Gevelsberg. Michaela Pesenacker verlässt das Hospiz in Gevelsberg. 20 Jahre hat sie Menschen beim Sterben und Trauern begleitet. Was sie heute daraus zieht.

„Eigentlich machen wir keine Sterbe- sondern Lebensbegleitung.“ Das ist einer der wesentlichen Grundsätze der Hospizarbeit aus Sicht von Michaela Pesenacker. Sie war bis vor wenigen Tagen die stellvertretende Geschäftsführerin und Koordinatorin für den Kinder- und Jugendbereich im Hospiz Emmaus in Gevelsberg. 20 Jahre lang hat sie Menschen beim Sterben und Trauern begleitet, Halt gegeben, dabei geholfen, den letzten Weg zu erleichtern. In den vergangenen acht Jahren wirkte sie in der Einrichtung an der Hagener Straße.

Jetzt ist sie im Ruhestand und weiß: Ihr Beruf hat über eine so lange Zeit hinweg auch Spuren bei ihr hinterlassen. „Vor 20 Jahren bin ich mit einem Sommerkleid durchs Leben gegangen und heute trage ich einen schweren Wintermantel“, versucht sie, das in Worte zu fassen. Zu viele Schicksale habe sie erlebt.

Ihr Blick auf viele Dinge hat sich dadurch verändert. „Es löst Dankbarkeit und Mut für das eigene Leben aus“, erklärt Pesenacker. „Ich bin vom Schicksal verschont geblieben, das ist nicht selbstverständlich. Ich genieße jeden Tag.“ Und wer so wie sie jeden Tag mit Sterben und Trauer konfrontiert sei, für den bekomme das eine ganz besondere Bedeutung und Wichtigkeit. Den Weg in die Hospizarbeit fand sie damals durch ein ganz persönliches und einschneidendes Erlebnis.

Durch krebskranke Mutter zum Hospiz

„Ich habe damals als Mutter von sechs Kindern mit meinen Eltern in einem Haus gelebt“, erinnert sie sich daran. „Dann ist meine Mutter schwer an Krebs erkrankt.“ Eine aufreibende Situation. „Ich wollte meiner Mutter und meinen Kindern gerecht werden“, sagt Michaela Pesenacker heute. Zu dieser Zeit sei in Hagen die Hospizbewegung losgegangen. Irgendwann Mitte der 00er Jahre, wie die heute 65-Jährige einordnet. Der Caritasverband startete einen ambulanten Hospizdienst.

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„Das war eine Phase, in der ich mich als Mutter und Tochter machtlos gefühlt habe“, weiß Pesenacker heute noch gut. „Ich dachte, da muss es doch Hilfe geben.“ Also lässt sie sich entsprechend ausbilden und hilft ehrenamtlich beim Hospizdienst. Später steigt sie auch beruflich in die Hospizarbeit ein, gründet den Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Sternentreppe mit.

Als die mittlerweile verstorbene Helga Grams, Mitbegründerin des Ökumenischen Hospizes Emmaus in Gevelsberg, erkrankt, spricht sie Michaela Pesenacker an. 2015 wechselt sie nach Gevelsberg und baut dort ebenfalls einen Bereich für Kinder und Jugendliche auf. „Das gab es hier noch nicht“, sagt Pesenacker. Mit 28 Ehrenamtlichen ging dieses Projekt an den Start, von Michaela Pesenacker ausgebildet und auf die besondere Arbeit vorbereitet.

Meilensteine für Gevelsberger Hospiz

„Es ist genial, als Koordinatorin die Ehrenamtlichen selbst auszubilden“, sagt sie. So sei es besser möglich zu wissen, wer zwischenmenschlich zu welcher Familie passt. Denn das ist wichtig in der Hospizarbeit. Als der Kinder- und Jugendbereich gut aufgestellt ist, baut Michaela Pesenacker gemeinsam mit dem Team die Trauerbegleitung auf.

Kurs für Ehrenamtler

Um neue Ehrenamtliche zu gewinnen, wird das Hospiz einen weiteren Qualifizierungskurs anbieten. Dieser soll in der zweiten Jahreshälfte stattfinden und auf die Hospizarbeit im Kinder- und Jugendbereich vorbereiten.

Der genaue Termin wird noch bekanntgegeben. Wer sich darüber hinaus über die Arbeit der Einrichtung in der Hagener Straße 339 informieren möchte, kann das tun unter www.hospiz-emmaus.de oder 02332/61021.

Über die Jahre folgen weitere Projekte – auch im Erwachsenenbereich, beispielsweise die Trauerbänke auf dem Zentralfriedhof in Berge. Ein wichtiger Meilenstein in Pesenackers Zeit ist auch die Erweiterung des Hospizes durch einen Anbau, der der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen seitdem mehr Raum bietet. „Das war was Besonderes, ich durfte den Neubau gemeinsam mit den Ehrenamtlichen einrichten“, freut sie sich heute noch.

Jetzt im Ruhestand freut sich Michaela Pesenacker vor allem auf eines: „Dass ich mir jetzt ein halbes Jahr erstmal Ruhe gönne.“ Sie möchte viel reisen, ihre Kinder besuchen, von denen ein paar im Ausland leben. Auch Enkel gibt es mittlerweile.

Kinder- und Jugendbereich ausbauen

Und während Michaela Pesenacker das Leben nun ruhig angehen lässt, begrüßt das Emmaus-Hospiz gleichzeitig Mónica Alvarez González (44) als neue Geschäftsführerin. Sie ist Sozialpädagogin und Sozialmanagerin, ursprünglich hat sie Industriekauffrau gelernt. Sie kennt sich also sowohl im kaufmännischen Bereich als auch im sozialen aus. Wie Pesenacker hat auch sie über einschneidende Erfahrungen den Weg in die Hospizarbeit gefunden. In Gevelsberg möchte sie auf dem bisher Erreichten aufbauen, aber auch neue Akzente setzen.

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„Vor elf Jahren ist mein Bruder an Krebs erkrankt“, sagt die Wahl-Wittenerin. „Diesen Weg haben ich und meine Geschwister begleitet. Das war eine sehr prägende Zeit und auch emotional belastend.“ Das Erlebte hat Mónica Alvarez González nicht mehr losgelassen. Als sie Jahre später eine liebe Freundin verliert, kommt sie das erste mal mit einem Hospiz in Kontakt. „Da habe ich gemerkt, wie das ist, wenn es eine Begleitung gibt und wenn die Familie durchatmen kann“, sagt die 44-Jährige.

Und so findet auch sie schließlich ihren Weg zum Hospiz, als neue Geschäftsführerin in Gevelsberg. „Mein Ziel ist es, den Kinder- und Jugendbereich auszubauen und mehr Ehrenamtler zu gewinnen“, benennt sie zwei ihrer Schwerpunkte für die Zukunft. „Das Ökumenische Hospiz Emmaus ist ein kleiner Verein und wir sind ein kleines Team“, sagt Mónica Alvarez González. „Das ermöglicht aber auch, kreativ zu sein.“ Sie freue sich auf die gemeinsame Arbeit in Gevelsberg.