Schwelm. Schwelmer FDP sieht Zusammenhänge zwischen den Neubesetzung bei Sparkasse und Wirtschaftsförderung. So reagieren Politik und Bürgermeister.
Sparkasse, Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing – zwischen Parteibüchern, Stellenbesetzungen und der Verwaltung fragen sich viele Schwelmerinnen und Schwelmer derzeit, ob in ihrer Heimatstadt alles mit rechten Dingen zugeht. Nachdem die Kommunalaufsicht dies zum Ratsbeschluss zur Neuorganisation von Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing eindeutig bescheinigt, hat Bürgermeister Stephan Langhard alle Hände voll damit zu tun, die Scherben der vergangenen Wochen aufzukehren. Gleichzeitig steht er selbst unter schwerem Beschuss der FDP, die Zusammenhänge zwischen den Neubesetzungen herstellt.
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Zunächst gab der EN-Kreis den Liberalen allerdings Antwort auf ihre Beanstandung des Ratsbeschlusses, mit dem die Stadtmarketing GmbH drastisch reduziert wird und die Entscheidungsgewalt des strategischen Stadtmarketings zum Jahreswechsel an die Abteilung Wirtschaftsförderung übergehen soll. Die FDP-Fraktion um ihren Vorsitzenden Michael Schwunk hatte sich an Landrat Olaf Schade gewandt, weil sie die Meinung vertritt, dass die Stadt mit dem Beschluss gegen ihre Treuepflicht als Gesellschafterin der Stadtmarketing GmbH verstoßen habe.
Stadt verstößt nicht gegen Treuepflichten
Das sieht der Kreis als nicht gegeben an. „Eine Anweisung des Bürgermeisters zur Beanstandung des Beschlusses kommt daher nicht in Betracht“, teilt Schade schriftlich mit. So erläutert der Kreis unter anderem, dass sich die Aufgabe der Erstellung eines Stadtmarketingkonzeptes nicht aus dem Gesellschaftsvertrag der GmbH ableiten lasse. „Der Gesellschaft oblagen beziehungsweise obliegen weiterhin die operativen Maßnahmen zur Stadtentwicklung, Attraktivitätssteigerung und so weiter“, teilt der Ennepe-Ruhr-Kreis mit und weiter: „Es ist festzuhalten, dass die Stadt Schwelm nicht im Handelszweig der Gesellschaft im Sinne eines Geschäftsmachens tätig wird, womit die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot nicht gegeben sind“.
Damit ist die formale Ebene geregelt. Doch wie wird die Praxis aussehen? Die Personalkapazitäten in der GmbH werden auf unter eine Vollzeitstelle reduziert, dafür sollen 1,5 Stellen im Rathaus geschaffen werden. Die privaten Gesellschafter stellen sich die Frage, ob das Konstrukt, mit dem sie sich für ihre Heimatstadt engagieren, in Praxis überhaupt noch irgendeinen gestalterischen Wert hat oder lediglich zum ausführenden Organ der Ideen aus dem Rathaus verkommt.
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Bürgermeister Stephan Langhard hält dagegen: „Der Ratsbeschluss berührt die Aufgabenteilung zwischen Stadtverwaltung und Stadtmarketing nicht, sodass der neue Wirtschaftsförderer auch nicht – wie in der WP publiziert – Stadtmarketing-Chef ist. Außerdem ist Ihre Aussage (...) falsch, dass durch die Umsetzung des Ratsbeschlusses ,sämtliche Befugnisse des Stadtmarketings […] ins Rathaus [geholt werden]’. Einen solchen Beschluss hat der Rat nicht gefasst.“
Versorgungsposten für CDU und SPD
Die Liste derer, die eine nahezu vollständige Entmachtung der GmbH befürchten, ist in der Stadt Schwelm lang und wird angeführt von der FDP, die gegen diese Pläne gestimmt hat. Mit Michael Schwunk an der Spitze geht sie nun in die Offensive und erhebt schwerste Vorwürfe gegen die anderen Ratsfraktionen und die Stadtverwaltung. Kernvorwurf: Die CDU habe mit dem Sparkassenvorsitz für Fraktions-Chef Oliver Flüshöh und die SPD mit dem ausgebauten Wirtschaftsförderer-Posten für ihren sachkundigen Bürger Oliver Kochs vorwiegend darauf geschaut, Männer aus ihren eigenen Reihen bestmöglich zu versorgen.
„Die FDP verurteilt das auf Schärfste und fordert, dieser Klüngelei ein Ende zu setzen. Bürgermeister Stefan Langhard agiert dabei wie eine Marionette, weil er selbst wohl nur an die Wiederwahl und die Versorgung mit dem Bürgermeisteramt denkt“, formulieren die Liberalen in einer Pressemitteilung und weiter: „Das ganze Spiel ist perfide.“ So hätte laut FDP der CDU-Fraktionsvorsitzende Oliver Flüshöh zunächst an der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Vorstandsvorsitzenden Michael Lindermann mitgewirkt, um sich dann anschließend von diesem Gremium wählen zu lassen. „Da diese Trickserei in einem ersten Schritt von der BaFin verweigert wurde, war Kreativität gefragt, so dass extra eine ,Ausbildungsstelle’ für einen ,Generalbevollmächtigten’ geschaffen werden musste“, schreibt Michael Schwunk. Sowohl Oliver Flüshöh als auch SPD-Mann Hans-Werner Kick, der Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sparkasse Schwelm-Sprockhövel ist, haben derlei Spekulationen immer wieder vehement widersprochen. „Alles ist sauber gelaufen“, betonten sie mehrfach im Gespräch mit der Redaktion.
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Doch die FDP sieht darüber hinaus eine Verquickung zur Wirtschaftsförderung und schreibt: „Bürgermeister Stefan Langhard verkündete gleichzeitig, dass für die Wirtschaftsförderung eine vielversprechende Initiativbewerbung vorliege. Da die Stelle in Ihrer Ausprägung sich nicht mit der Erwartungshaltung der betreffenden Partei (SPD) deckt, wird schnell das gesamte Stadtmarketing in einer Hauruckaktion zerschlagen. Ziel war vielmehr, Politiker von CDU und SPD in einer Rotation bestmöglich zu versorgen.“
Bürgermeister weist Vorwürfe von sich
Das sind schwere Anschuldigungen, hinter denen sich laut der Liberalen eine Absprache der beiden großen Schwelmer Ratsparteien verberge und denen SPD-Fraktionsvorsitzender Thorsten Kirschner im Gespräch mit der Redaktion bereits massiv entgegengetreten war. „Ich habe mich aus der Besetzung des Wirtschaftsförderers komplett herausgehalten und stehe zudem dafür, an derlei Stellen nicht nach Parteibuch zu entscheiden, sondern nach den besten Bewerbern. Zudem bedauere ich das Ausscheiden von Oliver Kochs aus meiner Fraktion sehr. Ich halte ihn für einen sehr fähigen Kommunalpolitiker.“
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Auch dies sieht die FDP-Fraktion aus einer anderen Warte, bezichtigt die Stadt Schwelm einer Bevorzugung des Ex-Ehemannes von Thorsten Kirschner und zweifelt dessen Qualifikation für die Stelle an. „Die FDP-Fraktion erkennt nicht, wie Herr Kochs mit seinen beruflichen Erfahrungen als Anzeigenverkäufer in einem Verlag den Herausforderungen dieser Aufgabe gerecht werden soll. Auch fehlt es nach der Zerschlagung des Stadtmarketings und diesem Stellenbesetzungsverfahren bei den Händlern und Unternehmen an der notwendigen Akzeptanz“, teilen Schwunk und Co. mit.
Die Einstellung übernahm Bürgermeister Stephan Langhard qua Amt im Alleingang und widerspricht derlei FDP-Vorwürfen auf Nachfrage der Redaktion vehement. Es habe lediglich zwei Bewerbungen auf die Stelle gegeben und OIiver Kochs, der sich initiativ beworben hatte, nachdem bekannt geworden war, dass Wirtschaftsförderin Daniela Mehling die Stadt verlässt, habe sich deutlich durchgesetzt. Er betont, dass es sich ausschließlich um die Neubesetzung des Wirtschaftsförderers handelt.
Doch soll der nicht 1,5 weitere Stellen unter sich erhalten und auch für das Stadtmarketing zuständig werden? Wie sieht die Eingruppierung aus? Die Redaktion hakt nach. „Der Ratsbeschluss hat weder eine Auswirkung auf das Stadtmarketing noch auf die Eingruppierung“, lautet die Antwort von Stephan Langhard.
Auch nicht mit Blick auf den Ratsbeschluss und die bevorstehende Implementierung des Stadtmarketings in die Verwaltung? „Laut Ratsbeschluss vom 23. Februar findet keine Implementierung des Stadtmarketings in die Stadtverwaltung statt“, teilt der Bürgermeister mit. An diesen Worten werden ihn die Schwelmer – und mit Sicherheit auch die privaten Gesellschafter ab dem kommenden Jahr messen.
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