Schwelm. Nach dem Lindermann-Rauswurf soll ausgerechnet der mächtigste CDU-Mann im Ennepe-Ruhr-Kreis neuer Sparkassen-Chef in Schwelm werden. Alle Infos.
Nach dem Sparkassen-Skandal in Schwelm um den fristlos gekündigten Vorstandsvorsitzenden Michael Lindermann, lässt der Verwaltungsrat der Sparkasse Schwelm-Sprockhövel mit der Nachfolgeregelung eine Bombe platzen, deren Druckwellen im gesamten Ennepe-Ruhr-Kreis zu spüren sein werden: Der mächtigste CDU-Mann im Kreis, Oliver Flüshöh (47), wird Vorstandsvorsitzender des Kreditinstituts – allerdings erst in zwei Jahren, weil er die Regelqualifikation für den Posten nicht besitzt. Bis dahin wird Christoph Terkuhlen vom kommissarischen zum vollwertigen Chef der Sparkasse.
200 Bewerbungen – kein Treffer
Der Valentinstag wird zu einem immer bedeutenderen Datum für die Schwelmer und Sprockhöveler Sparkasse. Am 14. Februar 2022 gab der Verwaltungsrat die Trennung von Michael Lindermann bekannt. Exakt ein Jahr später versendet er die Mitteilung mit der Nachfolgeregelung. Dazwischen lagen eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Ex-Chef, die im Dezember mit einer Einigung endete.
Da lief bereits das Bewerbungsverfahren seit einigen Wochen. „Es sind bereits zahlreiche Bewerbungen bei uns eingegangen“, teilte der Verwaltungsratsvorsitzende und SPD-Stadtrat Hans-Werner Kick damals im Gespräch mit dieser Zeitung mit. Mitten drin im Prozess war stets Oliver Flüshöh. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt Schwelm bekleidete zudem den Vorsitz des Risiko-Ausschusses der Schwelmer Sparkasse, war tief involviert in die Trennung von Michael Lindermann, der mit seinem cholerischen und unangemessenen Verhalten immer mehr langjährige Mitarbeiter von der Sparkasse vertrieben hatte und sich diverse arbeitsrechtlich relevante Ungereimtheiten geleistet hatte, die am Ende zur Trennung führten. Ebenso ist Oliver Flüshöh Vorsitzender des Hauptausschusses der Sparkasse, des Gremiums, das über die Neubesetzung des Vorstands befindet.
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Aber dieses Bewerbungsverfahren endete ohne einen neuen Sparkassen-Chef. Warum das der Fall gewesen ist erläutert Hans-Werner Kick. „Ein Pool aus 200 Bewerbern hatte sich nach mehreren Runden auf drei verbliebene Kandidaten reduziert.“ Einer habe von sich aus abgesagt, bei den beiden verbliebenen Kandidaten, die jeweils mindestens 100 Kilometer entfernt von Schwelm wohnen, seien die Zweifel zu groß gewesen, dass sie sich mit der Stadt und der Region identifizieren. Wenn jemand von einer großen Sparkasse als Vorstandsvorsitzender nach Schwelm kommt, wie lange bleibt er? Will ein anderer, jüngerer vielleicht die Sparkasse nur als Sprungbrett nutzen? „Wir hatten bei keinem Bewerber das Gefühl, dass es passen würde“, sagt Kick.
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Roland Zimmer, ehemaliger Schwelmer Sparkassen-Vorstand, mittlerweile für die FDP im Verwaltungsrat und in eben dem mit der Personalsuche befassten Hauptausschuss, habe schließlich Oliver Flüshöh – Bankkaufmann und Volljurist – ins Spiel für den Vorstandsposten gebracht. Aber: Der besitzt die erforderliche Geschäftsleitereignung nicht, so dass er nun zwei Jahre lang quasi eine Fortbildung zum Vorstand erhalten soll.
Zum 1. April wird Oliver Flüshöh als Generalbevollmächtigter bei der Sparkasse seinen Dienst antreten, zeitgleich wird Christoph Terkuhlen bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Frühjahr 2025 offiziell Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Schwelm-Sprockhövel.
„Wir brauchen volle Identifikation, wir brauchen Kontinuität, das gewährleistet diese Lösung. Oliver Flüshöh wird in der Hierarchie unterhalb des Vorstands und oberhalb der Führungsebene angesiedelt“, sagt Hans-Werner Kick. Was ist mit Daniel Rasche, der aktuell Vorstandsmitglied in Schwelm ist? „Dieser Wunsch ist nicht an uns herangetragen worden“, sagt der Verwaltungsrats-Chef.
Das nun erdachte Vorgehen sei mit dem Sparkassen-Verband Westfalen-Lippe abgesprochen, dort habe man den Schwelmern gesagt, dieses Vorgehen hätte es auch in anderen Häusern bereits gegeben.
Wirkung auf die Schwelmer
Wie das in der Praxis aussehen wird, erläutert Christoph Terkuhlen, der nach eigenen Angaben ebenfalls davon überrascht wurde, dass er nun den Vorstandsvorsitz bekleiden wird: „Kreditrisiken, Controlling und andere Dinge wird Oliver Flüshöh von der Pike auf lernen, wird Teil sämtlicher Besprechungsrunden sein und ebenso in die Gremienarbeit involviert werden.“
Terkuhlen selbst war vor vielen Jahren vom Münsterland ins Sauerland in den Vorstand einer Sparkasse gewechselt und hatte dafür einen Umzug auf sich genommen. Im gesamten Sparkassen-Universum sehe es so aus, dass Vorstandsposten kleinerer Sparkassen wie in Schwelm immer schwieriger zu besetzen seien.
Aber nicht zuletzt, weil Oliver Flüshöh an derart vielen entscheidenden Stellen in dieser Entwicklung selbst mitgewirkt hat, bis er sich aus der Entscheidungsfindung zurückgezogen hat, nachdem er selbst der letzte Kandidat geworden war, haben sich die Gremien auch mit der Wirkung dieser Personalentscheidung auf die Schwelmerinnen und Schwelmer beschäftigt.
Dabei ist allen klar, dass der Verdacht in der Bevölkerung aufkommen kann, dass hier Klüngel betrieben wurde. „Ich versichere, dass wir an jeder Stelle sauber gearbeitet haben. Ich richte mich vor allem anderen nach dem Wohl für die Sparkasse. Und an dieser Stelle bin ich überzeugt, dass wir die beste Lösung gefunden haben“, sagt Hans-Werner Kick.
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Oliver Flüshöh selbst sagt auf Nachfrage der Redaktion: „Ich bin gefragt worden, ob ich mir das vorstellen kann und habe mich dazu entschieden, dass ich nun im Leben noch einmal etwas ganz anderes machen möchte.“
An keiner Stelle seien Dinge unsauber gelaufen, unterstreicht Flüshöh und betont weiter: „Ich weiß, dass das nicht einfach wird, aber ich freue mich sehr auf meine neuen Aufgaben, auf die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern, dem Vorstand und den Gremien.“
Von allen seinen politischen Ämter – CDU-Fraktionsvorsitz im Ennepe-Ruhr-Kreis, CDU-Parteivorsitz im Ennepe-Ruhr-Kreis, CDU-Fraktionsvorsitz in der Stadt Schwelm, Aufsichtsratsvorsitz bei EN Wohnen, Aufsichtsrat bei der AVU, um nur die wichtigsten zu nennen – tritt der Schwelmer zum 31. März zurück. Auch mit seinem Hauptarbeitgeber – er ist Landesgeschäftsführer der Kommunalpolitischen Vereinigung der NRW-CDU – ist bereits alles geklärt, so dass er zum 1. April seine Stelle in der Schwelmer Sparkasse antreten kann.
Zuletzt war der Posten des Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Schwelm-Sprockhövel mit 360.000 Euro pro Jahr vergütet.
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