der Ennepe-Ruhr-Kreis wird sein Hauptquartier in Schwelm nicht wie seit Jahren geplant, für einen dreistelligen Millionenbetrag herrichten. „Die geplante Komplettsanierung des Kreishauses in Schwelm ist derzeit nicht finanzierbar.“ Das teilte Landrat Olaf Schade am Mittwochabend in der Sitzung des Bauausschusses des Ennepe-Ruhr-Kreises mit. Im Ausschuss wurde ein Wirtschaftlichkeitsgutachten mit Varianten für das Sanieren des Kreishauses vorgestellt. Ergebnis: Am vorteilhaftesten und wirtschaftlichsten wäre es, das Gebäude komplett freizuziehen und in einem Zug zu renovieren. Doch laut Olaf Schade gibt es dabei ein entscheidendes „Aber“.

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Denn angesichts der im Gutachten grob geschätzten Investitionskosten von mehr als 140 Millionen Euro sagte Schade: „Eine solche Investition ist bei den aktuellen Rahmenbedingungen – Baupreise, Zinsen, Unterfinanzierung der Kommunen – derzeit schlicht nicht zu stemmen. Da wir die notwendigen Gelder nur über die Kreisumlage und damit mit Mitteln der Städte aufbringen können, widerspricht eine Ausgabe in dieser Höhe dem solidarischen Zusammenwirken des Kreises mit den Städten. Sie würde jede einzelne Kommune über Jahrzehnte zu stark belasten.“

Wie soll es dann weitergehen? Geplant war bisher, dass die Sanierung des Kreishauses Anfang 2027 beginnen sollte, sobald die Kreisleitstelle in das neue Gefahrenabwehrzentrum am Strückerberg eingezogen ist, das derzeit gebaut wird. Für die Kreishaussanierung nennt das Gutachten für die ebenfalls untersuchten Varianten „Verschiebung“ oder „abschnittsweise Grundsanierung“, „Neubau am Standort“ oder „Neubau an einem neuen Standort“ noch höhere Summen zwischen 173 und 188 Millionen Euro – damit scheiden sie aus Kostengründen ebenfalls aus.

Nichts zu machen, sei keine Option

Landrat Olaf Schade bewertete die Erkenntnisse des Gutachtens: „Wie von uns vermutet, wäre es für eine nachhaltige, dauerhafte und zukunftsweisende Lösung die richtige Entscheidung, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Mit Blick auf vermutlich weiter steigende Baupreise wäre es zudem sinnvoll, dies möglichst zeitnah zu machen.“ Wäre da nicht das „Aber“.

Gar nichts zu machen, sei keine Option. „Der Zustand des mehr als 50 Jahre alten Gebäudes stellt uns insbesondere beim Brand- und Arbeitsschutz, sowie mit Blick auf Schadstoffe und notwendige Neuerungen für die fortschreitende Digitalisierung vor erhebliche Herausforderungen. Wir werden daher jetzt nur noch das in den Fokus rücken, was zum Betriebserhalt und für die Funktionsfähigkeit des Kreishauses notwendigerweise gemacht werden muss. Einen entsprechenden Prüfauftrag habe ich erteilt.“

Parallel gelte es zu überlegen, wo es sinnvoll sein könnte, die bereits angelaufenen Prüfungen weiterzuführen, um darauf zurückgreifen zu können, wenn bei geänderten Rahmenbedingungen die eigentlich geplante Grundsanierung in den Bereich des Machbaren rücken könnte. Stichwörter seien hier, wie Kreispressesprecher Ingo Niemann mitteilt, zum Beispiel ein kommunales Investitionsprogramm wie in den 2010er-Jahren, andere Fördermittel, deutlich sinkende Zinsen oder Baukosten. „Für all das gibt es aber derzeit keine Anzeichen“, sagt Niemann und erklärt zum weiteren Vorgehen: „Wir machen jetzt im Zuge des Prüfantrags eine Aufstellung, was an Sanierungen unabweisbar notwendig ist, um das Gebäude weiter nutzen zu können. Das wird den Kreisgremien im zweiten Quartal vorgestellt und geprüft, wie man damit umgeht.“

Der Kreis plante eigentlich, während der Sanierung des Kreishauses übergangsweise Verwaltungsgebäude der Stadt Schwelm anzumieten, unter anderem an der Moltkestraße. Ob die Vermietung noch zustande kommt, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden.
Der Kreis plante eigentlich, während der Sanierung des Kreishauses übergangsweise Verwaltungsgebäude der Stadt Schwelm anzumieten, unter anderem an der Moltkestraße. Ob die Vermietung noch zustande kommt, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden. © Schwelm | Alisa Schumann

Im Zuge der Grundsanierung des Kreishauses plante der Kreis, als Interimslösung Verwaltungsgebäude von der Stadt Schwelm anzumieten, um die Mitarbeitenden dort zeitweise unterzubringen. Durch den Umzug in das neue Schwelmer Rathaus stehen demnächst einige Gebäude der Stadt leer. Wie Ingo Niemann mitteilt, ist die entsprechende Vorlage für die Interimslösung für den Kreisausschuss am Montag und für den Kreistag zurückgezogen worden.

„Die Frage, ob wir noch Übergangslösungen anmieten müssen und werden, hängt davon ab, welchen Weg wir für die Sanierung des Kreishauses insgesamt wählen werden“, sagt Niemann. Zu klären sei, ob es denkbar ist, in Etappen zu sanieren und/oder ob Mitarbeiter in dieser Zeit aus dem Kreishaus rausmüssten oder nicht. „Und wenn ja, wie viele. Dann werden wir das Gespräch mit der Stadt Schwelm suchen müssen, wie schnell sie ihre frei gezogenen Immobilien weiter vermarkten wollen und wie man sich da einigen kann.“ Was Schwelms Bürgermeister Stephan Langhard dazu sagt, dass die Komplettsanierung im bisher diskutierten Umfang vom Tisch ist und die Stadt vermutlich Mietausfälle haben wird, lesen Sie hier.

Andere Bauprojekte vom Kreis nicht betroffen

Andere Bauprojekte des EN-Kreises würden wie geplant weiter vorangetrieben. „Für alle anderen Bauprojekte gibt es politische Beschlüsse und die sind auch schon in der Umsetzung. Bei den Schulen sind wir ja in vielen Bereichen schon auf der Zielgeraden und das Gefahrenabwehrzentrum wird für das vom Kreistag festgelegte Budget von 113,5 Millionen Euro jetzt gebaut“, sagt Kreispressesprecher Ingo Niemann.

Informiert wurden die Ausschussmitglieder am Mittwochabend zudem über die Absicht des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, das Kreishaus als Baudenkmal in die Denkmalliste einzutragen. Ein entsprechendes Anhörungsschreiben der Stadt Schwelm liegt dem Kreis vor. Im Rahmen dieses Verfahrens hat die Kreisverwaltung bis Ende Juni Zeit, Stellung zu nehmen. Darin wiederfinden wird sich in jedem Fall, dass für die Kreisverwaltung ein Denkmalschutz für den Kreistagssitzungssaal und die künstlerischen Gestaltungen akzeptabel ist. Für das in die Jahre gekommene Verwaltungsgebäude komme das nicht infrage. Beim Erstellen der Stellungnahme werde sich die Kreisverwaltung von einem Fachanwalt beraten lassen.

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