Schwelm. Der Staatsschutz hat drei Männer gefasst, die in das Stellwerk Schwelm eingebrochen sein sollen. Die NRW-Landesregierung ist besorgt.

Vor allem das Alter der Verdächtigen ist bemerkenswert: Ein 16-Jähriger, ein 18-Jähriger und ein 22-Jähriger sollen für die Einbrüche in die Stellwerke der Deutschen Bahn in Schwelm, Essen und Leverkusen verantwortlich sein. Sie haben dort den NRW-Bahnverkehr manipuliert und wären an den Kontrollbereichen dazu in der Lage gewesen, katastrophale Zugunglücke herbeizuführen. Der Staatsschutz der Kölner Polizei hat das Trio in Gewahrsam genommen, das aktuell ausführlich vernommen wird.

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Parallel dazu äußert sich Innenminister Herbert Reul zu den Schutzmechanismen in solchen Fällen auf Nachfrage der SPD-Landtagsabgeordneten aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis, Ina Blumenthal und Kirsten Stich. Die beiden Landtagsmitglieder hatten gemeinsam mit dem Ex-SPD-Landesvorsitzenden Thomas Kutschaty sowie den Essener SPD-Abgeordneten Julia Kahle-Hausmann und Frank Müller eine kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt, die sich vor allem damit befasst, wie die Deutsche Bahn und das Land NRW auf Sabotage-Akte im Bahnverkehr vorbereitet sind.

Noch kein Haftbefehl erlassen

Quasi parallel zu den Antworten aus dem Innenministerium fasst die Kölner Polizei drei junge Männer, die dringend tatverdächtig sind, diese für Fahrgäste der Bahn möglicherweise lebensgefährlichen Manipulationen begangen zu haben. Am frühen Morgen des Donnerstags, 23. März, durchsuchte die Polizei ab 6 Uhr die Wohnungen der drei Verdächtigen in Bochum, Mönchengladbach und Viersen, wie das Polizeipräsidium Köln und die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach mitteilen. Zudem hätten die Beamten auch die Wohnung eines 15-jährigen aus Herten, der als Zeuge geführt wird, durchsucht. „Haftbefehle sind gegen die Verdächtigen bislang keine ergangen, sie sind lediglich für die Dauer ihrer Vernehmungen in Gewahrsam genommen worden“, sagt eine Sprecherin des Kölner Polizeipräsidiums auf Nachfrage der Redaktion. Ob das Trio nach seiner polizeilichen Vernehmung allerdings wieder auf freien Fuß kommt, hängt von den Ergebnissen der Verhöre ab.

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Wie ernst Polizei und Staatsanwaltschaft die Sache nehmen, zeigt allein, dass die Kriminalinspektion Staatsschutz federführend in der Sache ist. Ein deutliches Indiz dafür, dass die Behörden einen terroristischen Akt auf die Infrastruktur nicht ausgeschlossen haben. In den durchsuchten Wohnungen stellen die Beamten Mobiltelefone und Computer sicher. Zur Nationalität der Verdächtigen, welche Verbindungen zwischen ihnen trotz der Altersunterschiede und großer Entfernungen ihrer Wohnorte bestehen oder zur Motivlage gibt die Polizei noch keine Auskunft. „Die Vernehmungen laufen derzeit, vieles müssen wir noch klären“, heißt es aus dem Kölner Polizeipräsidium auf Nachfrage der Redaktion.

Auf Überwachungsvideos zu sehen

Umfangreiche Ermittlungen und vor allem Auswertungen von Überwachungskameras hatten die Ermittler auf die Spur der Jugendlichen und des jungen Erwachsenen geführt, die in der offiziellen Pressemitteilung der Behörde als „Freundeskreis“ bezeichnet werden. Die jungen Männer sollen in das Schwelmer und die weiteren Stellwerke eingedrungen sein, laut Mitteilung des Generalstaatsanwalts Hamm an das Landesjustizministerium in dreien Signalschalter betätigt haben, wodurch die Stromversorgung der Lichtsignale an den Bahntrassen deaktiviert wurde. Diese Bahnabschnitte wurden für die Durchfahrt gesperrt. Dort fahrende Züge wurden durch eine Sicherheitseinrichtung – sogenannte punktförmige Zugbeeinflussung – angehalten.

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Auch auf eine der wichtigsten Fragen in diesem Fall gibt die Polizei noch keine Antwort: Wie sind die Täter überhaupt in die Stellwerke eingedrungen? Einbruchspuren hatte die Spurensicherung an keinem der Stellwerke feststellen können. Zutritt bekommt man allerdings nur mit einem Spezialschlüssel. Die gibt es mit und ohne elektronischen Chip und Zugriff darauf haben lediglich Techniker der Deutschen Bahn ab einer gewissen Hierarchie-Ebene sowie die Feuerwehren, damit sie im Falle eines Brandes in einem Stellwerk nicht erst auf einen Bahnmitarbeiter warten müssen. „Auch das ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen“, sagt die Polizeisprecherin.

Welche Auswirkungen diese Sabotage-Akte haben können, wenn jemand weiß, was er in einem solchen Stellwerk tun kann, will die Deutsche Bahn seit den Vorfällen gern aus der Öffentlichkeit heraushalten. Klar ist aber: Wer weiß, was er tut, kann hier möglicherweise viele Menschenleben in Gefahr bringen. Das ist auch der SPD-Fraktion im Landtag bewusst, so dass Ina Blumenthal und Kirsten Stich, die dort den Ennepe-Ruhr-Kreis vertreten, eine kleine Anfrage an die Regierung gestellt haben, die sich genau damit befasst, wie Land und Deutsche Bahn eigentlich auf solche Sabotage-Akte vorbereitet sind.

Das passiert bei 500 Verletzten

Die elementare Frage aus dem Schreiben lautet: „Berücksichtigen die Katastrophenschutz-Konzepte in NRW mögliche Szenarien, in denen ein Sabotageakt auf das Schienennetz zu großen Schäden (Personen, Material, Infrastruktur) führt?“ Das NRW-Innenministerium führt dazu aus: „Die in Nordrhein-Westfalen etablierten Katastrophenschutzkonzepte zur vorgeplanten überörtlichen Hilfe dienen dazu, die örtlich zuständigen Behörden der nichtpolizeilichen Gefahrabwehr bei der Einsatzbewältigung zu unterstützen.“

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So würden die Sanitäts- und Betreuungskonzepte unabhängig vom Schadensereignis und dessen Ursache bestehen. „So befasst sich die Behandlungsplatzbereitschaft 50 NRW mit der medizinischen Erstversorgung von bis zu 50 Personen. Die Betreuung von bis zu 500 betroffenen Personen wird mit der Betreuungsplatz-Bereitschaft 500 NRW gewährleistet“, erläutert die Reul-Behörde und konkret zu Großschadensereignissen im Schienenverkehr: „Der Transport von bis zu zehn verletzten Personen wird über einen Patiententransport-Zug übernommen. Eine explizite Berücksichtigung von Einsatzlagen, denen Sabotageakte auf den Schienenverkehr zugrunde liegen, sehen die Katastrophenschutzkonzepte in Nordrhein-Westfalen nicht vor. Hierfür treffen die örtlichen nichtpolizeilichen Gefahrenabwehrbehörden Szenarien basierte Vorplanungen und erstellen Einsatzplanungen.“ Kreise und kreisfreie Städte – im Schwelmer Fall der Ennepe-Ruhr-Kreis sind für den operativen Katastrophenschutz zuständig.

Spannend wird auch in dem Zusammenhang mit Sicherheit bleiben, was sie Vernehmungen der mutmaßlichen Täter ergeben und welche Motivlage hinter ihrem Handeln steckt.

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