Ennepetal. Russenhöhle und Russenbunker in Ennepetal werden vom Schutt und Sprengstaub befreit. Die Höhlen werden zum Objekt mehrerer Forschungsprojekte.

Es ist geologisch von überragender Bedeutung, bietet Einblicke in ein einmaliges, 385 Millionen Jahre altes Korallenriff und beinhaltet zudem ein Ensemble von besonderem zeitgeschichtlichen Wert: Das Ennepetaler Kluterthöhlensystem, das 2019 in den Rang eines Nationalen Naturmonuments erhoben wurde. Nun führt der Arbeitskreis Kluterthöhle, der die Ennepetaler Höhlen erforscht, seine Renaturierungsarbeiten in dem System in zwei kleineren Höhlen fort. Die Russenhöhle und der Russenbunker sollen von Schutt und Sprengstaub befreit werden. Die Aktiven hoffen darauf, auch dort in den Gängen Spektakuläres zu Tage zu fördern.

Die beiden Höhlen haben ihren Namen übrigens erhalten, weil sie im Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeitern als Luftschutzraum dienten. Auch dieser historische Aspekt soll in nächster Zeit noch weiter erforscht werden. Nicht zuletzt bleiben – in Absprache mit dem Bodendenkmalamt – die Einbauten, die in Kriegszeiten im Russenbunker vorgenommen wurden, erhalten.

50.000 Euro EU-Fördermittel

Für die neue Forschungsperiode, die am Montag (14. August) offiziell startete, fließen dem Arbeitskreis Kluterthöhle (AKKH) 50.000 Euro an Fördermitteln zu. „Das Geld kommt aus dem ELER-Fonds der Europäischen Union“, erklärt Stefan Voigt, der Vorsitzende des Arbeitskreises Kluterthöhle. Mit seiner Garten- und Landschaftsbaufirma wird Voigt einen Großteil der „Drecksarbeit“ erledigen.

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Die bisher ausgekundschaftete Ganglänge der Russenhöhle beträgt etwa 120 Meter, der Russenbunker umfasst etwa 110 Meter. Die Eingänge zu den beiden Höhlen sind im Klutertberg an der Talbahnlinie, nahe dem Spax-Firmenparkplatz An der Kehr zu finden. „Wir werden den darin lagernden Bau- und Sprengschutt beseitigen und die Wände vom Sprengstaub befreien. Früher hatte man mit Dynamit im Berg gesprengt“, erklärt Voigt.

Der gemauerte Eingangsbereich des Russenbunkers. Hinter der kleinen Öffnung verbergen sich aufrecht begehbare Gänge.
Der gemauerte Eingangsbereich des Russenbunkers. Hinter der kleinen Öffnung verbergen sich aufrecht begehbare Gänge. © WP | Hartmut Breyer

In der Kluterthöhle hatte der AKKH das unter einer schmierigen Schicht verborgene Korallenriff entdeckt und sichtbar gemacht. Dieses gilt laut Voigt als das best erhaltene paläozoische Korallenriff Europas (das Paläozoikum ist das älteste der drei Erdzeitalter, 542 Millionen bis 251 Millionen Jahre vor der Gegenwart). Ähnlich spektakuläre Funde erhoffen sich die Aktiven. Erste Eindrücke sind vielversprechend, lassen sich an einigen Stellen schon viele versteinerte Stromatoporen, Brachiopoden und Korallen erkennen.

Uni Aachen erprobt neues Verfahren

Interessant sind aber auch die Gesteinsschichten, die teilweise Unterschiede zur nur wenige hundert Meter entfernten Kluterthöhle erkennen lassen. So ließen sich Tonhorizonte erkennen, die es so nicht in der Kluterthöhle gebe. Und unter anderem gebe es sogenannte Harnischflächen, an denen das Gestein nicht nur gebrochen, sondern regelrecht aufgefaltet worden sei. Die Tektonik (Lehre vom Aufbau der Erdkruste und ihrer inneren Bewegung) steht daher im Fokus eines weiteren Forschungsprojekts, das sich mit Russenhöhle und -bunker befassen wird. Wissenschaftler der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen arbeiten an einer Studie zur Eiszeit und werden im Bereich der Höhlen versuchen, mit einem neuartigen Verfahren Hohlräume zu orten. „Bisher konnte man durch Felsen keine Hohlräume orten. Für die Geothermie wäre das das Ei des Kolumbus“, meint Stefan Voigt. Für Höhlenforscher für ihn selbst aber auch: „Ich habe viel Zeit meines Lebens damit verbracht, an der falschen Stelle zu suchen“, sagt er schmunzelnd. Dass die Russenhöhle größer als bisher bekannt sei, dafür gebe es einige Indizien.

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Bis Ende September sollen Russenhöhle und Russenbunker von Schutt und Staub befreit sein, danach beginnt die Fledermaus-Schutzzeit. Für die Folgejahre steht dann die Renaturierung der Bismarckhöhle auf dem Programm. Die ist mit 1,3 Kilometern Ganglänge weit größer als die kleinen Nachbarhöhlen und soll in mehreren Abschnitten bearbeitet werden.