Ennepetal/Schwelm. Weil er in Schwelm Unfallflucht begangen hat, droht ein Ennepetaler Landwirt (86) seinen Führerschein und damit seine Existenz zu verlieren.
„Meine ganze Familie ist verstorben. Ich bin der Einzige, der übrig ist. Ich muss doch den Hof halten“, erklärt ein 86 Jahre alter Mann mit erstickter Stimme. Er ist Angeklagter in einem Unfallfluchtprozess am Amtsgericht Schwelm. Am 29. November vergangenen Jahres soll er auf dem Parkplatz der Metro in Schwelm beim Ausparken ein anderes Fahrzeug angestoßen und einen Schaden von 4486,47 Euro verursacht haben. Statt die Polizei zu rufen, soll der Ennepetaler einfach weggefahren sein.
+++ Völlig absurd: Uralte Schilder sind plötzlich gefährlich +++
Über Aufnahmen einer Überwachungskamera waren Polizisten durch das Kennzeichen auf den Ennepetaler gekommen. Ein Zusammenstoß seines Autos mit dem benachbarten ist auf den Bildern nicht deutlich zu erkennen. Auch ist nicht geklärt, ob Schrammen am Fahrzeug des Seniors mit dem Schaden am betroffenen Auto zusammenpassen. Der ganze Vorfall kann den Verlust des Führerscheins für den 86-Jährigen zur Folge haben.
Harter Schicksalsschlag
Das wäre ein harter Schicksalsschlag für ihn. Sein Mandant sei alleinstehender Landwirt und auf seine Fahrerlaubnis angewiesen, erklärt der Verteidiger des Angeklagten. Schließlich müsste er allein den gesamten Hof am Laufen halten. Wenn er keinen Führerschein mehr hätte, so der Anwalt, wäre das das Ende seiner Landwirtschaft und damit seiner Existenz. Bei diesen Worten sackt der Angeklagte auf seinem Stuhl merklich in sich zusammen, senkt den Kopf, wirkt sehr betrübt.
+++ Christina Bösken: Mutter, Geschäftsführerin, neue SPD-Chefin +++
Bezüglich des Vorwurfs gibt er an, seine Parksensoren hätten die ganze Zeit gepiept. Das habe ihn sehr nervös gemacht. Einen Unfall habe er allerdings nicht bemerkt. Er sei trotzdem ausgestiegen, habe aber neben seinem Wagen kein anderes Auto wahrgenommen. An seinem Auto habe er zunächst auch keinen Schaden festgestellt. Also sei er nach Hause gefahren. Dort seien ihm Kratzer auf der Beifahrerseite aufgefallen. Er sei zurück zur Metro, um einen möglichen Unfallgegner anzutreffen. „Es war niemand da.“ Am Abend habe dann plötzlich die Polizei vor der Tür gestanden. „Ich bin mir keiner Schuld bewusst“, erklärt der 86-Jährige.
Rentner hat große Angst
Die Richterin zeigt Verständnis für die Angst des Rentners, seinen Führerschein zu verlieren. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei allerdings sehr hoch, war sie ehrlich. Wenn der Angeklagte den Unfall nicht bemerkt hätte, er aber spürbar war, könnte das an seiner körperlichen Verfassung liegen. In diesem Fall wäre der Führerschein weg. Hat er den Unfall bemerkt und ist einfach abgehauen, läge eine Unfallflucht vor, was ebenfalls den Verlust des Führerscheins zur Folge hätte. Nur, wenn ein Gutachten feststellte, dass der Unfall nicht hätte bemerkt werden müssen, gäbe es einen Freispruch und die Fahrerlaubnis bliebe erhalten.
+++ „Snack me“: Neue Gastronomie mitten in Gevelsberg +++
Die Richterin beschloss, ein Gutachten einzuholen. Für den Landwirt hängt vom Ergebnis des Gutachtens alles ab. Er könnte alles verlieren. Bitter: Selbst bei einem Freispruch könnte für den 86-Jährige alles aus sein. Denn: Bis das Gutachten erstellt ist, vergehen mehrere Monate. Möglicherweise eine zu lange Zeit, um den Betrieb ohne Führerschein – der dem Angeklagten am Unfalltag abgenommen wurde – irgendwie am Laufen zu halten.
+++ Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal: Nichts mehr verpassen mit unserem kostenfreien Newsletter +++