Ennepetal. Was macht Oberbauer so besonders, dass WDR 4 ein Woche lang täglich über den Ennepetaler Ortsteil berichtet? Da gibt es einiges...
Es schneite heftig, als der WDR-Journalist Daniel Chur morgens durch Oberbauer fuhr, um über die Aufforstungsaktion in der Verlängerung der Westfalenstraße zu berichten. Das Unternehmen Dormakaba hatte dazu eingeladen (wir berichteten). Das ist erst einige Wochen her. Churs Besuch in Oberbauer hat Folgen. So wird im Hörfunksender WDR 4 ab Montag 17. April, eine Woche lang täglich in der Zeit zwischen 14 und 18 Uhr einiges über die Einzigartigkeiten im Stadtteil zu hören sein.
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Daniel Chur ist nämlich der Reporter für die Sendereihe „Mein Dorf“. Er war es, der nach seiner Fahrt durch Oberbauer im Schneesturm mehr vom Leben der Menschen dort erfahren wollte. Chur erhielt den Tipp, Waldemar Guderian anzurufen. Ergebnis: Guderian, der Mitgründer der Dorfgemeinschaft „Freistaat Oberbauer“, lud den Radiomann zu einem Rundgang durch Oberbauer ein – und der hatte es in sich.
Was gibt es so in Oberbauer? Was prägt den Zusammenhalt der Menschen? So ist der Schulhof der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule zumindest für den „Freistaat Oberbauer“ der Dorfplatz und das ehemalige Lehrerzimmer dient als Vereinsraum. Da es schon seit Jahren keine Kneipe mehr in Oberbauer gibt, ist dieser Vereinsraum auch eine „Ehrenamtskneipe“, mit einer Theke ausgerüstet, die einst zur Gaststätte Colosseo in Altenvoerde gehörte. Draußen, zwischen Siegerlandstraße und Schule, steht ein komfortabler Unterstand für Wanderer, auch bestens geeignet für schöne Grillstunden. Schließlich führt der Wanderweg Voerde-Breckerfeld ganz in der Nähe vorbei.
Wer in Höhe des Sträßchens Kalkstück den Wanderweg (ehemalige Straßenbahntrasse) begeht, wird überrascht. Dort steht seit Ostern sonntags ein fröhlich-putzig aussehender Eiswagen. Elvira Henke-Wozniak und ihr Mann Hans-Jürgen laden dort zur „Kleinen Eiszeit“ mit einem vielfältigen Angebot ein. Direkt neben dem Eiswagen gibt es auch Sitzgelegenheiten. Elvira Henke-Wozniak, die an der Mittelstraße in Gevelsberg das „Kleine Kaffeehaus“ führt, wohnt mit ihrem Mann am Kalkstück und möchte, wie sie sagte, nicht mehr weg. Wer den Eiswagen erblickt und Eis genießen möchte, der lässt die griffbereit liegende Glocke erklingen. Eismann oder Eisfrau kommen sofort.
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Zwei Kurven weiter, am Haus Kotthausstraße 29, prangt das Wort „OberBauer“ Es gibt dort bäuerliche Produkte zu kaufen. Fast alles, was ein Bauernhof an Lebensmitteln zu bieten hat, ist in einem Automaten zu finden. Der ist selbstverständlich 24 Stunden geöffnet. Wer also am späten Abend Grillfleisch benötigt, oder Würste, Butter und Eier, ebenso Bier und Cola, der kann sich selbst bedienen. Dies ist ein Angebot in einem Dorf, das keine Geschäfte mehr hat.
Oberbauer, umringt von viel Grün mit weiter Sicht ins Bergische Land und ins Sauerland, hat zur Freude vieler Einwohner seit dem Jahr 2017 auch einen König. Der erste Regent war Waldemar Guderian, jetzt trägt Frank Altena die Krone in der Dorfgemeinschaft. Mit seiner Frau Annette und den Mitstreiterinnen und Mitstreitern Steffen Schubert, Roswitha und Waldemar Guderian legte der Freistaat-Vorsitzende Frank Altena ein Bekenntnis zu Oberbauer ab.
Wie weit so etwas geht, zeigt beispielhaft Waldemar Guderian. Ein großer Kanaldeckel auf seinem Grundstück am Haus ist mit dem Wappen des „Freistaates Oberbauer“ versehen. Wenige Meter entfernt steht die „kleinste Kneipe der Welt“, in der höchsten zwei Personen ein Bierchen zapfen und dabei Musik hören können. Es ist eine ehemalige Telefonzelle. Schon bei manchem Fest war diese kleine Kneipe im Einsatz.
Stolz sind die Oberbaueraner auf das Gipfelkreuz. Es markiert den höchsten Punkt der Stadt Ennepetal mit 388,4 Metern auf dem Gelände der Familie Müller im Bereich Oberkotthausen. Konkurrent Rüggeberg soll nur 384,2 m hoch sein. Eine Kopie aus dem Historischen Archiv der Stadt Köln ist im Besitz des „Freistaates Oberbauer“ und macht die Vereinsmitglieder mächtig stolz. Die Urkunde stammt vom 6. März 1498, in der auf das Erstnennungsdatum über die Lieth vom 3. Mai 1019 hingewiesen wird. Ob es sich um die Lieth in Oberbauer handelt, ist durchaus umstritten, aber die Oberbaueraner verweisen auf das Landesarchiv NRW Staatsarchiv Münster.
Etwas Neues ist im Werden: der Jairus-Hof an der ehemaligen Kreuzkirche. Dort soll ein Wohnort für alle Generationen geschaffen werden. So schrieb Henning Rahn, Mitvorstand des „Jairus-Werk e.V.“ im Freistaat-Heft „Der Oberbaueraner“: „Im Miteinander der Generationen in einem geschützten und geregelten Umfeld liegt eine große Chance, gemeinsam einen Lebensraum zu gestalten, der den Herausforderungen und Nöten dieser Zeit gerecht wird.“ Das Gemeindehaus an der Kirche wird erhalten und multifunktional weiterhin als Gemeinschaftsfläche genutzt. Es soll Bürgern, Gruppen und Familien ein Ort der Begegnung und der feierlichen Gemeinschaft sein. „Der ehemalige Kirchenraum wird auch weiterhin dem Gebet, der Andacht und dem Austausch dienen.“ Das große Außengelände werde barrierefrei als Gemeinschaftsfläche gestaltet mit einem großen Spiel- und Erlebnisgelände. Der Trägerverein habe sich die Erziehungs- und Jugendhilfe und die Förderung von Familien zur Aufgabe gemacht.
Der Kirchturm wird also weiterhin über Oberbauer wachen. Auch hier ist etwas Besonderes: Die ehemalige evangelische Kirche steht nicht mitten im Dorf, sondern jenseits der Breckerfelder Straße. Sie ist aber nicht zu übersehen.