Schwelm. Enkeltricks verursachen allein im EN-Kreis Millionen-Schäden – nun geht die Polizei mit Hilfe potenzieller Opfer gegen die Profi-Verbrecher vor.
Bei den Summen, die die Täter erbeuten, lohnt sich der Aufwand offenbar. Mit Schockanrufen, WhatsApp-Nachrichten und anderen Versionen des Enkeltricks haben Betrüger ihren Opfern allein im Ennepe-Ruhr-Kreis in den vergangenen Jahren Millionen Euro gestohlen. Einzelne haben ihre gesamten Ersparnisse übergeben, stehen vor dem finanziellen Ruin. Im Kampf gegen die mafiösen Banden, die es in Windeseile schaffen, Menschen so sehr in Panik zu versetzen, dass ihr rationales Denken blockiert, setzt die Kreispolizeibehörde auf ungewöhnliche Hilfe: Rentner sollen eine wichtige Rolle im Kampf gegen diese Form der organisierten Kriminalität spielen. Mitmachen kann im Prinzip jeder und jede.
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Dabei gehen die Senioren-Sheriffs nicht aktiv auf Verbrecher-Jagd, sie sollen viel mehr dazu beitragen, ihre Freunde und Familie, Bekannte, Nachbarn und auch völlig Fremde davor zu bewahren, auf die perfiden Maschen hereinzufallen. Denn eines eint sämtliche Opfer dieser weiterhin ausgesprochen erfolgreichen Betrugsmaschen: Sie sind zwischen 60 und 90 Jahre alt und sie lassen sich ködern mit ihrer Angst um Kinder, Enkel, Ehepartner. „Am Telefon laufen komplette Schauspiele ab. Menschen kreischen im Hintergrund, andere rufen um Hilfe“, sagt Kriminalhauptkommissarin Bettina Frauenstein, die gemeinsam mit Kriminalhauptkommissarin Kirsten Gehrisch die Aktion für die Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr initiiert hat.
Ab 65 Jahren bei der Polizei willkommen
Offiziell heißen die Rentner-Polizisten Seniorenlotsen und sind keine neue exklusive Erfindung aus dem Schwelmer Kreishaus. „Beim Polizeipräsidium Bochum, von wo aus auch Witten mitbetreut wird, läuft das Programm seit vielen Jahren sehr erfolgreich“, sagt Bettina Frauenstein. Und das steckt dahinter: Wer mindestens 65 Jahre alt ist, kann sich zum Freund und Helfer für andere Senioren ausbilden lassen. In der Praxis sollen die Lotsen vor allem Präventionsarbeit leisten. Das heißt ganz konkret: Sie werden in der Nachbarschaft, in Vereinen, auf Messen oder an Präventionsständen der Polizei die Menschen aus ihrer Altersklasse über die Gefahren und das Vorgehen der Täter aufklären.
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Eines zeigt die Realität seit vielen Jahren mit konstant hohen bis steigenden Fallzahlen und einer mutmaßlichen enormen Dunkelziffer, von Menschen, die nicht zugeben, dass sie auf solche Maschen hereingefallen sind: Die Haltung „Mir kann so etwas nicht passieren“ schützt überhaupt nicht davor, viel Geld an Verbrecher zu verlieren. Die Männer und Frauen verfügen über eine exzellente rhetorische wie auch psychologische Ausbildung. „Sie verstehen es, die Seniorinnen und Senioren gezielt unter Stress zu setzen und sich deren Sozialverhalten zunutze zu machen“, schreibt Polizeisprecherin Sonja Wever dazu. Im Klartext heißt das: „Gerade die ältere Generation hat noch eine deutlich größere Obrigkeitshörigkeit und fällt deshalb schneller auf falsche Polizisten rein“, erläutert Bettina Frauenstein.
Nun soll mit den Rentner-Cops Hilfe aus der eigenen Generation kommen, die sensibilisiert, die das Thema präsent hält, die sich aber eben auch in die Gefühlswelt und Lebenswirklichkeit der bevorzugten Opfer gut hineindenken kann.
Projekt startet zunächst in Schwelm
Der Startschuss für das Projekt findet in Schwelm statt, wo die Polizei gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in die offensive Werbung geht für die ersten Rentner im ehrenamtlichen Polizeidienst des Ennepe-Ruhr-Kreises. „Wir haben schon einige Interessenten, aber grundsätzlich kann sich jeder bei uns melden. Sie sind engagiert, hilfsbereit, kommunikativ sowie über 65 Jahre alt? Dann melden Sie sich jetzt bei den Kolleginnen des Kriminalkommissariats Prävention/Opferschutz unter der Telefonnummer 02336/9166-2951“, heißt es im Schreiben der Polizei, das diese am Freitag, 10. Februar veröffentlichte. Und der Erfolg stellte sich sofort ein: „Nur Minuten, nachdem die Sache im Internet stand, hatten wir die erste Anfrage“, sagt Sonja Wever. Die Schulung wird am 21. und 22. März 2023 im Schwelmer Leo-Theater stattfinden. Am Ende gibt es für alle Teilnehmer ein Zertifikat und Visitenkarten beziehungsweise Ausweise, damit sie während ihrer Arbeit auch nachweisen könne, dass sie selbst keine falschen Polizisten sind.
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Auch wenn das Projekt durch die Kooperation zunächst nur in Schwelm startet, kann dies bei Interesse sofort auf die weiteren Städte des Ennepe-Ruhr-Kreises ausgeweitet werden, um auch dort auf diese neue Weise gegen die Betrüger vorzugehen. „Gern können sich daher bei uns natürlich auch Leute aus Gevelsberg und Ennepetal melden“, sagt Bettina Frauenstein, die sich auf die Unterstützung in der Präventionsarbeit bereits sehr freut.
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