Gevelsberg. Nach einem BGH-Urteil bat die Sparkasse an Ennepe und Ruhr 54.000 Kontoinhaber um Zustimmung zu den AGB. Ein Gevelsberger fühlt sich erpresst.

Fast zwei Jahre ist es her, dass der Bundesgerichtshof (BGH) der Verbraucherzentrale recht gegeben hatte und Banken infolgedessen nicht mehr uneingeschränkt die Zustimmung ihrer Kundinnen und Kunden einholen konnten, wenn sie in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen(AGB) etwas geändert haben – oder bei den Kontoführungsgebühren.

Bis dahin hatten viele Banken Kundinnen und Kunden über Änderungen informiert und es als Zustimmung gewertet, wenn diese darauf nicht geantwortet hatten. Wer einer solchen Änderung widersprach, musste aber auch damit rechnen, dass ihm die Bank kündigt. So beschreibt es der Bundesverband der Verbraucherzentrale, der deswegen gegen die Postbank vor Gericht gezogen war.

Nach dem Urteil sah sich auch die Sparkasse an Ennepe und Ruhr mit Hauptsitz in Gevelsberg gezwungen, um nachträgliche Zustimmung zu den AGB und bislang geltenden Entgelten einzuholen, wie Thomas Theile, Sprecher der Sparkasse, auf Nachfrage der Redaktion erklärt. 54.000 Kontoinhaberinnen und -Inhaber habe das Institut über unterschiedliche Kanäle kontaktiert. 99,97 Prozent hätten am Ende zugestimmt.

Lediglich 16 Kundinnen und Kunden hätten trotz erneuten Kontaktversuchen und Gesprächsangeboten keine Zustimmung gegeben. „Hier haben wir anschließend dann mitgeteilt, dass wir ohne Anerkennung der AGB und des Preis- und Leistungsverzeichnis die Geschäftsbeziehung aus rechtlichen Gründen nicht fortführen können, was wir ausdrücklich bedauern würden“, so Thomas Theile.

Gevelsberger fühlte sich erpresst

Etwas, das die Sparkasse an Ennepe und Ruhr auch als mögliche Konsequenz angekündigt hat, als sie um Zustimmung zu ihren Bedingungswerken bat. „Erhalten wir Ihre Zustimmung nicht [...], sind wir veranlasst, einzelne Vertragsverhältnisse bis hin zur gesamten Geschäftsverbindung mit Ihnen ordentlich kündigen“, heißt es zum Beispiel in einem Schreiben, das auch ein Gevelsberger Kunde vor einem Jahr bekam. Er fühlte sich erpresst, wie er im Gespräch mit der Redaktion sagte.

Der Mann, der anonym bleiben möchte, sah sich durch die Berichterstattung über kostenpflichtige Überweisungsvorlagen in einer Gevelsberger Sparkassenfiliale bewogen, sich auch zum Thema Kontoführungsgebühren zu äußern.

Nach dem BGH-Urteil habe er neben den AGB unter anderem dem Preis- und Leistungsverzeichnis der Sparkasse an Ennepe und Ruhr zustimmen sollen. Darin seien höhere Führungsgebühren für sein Konto enthalten gewesen: 8,45 Euro für das klassische Girokonto. „Man hat mir gesagt, ich kann das auch günstiger haben, ich müsste dann aber 40 oder 50 Cent für jede Kartenzahlung zahlen“, so der Gevelsberger. „Das wird irgendwann zu teuer.“

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Er habe den Bedingungen der Sparkasse schließlich zugestimmt, suche aber nach wie vor nach einer neuen Bank. Das Vorgehen der Sparkasse hält der Mann vor dem Hintergrund des BGH-Urteils für rechtswidrig.

Auf den konkreten Fall angesprochen weist Sparkassensprecher Thomas Theile den Vorwurf einer Erpressung deutlich zurück. In der Zustimmungseinforderung des Geldinstituts ist vor dem Hintergrund des Urteils von einer Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Geschäftsbeziehung die Rede, weshalb die maßgeblichen Bedingungswerke neu vereinbart werden müssten. „Diese Aktion war im Übrigen nicht mit einer Preiserhöhung verbunden“, sagt Theile. Weitere Fragen der Redaktion zu höheren Kontoführungsgebühren und Angeboten, bei denen Gebühren je Kartenzahlung anfallen, lässt er unbeantwortet.

Sachgrund zur Kündigung nötig

Generell dürften Banken ihren Kundinnen und Kunden das Girokonto kündigen, wenn diese den neuen AGB und Preisen nicht zustimmen, erklärte die Verbraucherzentrale zuletzt im vergangenen November. Der Gesetzgeber mache hierzu im Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmte Vorgaben, etwa wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und ein Kündigungsrecht vereinbart wurde. Für eine solche ordentliche Kündigung müssten die Banken keine Begründung nennen. Sie müssten allerdings mindestens eine Kündigungsfrist von zwei Monaten beachten.

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„Für Sparkassen gelten außerdem weitere Einschränkungen“, so die Verbraucherzentrale weiter. „Diese dürfen Ihnen das Girokonto nur kündigen, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.“ Es sei bisher gerichtlich nicht geklärt, ob es sich um besagten berechtigten Sachgrund handele, wenn Kundinnen und Kunden ihre Zustimmung zu neuen AGB und Preisen verweigerten.

Die Redaktion fragte bei der Verbraucherzentrale nach, ob es seit November eine gerichtliche Klärung vor diesem Hintergrund gegeben habe. „Nach meinem Kenntnisstand existiert zu der von Ihnen geschilderten Konstellation kein Urteil und dies ist – soweit bekannt – auch nicht Gegenstand eines laufenden Verfahrens“, antwortete ein Sprecher der Verbraucherzentrale.