Gevelsberg. Diese Untersuchung zur Fledermauspopulation der Biologischen Station könnte eine Vorentscheidung für den Radweg im Silscheder Tunnel werden.

Ist das der Anfang vom Ende für die Radweg-Pläne durch den Silscheder Tunnel? Der Landesbetrieb Straßen NRW plant bekanntlich, seinen Radweg durch das stillgelegte Eisenbahnbauwerk zu führen. Eine Entscheidung, ob das möglich ist oder nicht, ist noch nicht gefallen. Doch die nun im Naturschutzbeirat des Ennepe-Ruhr-Kreises vorgestellte Untersuchung der Biologischen Station könnte eine Vorentscheidung sein. „Der Tunnel lässt sich als das wichtigste bekannte Fledermausquartier im Kreis bezeichnen“, sagte die Leiterin Dr. Britta Kunz. „Bei einem Quartiersverlust ist mit einem erheblichen negativen Einfluss auf die lokale Federmauspopulation zu rechnen.“

Der Vortrag der Biologischen Station war von vielen Besucherinnen und Besuchern erwartet. Selten ist eine Naturschutzbeiratssitzung auf den Zuschauerplätzen so voll belegt. Alleine das macht das große Interesse an dem Thema deutlich. Zur Erklärung vorab: Der Naturschutzbeirat hat nur eine beratende Funktion. Der Beirat könne zwar auf Fehlentwicklungen hinweisen und die Behörden beraten, „wir sind aber kein Entscheidungsträger“, erläuterte Vorsitzende Christina Kramer. Und bezogen auf den Vortrag der Biologischen Station zu Fledermauspopulationen stand am Ende eine Kenntnisnahme der Untersuchung.

Hier im Bild die Langohr-Fledermaus, das Foto wurde im Silschede Tunnel aufgenommen, mit einer Kamera, ausgelöst durch eine Lichtschranke.
Hier im Bild die Langohr-Fledermaus, das Foto wurde im Silschede Tunnel aufgenommen, mit einer Kamera, ausgelöst durch eine Lichtschranke. © WP | Biologische Station

Doch zurück zum Vortrag: Die Biologische Station EN hat seit Jahren die Tunnel Silschede, Klosterholz und Schwelm mit Blick auf die Fledermäuse im Fokus, teilte Kunz mit – und zwar auf Auftrag der Höheren Naturschutzbehörde. Es gibt Winterkontrollen, bei denen die Experten mit Taschenlampe ausgestattet sind und die Tunnel untersuchen. Es gibt Netzfänge, Ruferfassungen und Lichtschrankensysteme mit Kamera, die Ein- und Ausflüge der Tiere dokumentieren. Die jüngsten Ergebnisse für den 845 Meter langen und 1983 stillgelegten ehemaligen Eisenbahntunnel zwischen Asbeck und Silschede: Hier kommen mindestens 12 von 15 bekannten Fledermausarten im Kreis vor, eine 13. lebt vor den Portalen. Drei Arten seien zudem besonders zu schützen: das Große Mausohr, die Teich- und Mopsfledermaus.

13 von 15 Arten entdeckt

Die Biologische Station kommt bei der Untersuchung zu dem Schluss: „Der Tunnel weist anscheinend spezielle Habitat-Qualitäten auf (Größe, Mikroklima, Vielzahl unterschiedlicher Spaltenangebote für Ansprüche vieler Arten), die offensichtlich so nicht in anderen Quartieren vorliegen.“ Und im Gegensatz zu vielen anderen Tunneln gebe es ganzjährig eine Aktivität in Silschede. Das hätten die Aufzeichnungen in den Jahren 2020 und 2021 eindeutig ergeben. Dr. Britta Kunz erklärt: „Es gibt damit keinen störungsfreien Zeitraum“ und bezieht sich auf das notwendige Bauzeitenfenster für einen möglichen Radweg.

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Wie es jetzt für den Silscheder Tunnel und damit für das gesamte Radwegprojekt weitergeht? Der Landesbetrieb muss als Vorhabensträger einen Antrag an den Ennepe-Ruhr-Kreis stellen, heißt es aus dem Kreishaus. Dann können die Naturschutzbehörden entscheiden, ob es mit Blick auf den Artenschutz möglich ist, den Radweg umzusetzen.

Straßen NRW teilt auf Nachfrage mit, dass ein Umweltfachbüro beauftragt sei, einen Weg zu finden, wie die notwendigen geologischen Voruntersuchungen im Tunnel mit dem Schutz der Fledermäuse vereinbar wären. Projektleiter Thomas Schittkowski teilte auf Nachfrage dieser Zeitung mit, dass die Behörde ihr Möglichstes tue und die Tunnelpläne weiter verfolge, es aber auch rechtliche Belange gebe, über die man sich nicht hinwegsetzen könne, wie eben den Artenschutz. Wenn es keine Möglichkeit gibt, dann würde auch kein Antrag gestellt werden können.

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Bis zum Sommer, so die Planung, sollen die Einschätzungen des Fachbüros vorliegen, dann würden die nächsten Schritte entschieden. Schittkowski macht deutlich, dass Voruntersuchungen ergeben hätten, „dass der Silscheder Tunnel in einem schlechteren Zustand ist, als es der Klosterholztunnel je gewesen sei“, obwohl sie im gleichen Zeitraum gebaut wurden. Beide wurden 1934 in Betrieb genommen und 1983 still gelegt. Um die dauerhafte Standfestigkeit des Silscheder Tunnels zu gewährleisten, seien erhebliche Maßnahmen notwendig.

Fachbüro beauftragt

Seit Jahren wird über den Radweg von Straßen NRW durch den Silscheder Tunnel diskutiert. Die Stadt Gevelsberg macht sich dafür stark, dass die Durchfahrt Teil des Radweges wird, der von Wetter nach Gevelsberg führt. Dadurch müsste die ehemalige Trasse nicht verlassen werden und die Radler ersparen sich die Umfahrung mit massiver Steigung. Georg Schäfer vom Fachforum Radverkehr sieht in der geplanten Wegeverbindung einen wichtigen Schritt zur Verbesserung des Alltagsradverkehrs und auch für den Tourismus.

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Er hofft auf eine Lösung, die den Artenschutz und den Radwegebau vereinen kann. „Mit dem Radweg könnte man von Witten bis Schwelm fast geradeaus und ohne Steigung fahren und braucht nur 19,6 Kilometer, wenn der Weg durch den Silscheder Tunnel führt.“ Das wäre eine erhebliche Verbesserung für Radler, sagt Schäfer. Stefan Voigt, der den Schwelmer Tunnel besitzt und zusammen mit den Städten Schwelm und Gevelsberg einen Radweg gebaut hat, plädierte in der Sitzung dafür, alle Belange unter einen Hut zu bekommen. „Außerdem gibt es sicherlich keinen Tunnel, der so intensiv untersucht wurde“, machte er deutlich.

Vertreter des Nabu erklärten im Naturschutzbeirat, dass es beim Artenschutz keinen Auslegungsspielraum gebe, dass Bundes- und Europarecht gelte, was den Artenschutz betrifft. Ralf Steiner (Nabu) betonte, dass aufgrund der Einzigartigkeit des Habitats im Tunnel der Fledermausschutz Vorrang haben sollte.

Bleibt abzuwarten, zu welchen Ergebnissen das vom Landesbetrieb beauftragte Fachbüro kommt. Die Untersuchungen der Biologischen Station fließen mit Sicherheit ein.

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