Ennepetal. Vor 15 Jahren startete in Ennepetal die Elternschule an der Grundschule Friedenstal. Daraus ist ein Erfolgsmodell in Sachen Integration geworden.
„Die Förderung der Eltern ist der beste Schlüssel für die Integration der Kinder.“ Dieser Grundgedanke stehe hinter der Elternschule Friedenstal, erklärt Martin Küpper, Leiter der Abteilung Soziales bei der Stadtverwaltung. Seit 15 Jahren gibt es das niederschwellige Angebot, das Müttern und Vätern zum einen die deutsche Sprache, zum anderen aber auch ganz praktische Hilfen für das alltägliche Leben vermitteln soll. Seit nunmehr zehn Jahren wird der von der VHS Ennepe-Ruhr-Süd durchgeführte Kurs aus dem Budget des Integrationsrates von der Stadt Ennepetal finanziert.
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Aktuell drücken etwa 15 Mütter und Väter die Schulbank im Teilstandort Friedenstal der Grundschule Wassermaus (oder in den VHS-Räumen im Haus Ennepetal) – während ihre Kinder am regulären Schulunterricht teilnehmen. Aufgrund des Krieges sind es derzeit viele Geflüchtete aus der Ukraine, die regelmäßig am Mittwochmorgen dabei sind. Aber auch Menschen aus der Türkei, Indien, Aserbaidschan und Nigeria gehören zu der Gruppe. Einige von ihnen leben schon länger in Deutschland, vor allem die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sind nicht länger als ein Jahr hier. „Die meisten sind nach den Sommerferien eingestiegen“, erklärt Pädagogin Aysun Tarhan von der VHS, die die Elternschule leitet. Momentan sind übrigens einige Väter dabei, in der Regel sind es meistens die Mütter, die die Elternschule besuchen. Das liege daran, dass es in vielen Familien die klassische Rollenverteilung gebe: Der Mann arbeitet, die Frau kümmert sich um Haushalt und Erziehung.
Wichtigstes Werkzeug ist die Sprache
Ein wesentliches Ziel des Angebots ist es, die Eltern soweit zu fördern, dass sie ihre Kinder in deren Schulzeit besser begleiten und unterstützen können. Wichtigstes Werkzeug ist dabei die Sprache. Deshalb gibt es immer donnerstags von 10 bis 12.30 Uhr einen niederschwelligen Deutschkurs. Mittwochs von 10 bis 12 Uhr stehen verschiedene Inhalte auf dem Programm. „Wir besprechen das Schulsystem und das Rentensystem, wir kochen, beschäftigen uns mit Themen wie Nachhaltigkeit und Versicherungen“, berichtet Aysun Tarhan. „Wir laden uns auch Referenten ein, wie zum Beispiel zur Energieberatung, oder gehen auch selbst zu Einrichtungen hin. Unter anderem waren wir beim Kinderschutzbund.“ Ganz wichtig: „Alles ist zugleich auch Sprachübung“, betont die Pädagogin.
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„Es macht viel Freude. Wir sprechen und wir lernen zusammen“, sagt Elternschülerin Ejijah aus Nigeria. „und wir malen auch“, ergänzt sie. Auch beim Malen geht es um die Sprache, so werden die Farben oder die verschiedenen Materialien benannt. Darüber hinaus bietet die Elternschule das, was VHS-Fachbereichsleiterin Melanie Beinert „Integrationsmanagement“ nennt: das Lesen von Briefen, Vereinbaren von Arztterminen, Unterstützen bei Behördengängen oder -telefonaten. „Wir möchten die Eltern soweit bringen, dass sie sich im Alltag zurechtfinden“, so Tarhan.
Nicht nur für Familien mit Migrationshintergrund
Die Elternschule wurde eine Zeit lang auch an der Grundschule Büttenberg, an der es ebenfalls einen höheren Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund gibt, angeboten. Dort wurde sie mangels nachhaltigem Interesse aber bald wieder eingestellt.
„Wir haben auch Kontakte zu anderen Schulen“, meint VHS-Pädagogin Aysun Tarhan auf die Frage, ob das Projekt möglicherweise an anderen Standorten ein Thema werden könnte. Dort gebe es natürlich auch Familien mit Migrationshintergrund und Sprachproblemen, allerdings bisher keine Signale der Schulleitungen, dass ein solches Angebot gewünscht werde.
Die Kursleiterin betont, dass nicht nur Menschen mit Migrationsgeschichte in der Elternschule willkommen seien. Auch Mütter und Väter aus sozial benachteiligten Familien könnten teilnehmen, um praktische Hilfestellung zu erhalten – hinsichtlich der Kindererziehung, aber zum Beispiel auch, wie man mit einfachen Mitteln ein gesundes Frühstück zubereitet.
Kontakt: Aysun Tarhan, 02332/9186-107, E-Mail: tarhan@vhs-en-sued.de.
Ein bedeutender Aspekt kommt hinzu. „Die meisten kennen hier niemanden. Durch die Elternschule knüpfen sie Verbindungen“, so Aysun Tarhan. „Wir sind eine Familie“, sagt Adam, der aus der Ukraine nach Ennepetal kam. Über die Teilnahme an der Elternschule können sich die Mütter und Väter auch in das Schul- und Stadtleben integrieren, nehmen an Schulfesten und an Stadtfesten teil. Beim Internationalen Freundschaftsfest am Sonntag, 11. Juni, in Milspe sind sie mit einem Beratungsstand dabei und machen Spielangebote für Kinder.
Im Idealfall gelinge den Teilnehmern aus der Elternschule der Übergang in einen der Integrationskurse, die die VHS ebenfalls durchführt, erklärt Melanie Beinert. Nach den vergangenen Sommerferien habe man mit 19 Teilnehmern begonnen, bei einigen sei das schon in einen Integrationskurs gemündet.
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2008 war die Elternschule als „Projekt zur Förderung der Chancengleichheit und Integration in Grundschulen“ gestartet. Damals standen Mittel des Europäischen Integrationsfonds zur Verfügung, die die VHS abrief. Über zwei ihrer Lehrkräfte nahm man Kontakt mit den – damals überwiegend türkischstämmigen – Familien auf. An der damals noch selbstständigen Grundschule Friedenstal, die eine besonders hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund hat, wurde eine Gruppe eingerichtet. Nachdem die Förderung ausgelaufen war, setzte sich der Integrationsrat der Stadt dafür ein, die Elternschule weiterzuführen. „Seitdem beschließt der Rat in jedem Jahr ohne Diskussionen das Budget“, macht Martin Küpper deutlich, dass die Politik hinter dem Projekt steht – einem Projekt, dass sich in 15 Jahren zur echten Erfolgsgeschichte entwickelt hat.
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