Ennepetal. Ein AVU-Kunde aus Ennepetal wartet auf seine Jahresabrechnung samt Rückzahlung und ärgert sich. So erklärt der Energieversorger die Verspätung.

„Ich habe meine Vorauszahlungen für Gas und Strom noch im vergangenen Jahr um ein Vielfaches erhöht“, schreibt Rudolf Pusch aus Ennepetal in einem Brief an die Redaktion. „Außerdem hat die AVU am 5. April aufgrund der erteilten Lastschrift noch einmal einen kräftigen zusätzlichen Abschlag abbuchen lassen.“ Am 24. Mai habe er dem Energieversorger seine Verbrauchsdaten gemeldet.

Während er seine Stromabrechnung daraufhin am 2. Juni bekommen habe, habe er auf die Gas- und Wasserabrechnung warten müssen. „Bisher erhielt ich alle drei Abrechnungen immer zum gleichen Zeitpunkt“, so Pusch. Seine Sparmaßnahmen hätten den Verbrauch um 16 Prozent gesenkt und er erwarte eine nicht unerhebliche Gutschrift.

Der Ennepetaler hakt nach. „Auf meine Nachfrage wurde ich um Geduld gebeten, da wegen der komplizierten Abrechnung weitere Zeit benötigt würde“, erklärt er. Pusch wundert und ärgert sich. Vor ein paar Wochen hat die AVU ihre Geschäftsberichte 2022 für den Konzern und die Aktiengesellschaft vorgelegt. In den Gremien der Städte, die Anteile an der AVU halten, sowie des Ennepe-Ruhr-Kreises machten diese die Runde. „Wie kann es sein, dass die AVU Zeit für den Geschäftsbericht [...] hat und für meine Gasabrechnung nicht aus den Hufen kommt?“, fragt sich Pusch.

Rückstand durch Energiepreisbremse

Er und seine Frau Anneliese sind nach eigenen Angaben langjährige AVU-Kunden. Es gehe ihnen auch nicht um die gestiegenen Energiepreise. „Wir sind bereit, mehr zu zahlen. Es war eine schwierige Zeit“, sagt Rudolf Pusch mit Blick auf die Ukraine-Krise und ihre Folgen auf dem Energiemarkt. Zusätzlich zu den Abschlägen für April und Mai 2023 (Erdgas und Wasser) schickt ihm die AVU für Erdgas aber einen prognostizierten Jahresverbrauch samt Entlastungsbetrag aus der Gaspreisbremse für 2023. Das macht Rudolf Pusch ebenfalls stutzig. „Da haben sie den Gasverbrauch ja schon gerechnet, warum habe ich dann noch keine Abrechnung?“, fragt er.

Die Redaktion fragt ebenfalls bei der AVU nach. „Zuerst einmal: Herr Pusch hat alles richtig gemacht – seine Abschlagszahlungen erhöht, Zählerstände im Online-Portal hochgeladen und seinen Verbrauch gesenkt“, antwortet AVU-Sprecher Jörg Prostka. Seine Rechnung werde am Freitag (14. Juli, Anm.d.Red.) verschickt. „Wir können nur um Entschuldigung bitten, dass er auf seine Jahresrechnung so lange warten musste“, so Prostka.

Das habe mehrere Gründe gehabt. „Erstens hat leider die Übermittlung der Zählerdaten bei Herrn Pusch nicht störungsfrei funktioniert“, beginnt der Sprecher aufzuzählen. „Zweitens gibt es durch die Umsetzung der Energiepreisbremsen einen Rückstand an nicht erstellten Jahresrechnungen.“ Die AVU habe in den Sparten Strom und Gas mehr als 130.000 Verträge mit Privat- und Gewerbekunden. „Mit Blick auf diese Anzahl sind es ,Einzelfälle’“, so Jörg Prostka. „Und doch ist es natürlich für jeden Kunden ärgerlich, wenn er auf seine Rechnung warten muss.“

Gesetzliche Frist für Geschäftsbericht

Drittens habe die AVU vor der Herausforderung gestanden, die Preisbremsen umzusetzen. „Darin waren vor allem die Mitarbeitenden eingebunden, die auch Jahresrechnungen, Abschlagszahlungen etc. bearbeiten“, sagt der AVU-Sprecher. Und bekanntlich sei der Mechanismus der Preisbremsen komplex.

Und warum liegt ein Geschäftsbericht vor, noch bevor alle Kundinnen und Kunden ihre Jahresabrechnung bekommen haben? Jörg Prostka verweist auf gesetzliche Regelungen im Handelsgesetzbuch und im Aktiengesetz. Demnach müsse der Jahresabschluss innerhalb von drei Monaten nach Ende des Geschäftsjahres aufgestellt werden und dem Aufsichtsrat unverzüglich zur Prüfung und Feststellung vorgelegt werden. „Danach muss unverzüglich zur Hauptversammlung eingeladen werden“, so Prostka weiter. Diese müsse dann in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahres stattfinden.

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Die kommunalen Gremien seien für diese Fristen nicht ausschlaggebend, spielten für die Öffentlichkeit aber mittelbar eine Rolle, weil die Verwaltungen Beschlussvorlagen und Geschäftsberichte meist als Vorlage für die Sitzungen öffentlich zugänglich machten. „Die Beschlüsse dort dienen lediglich der internen Willensbildung der kommunalen Aktionäre“, erklärt Prostka. Zur Erklärung: Die AVU gehört zur Hälfte den Städten Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal und dem Ennepe-Ruhr-Kreis.

Zwei verschiedene Vorgänge

Dazu, dass Rudolf Pusch mit seinen Abschlägen für April und Mai schon einen prognostizierten Jahresverbrauch für Gas bekommt, aber noch keine Abrechnung, sagt der AVU-Sprecher Folgendes: „Das sind tatsächlich zwei verschiedene Vorgänge.“ Die Jahresrechnung werde nach der Ablesung erstellt. Die Höhe der Abschläge für den künftigen Verbrauch basiere immer auf dem historischen Verbrauch der letzten Jahresrechnung.

„Teilt der Kunde uns von sich aus einen aktuellen Zählerstand mit und ist eine hohe Einsparung festzustellen, so passen wir die Abschläge auch an“, erklärt Jörg Prostka. „Grundsätzlich soll der Abschlag ja einer hohen Nachforderung entgegenwirken.“ Bei Rudolf Pusch seien es lediglich zwei Monate bis zur nächsten Jahresrechnung gewesen, daher seien seine Abschläge hoch ausgefallen. In der Jahresrechnung würden alle Zahlungen berücksichtigt und es werde anhand des tatsächlichen Verbrauchs abgerechnet.