Ennepetal. Eigentlich sollte das Haus Ennepetal längst Geschichte sein. Doch nach einer ersten Verschiebung wird das Haus auch 2024 noch nicht abgerissen.

Vom 8. bis 10. September 1978 gab es in Milspe eine große Feier: Das Haus Ennepetal wurde nach dreijähriger Bauzeit eingeweiht. Eigentlich sollte das Bürger- und Veranstaltungszentrum inzwischen längst dem Boden gleich gemacht worden sein. Doch nach einer ersten Verschiebung aus bilanztechnischen Gründen sind nun auch die Pläne, das marode Haus 2024 abzureißen, hinfällig.

„Ich würde keine Wette darauf eingehen, dass das Haus Ennepetal 2030 nicht mehr steht“, sagt auch Ennepetals Erster Beigeordneter Dieter Kaltenbach. „Sicher ist jedenfalls, dass wir uns vom bisherigen Zeitplan verabschieden müssen. 2024 wird nichts passieren und ich sehe den Abriss auch 2025 noch nicht.“ Im Gespräch mit dieser Zeitung benennt er die Hauptgründe, die es so schwierig machen würden, eine konkrete Perspektive für das markante Gebäude mit hohem Sanierungsbedarf aufzuzeigen.

Die Finanzen

„Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen und zu beschließen“, erklärt Kaltenbach. Das bedeute, dass die Stadt vorerst alles, was nicht zu den Pflichtaufgaben gehört, und alle noch nicht in der Umsetzung befindlichen Baumaßnahmen auf Eis legen muss. Davon betroffen wären auch erforderliche Investitionen, um Ersatzgebäude zu errichten oder umzubauen. Wenn sich das Land sich nicht bewege, um den zum großen Teil finanziell kaum noch handlungsfähigen Kommunen in NRW Spielraum zu verschaffen, werde man vieles nicht umsetzten können, so der Erste Beigeordnete, der auf seine eigene Zeit als Kämmerer zurückblickt: „Ich habe früher auch Haushalte auf Sicht aufgestellt, aber immer mit der Hoffnung, dass es mal wieder besser wird.“ Doch aktuell würden steigende Zinsen, die Probleme im Baugewerbe, fehlendes Personal, die Migrationsproblematik, der Ukraine-Krieg und die daraus folgende Energiekrise die Politik und die Verwaltung vor sich hertreiben, so Kaltenbach. Man habe aufgrund externer Einflüsse immer wieder schnell Dinge verändern müssen.

Die Ersatzgebäude

Aktuell befinden sich im Haus Ennepetal vor allem noch das Städtische Familienzentrum und das Mehrgenerationenhaus (MGH) inklusive Jugendzentrum, die VHS sowie das Geopark-Infozentrum mitsamt Tourist-Info. Hinzu kommen die Büros der Klutertwelt-Mitarbeiter und die Veranstaltungsräume mit dem großen Saal.

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Nach langwierigen Verhandlungen und Planungen wird die neue Kita mit MGH auf dem Grundstück hinter dem Aldi-Markt an der Neustraße endlich gebaut. Bei Vertragsabschluss mit dem Investor, von dem die Stadt das Gebäude kaufen wird, war im Idealfall die Fertigstellung für 2021 avisiert worden. Nun soll die Kita spätestens bis zum 1. August 2025, dem Beginn des Kindergartenjahres 2025/2026, betriebsbereit sein. Vorher wäre ein Abriss des Hauses Ennepetal ohnehin nicht möglich.

„Für das Jugendzentrum als solches haben wir noch keine Lösung“, erklärt der Beigeordnete. Es gelte nicht nur, geeignete Räume zu finden, sondern auch mit einer solchen Einrichtung verbundene Lärmemissionen und die fußläufige Erreichbarkeit für einen großen Teil der Nutzer zu berücksichtigen. „Es gibt momentan die eine oder andere spruchreife Idee“, so Kaltenbach. „Es hängt aber auch da nicht zuletzt am Geld.“

Abriss wurde 2017 beschlossen

Nachdem ein von der Stadt beauftragtes Gutachten ergeben hatte, dass eine Sanierung des maroden Hauses Ennepetal nahezu gleich teuer wie ein Neubau wäre, hatte die Gesellschafterversammlung der Kluterthöhle und Freizeit GmbH & Co. KG (inzwischen Klutertwelt) 2017 für den Abriss des Gebäudes gestimmt. 2021 sollten die Bagger anrollen. Mittlerweile ist vom damaligen Zeitplan und den Überlegungen zu Ersatzneubauten nichts mehr übrig.

Inwieweit größere Investitionen erforderlich wären, um das Haus noch einige weitere Jahre betriebsbereit zu halten, sei noch offen, so Klutertwelt-Geschäftsführer Sven Twork. Es habe in der Hinsicht noch keine Bestandsaufnahme gegeben. Bislang würden nur zwingend notwendige Reparaturen vorgenommen.

Erst vor drei Jahren – nach dem Umzug der Stadtbücherei ins Ennepetal City-Center – war die VHS Ennepe-Ruhr-Süd ins Haus Ennepetal eingezogen. Mit dem nach dem Hauptsitz in Gevelsberg größten Standort zeigen sich die Verantwortlichen seitdem sehr zufrieden, nichtsdestotrotz benötigt auch die Bildungseinrichtung eine neue Heimat. „Wir haben mit der VHS schon vor eineinhalb Jahren Gespräche geführt, bezüglich des Raumbedarfs und auch der verkehrlichen Anbindung“, berichtet Dieter Kaltenbach. „Mit einer Idee hat sich der bisherige VHS-Direktor anfreunden können. Das müssen wir mit seiner designierten Nachfolgerin noch besprechen“, meint der Beigeordnete.

Für den Veranstaltungsbereich und die Klutertwelt-Büros hat die Stadt mit einem Gebäude auf dem ehemaligen Hesterberg-Gelände, auf dem das Technische Rathaus mit Betriebshof gebaut wird, immerhin schon Ersatz gefunden. Doch auch hier muss abgewartet werden, inwieweit in einen notwendigen Umbau – aktuell sind 10 Millionen Euro veranschlagt – investiert werden kann.

Nachnutzung der Fläche

Die Brücke zwischen Haus Ennepetal und Kluterthöhlen-Eingang spielt in den Abriss-Überlegungen ebenfalls eine tragende Rolle. Dort soll ein Aufzug angedockt werden, um für Kita-Kinder und deren Eltern einen sicheren Weg über die Neustraße zu schaffen. Damit setze man einen Zwangspunkt, der bei einem späteren Brückenneubau zu berücksichtigen sei, so Kaltenbach, denn natürlich solle der Aufzug nicht eines Tages nutzlos in der Gegend herumstehen.

Bevor das Haus abgerissen wird, so betont der Beigeordnete, müsse auch eine Planung stehen, wie das frei werdende Gelände danach genutzt werden könnte. Die konkreteste Idee, die diskutiert wird, sieht dort die Ansiedlung eines neuen Busbahnhofs vor. Dafür habe man ein Gutachten in Auftrag gegeben, sagt Dieter Kaltenbach. Darin solle parallel geprüft werden, ob am bisherigen Standort unter Hinzunahme weiterer Flächen ein funktionstüchtiger neuer Busbahnhof errichtet werden könnte.

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Angesichts all dieser Variablen und Unbekannten kann Dieter Kaltenbach einen Abriss-Termin für das Haus Ennepetal nicht benennen. Derzeit erscheint es daher kaum noch abwegig, dass im September 2028 in Milspe wieder groß gefeiert werden kann – und zwar der 50. Geburtstag des „gelben Klotzes“.