Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Vor allem in Gevelsberg hatte der Starkregen Schäden hinterlassen. Sachverständiger Axel Hellmann erklärt, worauf es bei Förderanträgen ankommt.

Das Hochwasser im Juli 2021 hat in Teilen Deutschlands eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Auch Gevelsberg, Ennepetal und Schwelm waren betroffen – das allerdings unterschiedlich stark. Vor allem Gevelsberg und Ennepetal sind mehr als ein Jahr nach dem Unwetter noch mit der Aufarbeitung der Schäden beschäftigt.

Eine Aufarbeitung, für die es Geld von Bund und Land gibt. Das würden aber nicht alle in Anspruch nehmen, wie Bausachverständiger Axel Hellmann aus Schwelm erklärt. Er hatte sich auf die Berichterstattung dieser Redaktion zum Hochwasserschutz auf Gut Rocholz in Gevelsberg gemeldet, ein ebenfalls stark betroffener Bereich.

Hellmann sagt: „Das Land NRW hat Mittel in Höhe von rund 12,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Mein Kenntnisstand ist, dass viele Gemeinden, aus welchen Gründen auch immer, noch keine Anträge gestellt haben, obwohl die Mittel abrufbereit sind.“ Problematisch könne es werden, wenn sich die Antragstellung weiter verzögere, da besagte Mittel limitiert seien. Auch im privaten Bereich warnt er vor verpassten Chancen: „Viele Leute wissen nicht, dass es Fördermittel gibt. Viele scheuen bestimmt auch den bürokratischen Aufwand“, so Hellmann.

Hilfe bei Wiederaufbau-Anträgen

Er selbst sei als Bausachverständiger in verschiedenen Flutgebieten in NRW im Einsatz und kenne sich aufgrund dessen, dass er zahlreiche Anträge für Betroffene gestellt habe, bestens mit der Materie aus. Aktiv sei er unter anderem in Beyenburg, aber auch im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Dabei arbeite er auch nach der Förderrichtlinie Wiederaufbau Nordrhein-Westfalen, die konkret auf die Folgen der Starkregen- und Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 abzielt. Über die haben beispielsweise Privathaushalte die Möglichkeit, Aufbauhilfen zu beantragen. Genauso wie sogenannte Unternehmen der Wohnungswirtschaft.

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Dazu steht es in der Förderrichtlinie: „Förderfähig sind [...] Maßnahmen zur Beseitigung unmittelbarer Schäden, bei denen durch direkte Einwirkung des Schadensereignisses bauliche Anlagen und Wege beschädigt oder zerstört wurden.“ Und weiter heißt es: „Diese Schäden können Sachschäden an Vermögenswerten wie Gebäuden, Garagen und vergleichbaren Stellplätzen sowie Hausrat und im Falle von Unternehmen oder privaten Vermieterinnen und Vermietern auch Einkommenseinbußen aufgrund einer vollständigen oder teilweisen Unterbrechung der Geschäftstätigkeit während eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten nach Schadenseintritt umfassen.“

Förderung von Hochwasserschutz

„Alle bisher gestellten Anträge wurden in voller Höhe bewilligt und Gelder ausgezahlt“, sagt Axel Hellmann. Je nachdem, ob ein Gebäude denkmalgeschützt sei oder nicht, unterscheide sich die Höhe der Förderung. Die Beseitigung von Schäden an denkmalgeschützten Gebäuden würde bis zu 100 Prozent gefördert. „Sie können aber auch zukünftige Maßnahmen zum Hochwasserschutz fördern lassen“, erklärt der Bausachverständige weiter. Bei nicht denkmalgeschützten Gebäuden seien es bis zu 80 Prozent.

Für entsprechende Anträge erstelle er beispielsweise eine Dokumentation der Schäden und differenziere, welche Schäden vor und welche nach dem Hochwasser bestanden. Er sammele außerdem sämtliche notwendigen Dokumente für die Antragsstellung. „Bei Schäden über 50.000 Euro ist ein Gutachten nötig“, sagt Hellmann.

Vor der Bewilligung von Fördermitteln werde jede Rechnung geprüft. „Leute müssen auch angeben, welche Spenden sie bekommen haben. Die Behörde entscheidet dann, welche davon angerechnet werden“, so Hellmann weiter. Er selbst würde seine Dienste bei der Antragsstellung Betroffenen ehrenamtlich anbieten. „Was ich berechne, bekomme ich vom Land bezahlt“, sagt der Schwelmer. Denen, die Hilfe für eine Antragsstellung in Anspruch nehmen wollen, empfehle er aber, sich an offizielle Beratungsstellen zu wenden, beispielsweise von der Caritas oder auch der Diakonie.

Fördergelder für die Kommunen

Der Stand in Sachen Wiederaufbau und Fördermittel ist bei den Kommunen Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal verschieden. „Wir haben vom Land als Soforthilfe für die Bürger einen Betrag in Höhe von 840.000 Euro erhalten“, erklärt Heike Rudolph, Sprecherin der Stadt Schwelm, auf Nachfrage der Redaktion. „Davon wurden 31.000 Euro auf Antrag an verschiedene Schwelmer Bürger weitergeleitet. 809.000 Euro wurden wieder an das Land zurückerstattet.“ Über den Ennepe-Ruhr-Kreis habe die Stadt Schwelm 1.023,51 Euro Flutopferhilfe für städtische Gebäude erhalten.

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Die Stadt Gevelsberg verweist darauf, dass die Kommunen noch bis Sommer 2023 Zeit haben, entsprechende Wiederaufbaupläne vom Rat der Gemeinde beschließen zu lassen und bei der Bezirksregierung zur Förderung einzureichen, um Fördermittel des Landes NRW zur Beseitigung der Flutschäden abzurufen. Soweit hierzu eine Bewilligung vorliege, könnten beispielsweise Einzelförderanträge zur Förderung einzelner Bauwerke, Straßen oder sonstiger in Mitleidenschaft gezogenen Infrastruktur beantragt werden.

Fluthilfeanträge für Unternehmen jetzt bis Juni 2026 möglich

Die von der Flutkatastrophe im Juni 2021 betroffenen Unternehmen können ihre Fluthilfeanträge bis Juni 2026 stellen. Wie die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) mitteilt, hat das Bundesfinanzministerium jetzt der Forderung der IHKs entsprochen und die Frist, die bislang im Juni 2023 endete, um drei Jahre verlängert.

Damit erhalten auch die Betriebe, bei denen sich die Antragsstellung etwa wegen der Beteiligung von Versicherungen oder Sachverständigen schwierig gestaltet, die Chance, von dem Förderprogramm zu profitieren.

Nähere Informationen sind über die SIHK-Krisenhotline (02331 390-333 oder krisenhotline@hagen.ihk.de) erhältlich.

„Anders als bei vielen anderen Förderprojekten ist ein Maßnahmenbeginn vor Bewilligung der Fördermittel nicht förderschädlich“, heißt es aus dem Rathaus. Um die zur Förderung zu beantragenden Kosten möglichst genau angeben zu können, habe sich die Stadt Gevelsberg dazu entscheiden, zunächst einen Großteil der Schäden abzuarbeiten und erst dann den Wiederaufbauplan beschließen und zur Förderung beantragen zu lassen. „Ziel ist es, nach vorheriger Absprache mit der Bezirksregierung den Wiederaufbauplan in der ersten Sitzung des Rates im Jahr 2023 beschließen zu lassen und im Anschluss beim Fördergeber einzureichen“, so die Stadtverwaltung.

In Ennepetal befindet sich die Erstellung des Wiederaufbauplans (WAP) laut Stadt in der finalen Phase. „Anfang 2023 – Mitte/Ende Januar – werden wir den WAP nach Beschlussfassung des Rates auf den Weg bringen“, sagt Stadtsprecher Hans-Günther Adrian. Der Förderbetrag laut Antrag betrage nach heutigem Stand circa drei Millionen Euro. Enthalten seien in diesem Betrag auch die Schäden des Regionalforstamtes (zum Beispiel geschädigte Waldwege) in Höhe von 467.756 Euro, die die Stadt Ennepetal über ihren WAP mit abwickele. 17.278,39 Euro habe die Stadt Ennepetal nach einem Antrag im Juni 2022 zur Förderung von Entsorgungskosten erhalten.