Ennepetal. Schock für die Angestellten von Dormakaba auch in Ennepetal. Der Konzern will 1800 Arbeitsplätze abbauen. Das steckt hinter dem großen Sparpaket.
Bewahrheiten sich die Unkenrufe nun, die ertönten, als im Jahr 2015 Ennepetals größtes Unternehmen Dorma mit dem Schweizer Unternehmen Kaba fusionierte? Am Montag gab der Konzern mit Hauptsitz in Zürich bekannt, ab diesem Jahr schrittweise 1800 Arbeitsplätze abzubauen. Außerdem will Dormakaba die Zusammenarbeit mit zahlreichen Zulieferbetrieben aufkündigen.
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Was die Aktionäre jubeln ließ – allein bis zum frühen Nachmittag stieg der Kurs der Aktie um etwa fünf Prozent – sorgt bei vielen Familien rund um Ennepetal für eine große Verunsicherung, denn Dormakaba ist auch nach der Fusion einer der größten Arbeitgeber der Region geblieben. Auch wenn seitdem alle Entscheidungen des ehemaligen Familienunternehmens in Zürich getroffen werden.
Zu den konkreten Auswirkungen äußert sich Partick Lehn, Pressesprecher von Dormakaba, auf Nachfrage dieser Zeitung folgendermaßen: „Alle organisatorischen Änderungen treten ab 2023/24 schrittweise in Kraft, sobald die Verhandlungen mit den jeweiligen Arbeitnehmervertretern in sozialverträglicher Weise abgeschlossen sind. Die detaillierten Pläne für das Programm auf Länderebene werden derzeit - wo erforderlich in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretungen - gemäß den gesetzlichen Bestimmungen erarbeitet. Weitergehende Informationen können erst nach Abschluss dieses Prozesses erfolgen.“
Ehemals 16.000 Angestellte
Allerdings deutet eine Sache aus der Mitteilung vom Montag darauf hin, dass der neuerliche Stellenabbau in dem Konzern, der vor Kurzem noch mehr als 16.000 Angestellte hatte, neben dem Hauptquartier in Zürich vor allem den Ennepetaler Dorma-Stammsitz treffen könnte. Dormakaba kündigt an, vorwiegend in den Bereichen Personal und Finanzen auf so genannte Shared-Service-Center mittels Nearshoring umzusteigen. Hinter den Termini verbirgt sich, dass die betreffenden Bereiche an Standorten zusammengeführt werden, an denen die Lohnkosten niedriger sind.
CEO Jim-Heng Lee, der das Unternehmen, das während der vergangenen fünf Jahre einen Rückgang des Aktienkurses um 38 Prozent zu verzeichnen hatte, seit Anfang 2022 führt, teilte der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) mit, dass Dormakaba über solche Zentren bereits in „Nordamerika, Sofia, Schanghai und – via eines Partners im IT-Bereich – im indischen Chennai verfügt.“ Es sei aus seiner Sicht zudem vorstellbar, dass diese Kapazitäten verdoppelt würden, sagt der Konzernchef. Allerdings habe man auch hier noch keine definitiven Entscheidungen getroffen, teilte er der NZZ mit.
Die weitreichenden Einschnitte werden neben der Verwaltung auch die Produktion sowie die Bereiche Forschung und Entwicklung berühren – ebenfalls alles auch in Ennepetal angesiedelt. Die 1800 Stellen, die Dormakaba abbauen will, entsprechen 800 Vollzeitstellen in dem Unternehmen, das seit der Fusion immer wieder seine Topmanager austauschte, auf neue Sparprogramme setzte und trotzdem seine Position als Nummer drei auf der Welt nie signifikant verbessern konnte.
170 Millionen Franken jährlich sparen
Das soll nun mit dem nächsten Optimierungsprogramm gelingen, das diesmal auf den Namen „Transformationsprogramm“ hört und mit dem Abbau von etwa fünf Prozent der gesamten Arbeitsplätze drastischer ausfällt als alle seine Vorgänger. Entscheidungen, die es vor der Fusion in Ennepetal so nicht gab. Für den letzten Dorma-Inhaber, Karl-Rudolf Mankel, war sozialer Friede im Unternehmen und seine soziale Verantwortung für die ganze Region immer sehr wichtig.
Nun regieren die Zahlen auch in Ennepetal allein. Und die besagen, dass Dormakaba mit den Maßnahmen jährlich 170 Millionen Schweizer Franken – das entspricht knapp 174 Millionen Euro – einsparen will. Dafür investiert der Konzern 225 Millionen Schweizer Franken.
Große Fragezeichen stehen noch dahinter, wie es für die Geschäftspartner von Dormakaba weitergeht. Denn das Unternehmen will die Zahl seiner Zulieferer reduzieren. Die Redaktion will wissen: „Was verbirgt sich dahinter genau? Welche Unternehmen werden davon betroffen sein, von denen Sie sich nicht mehr beliefern lassen wollen?“ Antwort von Dr. Patrick Lehn: „Weitere Angaben machen wir dazu nicht.“
Mit Spannung werden vor allem auch diejenigen, die bei Dormakaba in Ennepetal beschäftigt sind, die Entwicklung in den kommenden Monaten verfolgen und darauf hoffen, dass CEO Jim-Heng Lee seinen Worten Taten folgen lässt. Der sagte: „Die Maßnahmen sollen in sozial verträglicher Manier umgesetzt werden.“
Das Ziel des CEO ist dabei dieses: Die Maßnahmen sollen sicherstellen, dass die mittelfristigen Finanzziele von Dormakaba erreicht werden: ein jährliches organisches Umsatzwachstum von 3 bis 5 Prozent für jedes künftige Geschäftsjahr, eine bereinigte EBITDA-Marge von 16 bis 18 Prozent, die im Geschäftsjahr 2025/26 erreicht werden soll, und eine Kapitalrendite (ROCE) von mehr als 30 Prozent ab dem Geschäftsjahr 2025/26. Das Transformationsprogramm soll bis Ende 2025/26 beendet sein.
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