Schwelm. Die Märkische Apotheke in Schwelm schlägt Alarm. Medikamente – gerade für Kinder – sind Mangelware. Jetzt stellen sie selbst welche her.
Katrin Hackbarth ist Apothekerin aus Leidenschaft. Seit mehr als 15 Jahren betreibt sie eine Apotheke in Bochum, seit genau einem Jahr hat sie zudem die Märkische Apotheke ihrer Mutter übernommen. „Mir macht das einfach Spaß – auch mit diesem tollen Team“, sagt die Schwelmerin. Dennoch stehen sie und das gesamte Team der Märkischen Apotheke derzeit vor einer großen Herausforderung: Corona, RS-Virus und Grippewelle sorgen dafür, dass zahlreiche Menschen krank sind. Das Problem? Es gibt nicht genügend Medikamente. Insbesondere Fiebersaft und Fieberzäpfchen für Kinder sind Mangelware. „Unsere Kleinsten können nur eingeschränkt versorgt werden. Da haben wir jetzt gesagt, ,es reicht’“, betont die Schwelmer Apothekerin. Vor Ort in der Märkischen Apotheke stellt das Team nun eigene Fiebersäfte und Fieberzäpfchen her. Allerdings gelten hier strikte Regeln.
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„Es fehlt deutschlandweit an Fiebersäften und Zäpfchen für unsere Kleinsten, das ist auch in Schwelm nicht anders“, sagt Katrin Hackbarth im Gespräch mit der Redaktion. Aufgrund der massiven Krankheitswelle, die nun bereits seit mehreren Monaten anhalte, übersteige die Nachfrage das Angebot, so die simple Erklärung der Apothekerin. Und das sei ein riesiges Problem.
Doch wie konnte es eigentlich so weit kommen? Die Schwelmerin erklärt, dass es vor allem an Herstellern fehle, die in Deutschland produzieren. Ein Großteil stelle die Medikamente in Fernost her. Und genau das sei derzeit eine enorme Hürde. „Es entstehen so als Folge lange Lieferketten, um die so wichtige Kinderarznei, zum Beispiel aus China, hierher zu schaffen. Lieferketten werden durch Exportstopps wegen der massiven Coronawelle in China bewusst unterbrochen, China benötigt seine Kinderarznei zur Zeit selbst“, so Hackbarth.
Doch es fehle auch an einfachen Dingen wie Verpackungsmaterialien. Ohne fehlende Kartonage könne der Saft nicht verpackt und geliefert werden. Daher hat die Märkische Apotheke entschieden: „Wir produzieren nun für Notfälle Fiebersäfte und Zäpfchen selbst.“
Dabei ist wichtig: Das Team stellt die Medikamente für die Kleinsten nicht im großen Stil wie die Industrie her. „Aber in kleinen Mengen, auf Anfrage, wenn ein Kind wirklich akut krank ist“, erklärt die leidenschaftliche Apothekerin. Und wenn ein Kind unter gar keinen Umständen Tabletten schlucken kann, weil es zum Beispiel noch viel zu klein dafür ist. Das versuchen Katrin Hackbarth und ihre Mitarbeiter immer wieder den Kunden zu erklären.
Denn bei den selbst hergestellten Säften und Zäpfchen weichen die Haltbarkeit und die Preise deutlich von denen aus der Industrie ab. „Das geht leider nicht anders, schließlich handelt es sich hier um handgefertigte Rezepturen, die einzig und allein dem Zweck dienen, echte Versorgungslücken zu schließen.“„So kostet ein einfacher Paracetamolsaft mit 100 Millilitern um die 20 Euro, muss im Kühlschrank gelagert werden, ist nur 28 Tage haltbar. Er dient also der reinen Akutversorgung und nicht der prophylaktischen Bevorratung in der Hausapotheke“, betont die Schwelmerin. Sie ist schockiert, dass es so weit kommen konnte. Dennoch verlieren ihr Team und sie selbst niemals den Spaß und die Leidenschaft an ihrem Beruf. „Hier ist immer viel los und im Moment sind es einfach schwierige Zeiten, daher versuchen wir, unsere Freude zu übertragen. Ein Lächeln hilft weiter, sage ich mir.“
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Doch in dem Gespräch mit der Inhaberin der Märkischen Apotheke wird deutlich: Die Lage ist ernst. Und daher bittet Katrin Hackbarth umso mehr darum, dass auf die selbst hergestellten Säfte und Zäpfchen wirklich nur im Notfall zurückgegriffen wird. „Älteren Kindern und auch Kindern ab vier Jahren können Paracetamol-Tabletten gegeben werden, je nach Alter dann in geteilter, zerkleinerter oder gemörserter Form.“ Bei Fragen können Kunden die Mitarbeiter vor Ort jederzeit ansprechen, damit gemeinsam ein passendes Medikament und eine passende Dosierung gefunden wird. Denn das Wichtigste sei, dass es den kleinsten Schwelmerinnen und Schwelmern, so die Apothekerin, schnell wieder besser geht.
Infobox: Einen Medikamentenmangel gibt es derzeit nicht nur mit Blick auf Fiebersäfte oder Zäpfchen für Kinder. Auch Blutdrucktabletten, Insulin, verschiedene Antibiotika, Asthmamedikamente und sogar Krebsmedikamente für Erwachsene seien Mangelware. Allerdings sei es hier einfacher, auf Alternativen auszuweichen, so Hackbarth.