Ennepetal. Außergewöhnlicher Antrag von SPD und CDU: Hilfsorganisationen wie das DRK Ennepetal sollen Unterstützung von der Stadt erhalten.
Es sind schwierige Zeiten. Die Bewältigung der Coronakrise, der Klimawandel und seine Folgen, der Krieg, der die Menschen zwingt, ihre Heimat zu verlassen und hier Zuflucht zu suchen. Ohne die Hilfsorganisationen mit all ihren ehrenamtlichen Kräften, die in diesen Situationen da sind, um zu helfen, wären viele Situationen vor Ort nicht zu bewältigen. Doch auch die Hilfsorganisationen selbst haben mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Der Ennepetaler DRK-Leiter Markus Wienert sagt: „Wir haben ein riesiges Problem, die Kosten laufen uns davon.“ Die SPD- und CDU-Fraktionen im Rat der Stadt Ennepetal sehen das genau so und schreiben in einem gemeinsamen Antrag an die Verwaltung: „Wir halten es für angemessen das DRK, die Johanniter und andere Hilfsorganisationen zu unterstützen, die für die Versorgung unser Bürgerinnen und Bürger aktiv in den schlimmsten Lagen einstehen und bisher keine städtische Unterstützung bekommen.“
Zahl der Spenden sinkt massiv
Früher, sagt Markus Wienert auf Nachfrage dieser Zeitung, habe es mehr als 1000 passive Mitglieder beim DRK in Ennepetal gegeben, die mit ihren regelmäßigen Beiträgen den Ortsverein finanzierten. Doch die Zahl sei massiv gesunken. Aktuell gebe es gerade mal nur noch 200. Und zusätzliche Spenden, so wie sie früher ebenfalls regelmäßig eingingen, seien auch weniger geworden. „Die Menschen spenden eher anlassbezogen“, weiß Wienert – für die Kriegsopfer, die Betroffenen des Hochwassers. Für das DRK selbst bleibe immer weniger übrig. Und die Kosten liefen gleichzeitig aus dem Ruder.
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Neben den Spenden gibt es zwar auch Zuschüsse vom Land und Bund für das Katastrophenschutzfahrzeug, und für planmäßige Wachdienste auf Veranstaltungen wie die Voerder Kirmes gibt es ebenfalls Geld. Abgerechnet werden können auch Krankenfahrten, die das DRK leistet, wenn der Rettungsdienst im Kreis Unterstützung benötigt. „Wir sind aber eine rein ehrenamtliche Gruppe“, sagt Wienert und macht deutlich, dass das Geld nicht reicht, um die Arbeit des DRK Ennepetal in Gänze und vor allem auf Dauer zu finanzieren. Er nennt ein Beispiel aus der Krisenarbeit: Auch die Ennepetaler halfen im Ahrtal mit, als so viele Menschen in den Wassermassen starben, so viele ihr Zuhause verloren.
Kosten laufen davon
Die Stiefel der Einsatzkräfte seien anschließend voller Fäkalien und Diesel gewesen, völlig verschlammt, „doch wir können es uns nicht leisten, neue Schuhe zu kaufen“, sagt Wienert. Dafür gibt es keine öffentlichen Mittel, das muss aus der eigenen Kasse bezahlt werden. Ein Paar Arbeitsstiefel kostet 200 Euro, die Ausrüstung etwa 1000 Euro. Die Ausstattung für den Rettungswagen sei auch unbezahlbar geworden. Ein EKG oder ein Beatmungsgerät koste 30.000 bis 40.000 Euro, so Wienert. Das sei ein Vielfaches von dem, was es noch vor wenigen Jahren kostete.
Aktueller Anlass für den gemeinsamen Vorstoß von SPD und CDU ist der Zustand der technischen Ausrüstung. „Der Fahrzeugbestand des DRK Ennepetal ist teilweise stark in die Jahre gekommen – die Fahrzeuge sind teilweise älter als 15 Jahre. Das DRK ist für die Beschaffung von Ersatz auf Spenden und Unterstützung angewiesen und kann auch nicht auf Einnahmen aus dem Rettungsdienst zurück greifen“, schreiben die Fraktionen und ergänzen: „Als Stadt statten wir die Feuerwehr aus – auch unsere ehrenamtlichen Kräfte. Viele Vereine und Organisationen werden aktiv von der Stadt unterstützt und finanziert. Wir halten es für angemessen auch das DRK, die Johanniter und andere Hilfsorganisationen zu unterstützen.“
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Markus Wienert und sein Team sind dankbar für den Vorstoß. Der Rotkreuzleiter weiß, dass so etwas alles andere als üblich sei, ihm mit Euskirchen nur eine Stadt bekannt sei, die das DRK in dem Maße unterstützte. Dort ersetzte die Stadt ein Fahrzeug, das im Hochwasser verloren ging. In Ennepetal geht es um das fast 20 Jahre alte Einsatzleitfahrzeug. Die Ausrüstung sei nicht mehr zeitgemäß und nicht ausgerichtet auf drohende Gefahrenlagen wie Stromausfall, Ausfall des Telefonnetzes. Satellitenverbindungen müssten dringend her, und ein Fahrzeug, auf das man sich verlassen kann. Wie viel so etwas kostet? Dazu kann Wienert zu diesem Zeitpunkt keine Aussage treffen, weil eine Schätzung aufgrund von Lieferzeiten, Rohstoffmangel und stetig steigender Preise kaum möglich sei. Bei der Feuerwehr kostete in Vergangenheit ein vergleichbares Fahrzeug 150.000 bis 180.000 Euro, für das DRK wäre es sicherlich günstiger zu haben, weil es weniger Vorgaben für die Ausstattung gibt.
Aus Sicht von CDU und SPD geht es darum, die Notfallversorgung zu unterstützen, kritische Ausrüstungslücken zu identifizieren, die die Hilfsorganisationen nicht schließen können „und einen Betrag in den Haushalt einzustellen, der geeignet ist, die Lücken sukzessive zu schließen. Konkret bitten wir darum zu prüfen, wie ein Fahrzeug des DRK ersetzt beziehungsweise das DRK beim Ersatz unterstützt werden kann, und entsprechend notwendige Haushaltsmittel in der Änderungsliste vorzusehen.“
Rücklagen dafür, das Fahrzeug selbst anzuschaffen, gibt es nicht mehr. Erst im August investierte das DRK Ennepetal 50.000 Euro in den eigenen Kommandowagen. „Dafür haben wir drei Jahre regelrecht um Spenden gebettelt“, sagt Wienert. Er ist gespannt, was Politik und Stadt entscheiden und froh, dass die Politik das Thema aufgenommen hat, und dankbar im Namen all der ehrenamtlichen Kräfte.
Verwaltung sieht einige Hürden
Die Ennepetaler Stadtverwaltung sieht derweil einige Hürden bei der Umsetzung hinsichtlich der von SPD und CDU beantragten Unterstützung des DRK und anderer Hilfsorganisationen. Nun sollen zunächst die Möglichkeiten ausgelotet werden, die eventuell genutzt werden könnten. In einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses für Feuerwehr, Ordnung und Verkehr soll über das Thema weiter beraten werden. Diesem Vorschlag der Verwaltung folgte der Hauptausschuss, in den der Antrag als Tischvorlage eingebracht worden war, einstimmig.
Ein Problem sieht die Verwaltung darin, dass es sich bei einer Unterstützung um eine Spende der Stadt an Dritte handele – eine Zahlung ohne Rechtsgrund und konkrete Gegenleistung. Dies sei angesichts der angespannten Haushaltslage schwer zu vertreten, Zudem schaffe man – ungeachtet des unbestritten wertvollen Beitrags des DRK und anderer Hilfsorganisationen – einen Präzedenzfall für viele andere Vereine und ehrenamtliche Organisationen, die wichtige Aufgaben für die Gesellschaft und die Stadt Ennepetal übernehmen.
Unterstützung bei Fördermittelakquise
Außerdem, so die Verwaltung weiter, seien Brandschutz und Hilfeleistung eine kommunale Aufgabe, für die entsprechende gemeindliche Einrichtungen (Feuerwehr) vorzuhalten seien. Darüber hinaus gehende finanzielle Unterstützungen oder Beteiligungen von Hilfsorganisationen durch die Kommune seien nicht vorgesehen und insoweit gesetzlich nicht gewollt. Nicht zuletzt seien Hilfsorganisationen gemeinnützig, ihre Mitarbeiter und Projekte würden durch Spenden und privatwirtschaftliche Angebote (Essen auf Rädern, Pflegeangebote etc.) finanziert. Anerkannte nichtstaatliche Hilfsorganisationen würden staatliche Zuschüsse von Bund und Land erhalten, eine darüber hinaus gehende Unterstützung aus staatlichen Mitteln sei nicht vorgesehen, so die Verwaltung. Für eine auskömmliche Finanzierung von Ortsverbänden seien die jeweiligen Dachverbände verantwortlich.
Die Verwaltung sieht unter diesen Voraussetzungen in erster Linie eine nicht finanzielle Unterstützung als Möglichkeit, beispielsweise in Form von Beratung und Akquiseunterstützung durch die Stabstelle „Fördermittelmanagement“.