Gevelsberg. Der Ennepe-Ruhr-Kreis hat einer Firma aus Gevelsberg untersagt, ihre Corona-Teststellen weiterzubetreiben. Das steckt dahinter.
Marec Hasenbeck ist fassungslos. Gerade bereitet er sich darauf vor, sein Unternehmen zu vergrößern und einen ambulanten Pflegedienst an den Start zu bringen – da erreicht ihn die Schocknachricht: Der Ennepe-Ruhr-Kreis verbietet ihm, seine drei Corona-Teststellen weiterzubetreiben. Davon betroffen sind nach Angaben des 25-Jährigen 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an allen Standorten.
Hasenbeck ist Geschäftsführer der MBD Medizin und Brandschutz Süd GmbH. Das Unternehmen mit Standorten in Bad Saulgau (Baden-Württemberg) und Gevelsberg ist breit aufgestellt, bietet neben Corona-Tests auch Notfalltrainings, die Brandschutzhelfer-Ausbildung, Erste-Hilfe-Kurse, einen Sanitätsdienst und die Wartung von Defibrillatoren und Rauchmeldern an.
Neuerdings ist Hasenbeck auch Inhaber der Firma MBD Medizin und Brandschutz. Vorher teilte er sich mit einem Geschäftspartner eine GbR, das steht für Gesellschaft bürgerlichen Rechts. An dieser Stelle wird schon deutlich, wie kompliziert die folgende Geschichte für Außenstehende wirkt. Als Hasenbeck und sein Geschäftspartner sich trennten, lösten sie die GbR auf und gründeten laut einer Vereinbarung jeweils ein neues Einzelunternehmen. Hasenbecks Corona-Teststellen waren über die alte GbR angemeldet, also meldet er sie über sein neues Unternehmen wieder an. Der Ennepe-Ruhr-Kreis als zuständige Behörde erteilt der neuen MBD Medizin und Brandschutz aber keinen neuen Auftrag zum Betrieb der Teststellen.
An- und Abmeldung im Dezember
„Wir sind ein medizinisches Fachunternehmen und arbeiten mit geschulten Kräften“, fängt Marec Hasenbeck an, seinem Ärger Luft zu machen. „Ich kann nicht nachvollziehen, wieso so ein Unternehmen dann wegen Bürokratie schließen muss.“
Hasenbeck hat mit seiner Firma Teststellen an der Nordstraße in Gevelsberg (fester Standort), an der Gasstraße in Ennepetal (Sanitätscontainer) und an der Ecke Windmühlenstraße/Langscheider Straße in Breckerfeld (ein Test-Bus) betrieben. Zum Montag, 16. Januar, musste er sie schließen. Die Nachricht erreichte ihn am Freitag vorher, den 13. Die frühere GbR ab- und das neue Unternehmen angemeldet hat er bei den drei Städten am 17. und 18. Dezember.
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Und genau da liegt für den Ennepe-Ruhr-Kreis der Hund begraben. „Wäre im Vorfeld eine Absprache mit uns erfolgt, so hätten wir darüber informieren können, dass keinesfalls eine Gewerbeabmeldung erfolgen darf“, erklärt Lisa Radtke, Sprecherin des Ennepe-Ruhr-Kreises, die die Redaktion auf den Fall von Marec Hasenbeck anspricht. „Vielmehr hätten wir über das Erfordernis einer Rechtsformänderung im Zuge eines Gesellschafteraustritts informiert und auf die geltende Rechtslage hingewiesen.“
Überführung in neuen Pflegedienst
Von der Änderung erfahren hat die Behörde nach eigener Aussage durch eine Anfrage der Stadt Ennepetal. Dabei sei es um eine Bauvoranfrage gegangen. Hasenbeck hat an seinem Container-Standort am Haus Ennepetal Veränderungen geplant. Wegen der Auflösung der GbR habe er dafür eine neue Baugenehmigung gebraucht, so der Firmeninhaber.
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Er hatte laut eigener Aussage aber andere Dinge im Kopf, als er und sein Geschäftspartner sich trennten. „Für mich ging es erstmal um die Aufrechterhaltung des Betriebes und die Absicherung der Mitarbeiter“, sagt der Geschäftsführer und betont: „Ich habe auch eine Fürsorgepflicht den Mitarbeitern gegenüber.“
Eigentlich hatte er geplant, sie ab Februar in sein neues Projekt einzubinden. „Ich wollte die Leute, die in den Teststellen gearbeitet haben, in den neuen Pflegedienst übernehmen“, sagt Hasenbeck. Das sollte nach und nach passieren, wie er erklärt. „Es muss sich ja auch erstmal ein Stamm an Patienten bilden“, so der 25-Jährige mit Blick auf sein neues Projekt. Jetzt könne er das Personal vorerst nicht beschäftigen. Es gehe um Vollzeit-, aber auch Teilzeitkräfte. „Bis zu einer Entscheidung sind die erstmal beurlaubt“, sagt Hasenbeck. „Das Gehalt muss ich weiterzahlen, ich müsste sonst ja auch Kündigungsfristen einhalten.“
Steuerkanzlei widerspricht Behörde
Der Unternehmer möchte nun Widerspruch einlegen und seine Teststellen weiterbetreiben. Der Ennepe-Ruhr-Kreis macht aber deutlich: „Eine Möglichkeit zum Weiterbetrieb besteht nicht.“ Dabei beruft die Behörde sich auf die Coronavirus-Testverordnung. Seit dem 1. Juli 2022 dürften demnach keine neuen Leistungserbringer mehr zugelassen werden. „Durch die Neuanmeldung des Gewerbes handelt es sich formal um einen Neuantrag, der nur negativ beschieden werden kann“, erklärt Sprecherin Lisa Radtke.
Pflegedienst stellt sich beim Abendmarkt vor
Die MBD Medizin und Brandschutz Süd GmbH startet ihren neuen ambulanten Pflegedienst im Februar und möchte am Freitag, 27. Januar, im Zuge des Abendsmarkts interessierte Menschen an seinem Standort in der Mittelstraße 18 darüber informieren.
„Im Rahmen des Abendmarkts werden wir geöffnet haben und mit Hilfe eines Glücksrads kleine Gewinne verteilen“, kündigt Sarah Bünder, Fachbereichsleiterin Pflege der MBD Medizin und Brandschutz Süd GmbH, an.
Marec Hasenbeck lässt sich von einem Gevelsberger Steuerbüro beraten. In einer Mail der Kanzlei an den Ennepe-Ruhr-Kreis heißt es: „Im Auftrag unseres Mandanten erhalten Sie beigefügt die Auflösungsvereinbarung der GbR. Hier tritt automatisch die sog. Rechtsnachfolge in Kraft. Aus unserer Sicht handelt es sich demnach um eine Übernahme der geschäftlichen Tätigkeit und keine Neugründung. Steuerrechtlich spricht man hierbei auch von einen Buchwertübertrag.“
Da mit der Auflösungsvereinbarung gleichzeitig bestätigt werde, dass beide Gesellschafter ein jeweils neues Einzelunternehmen gründen, bedürfe es aber einer neuen Beauftragung für die Teststellen, argumentiert der Ennepe-Ruhr-Kreis in einem Antwortschreiben dagegen. „Aus der Unterlage wird eine Rechtsformänderung mit Übernahme der geschäftlichen Tätigkeit nicht erkenntlich“, heißt es.