Ennepe-Ruhr. Hunderte Millionen Euro gibt der EN-Kreis für Bauprojekte aus. Warum das eine Investition in die Zukunft ist, erklärt Christian Kappenhagen.

Diese Zahl muss der Normalverdiener erst einmal etwas auf sich wirken lassen: Mindestens 300 Millionen Euro, eher 400 Millionen werden die laufenden und in naher Zukunft geplanten Bauprojekte des Ennepe-Ruhr-Kreises verschlingen. Eine kaum zu fassende Summe, die die Haushalte des Kreises auf Jahre bestimmen wird. Eine Summe, die nur von den Sozialkosten für Hartz IV und Co. geschlagen wird. Eine Summe, hinter der viel mehr steckt als Sanierungen und Neubauten. „Wir investieren in unsere Zukunft, in eine sich wandelnde Arbeitswelt“, sagt Christian Kappenhagen, Fachbereichsleiter Gebäudemanagement, Umwelt, Vermessung und Kataster.

Seit knapp eineinhalb Jahren ist er im Kreishaus – selbst ein dringender Sanierungsfall – tätig und kristallisiert sich als Triebfeder der Veränderung, der Entwicklung, der Modernisierung heraus. Christian Kappenhagen legt erst einmal Zahlen auf den Tisch, die deutlich machen, dass das Portfolio deutlich über das Schwelmer Kreishaus hinaus geht: 41 Liegenschaften hat der Ennepe-Ruhr-Kreis im Besitz oder angemietet. Verwaltungsgebäude, Jobcenter, Schulen, Impfzentrum und so weiter erstrecken sich über 130.000 Quadratmeter Fläche, werden von 9000 Menschen beinahe täglich genutzt.

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Als Kappenhagen seinen Dienst aufnahm, waren viele Dinge bereits in der Planung oder der Umsetzung. Die Sanierung der kreiseigenen Schulen war längst über den reinen Brandschutz hinaus gegangen und wird wohl mindestens 150 Millionen Euro gekostet haben, wenn einmal alles – auch die zusätzlichen Anbauten – fertig ist. Der Beschluss, ein Gefahrenabwehrzentrum zu bauen war ebenso bereits gefasst. 113,5 Millionen Euro sind die aktuelle Summe, mit der die Verwaltung plant. Weitere 100 Millionen Euro sind Plangröße für die Sanierung, da ist die Außenstelle in Witten, die eventuell sogar neu gebaut werden könnte, noch gar nicht eingerechnet. „Wichtig ist: Es geht nicht darum, dass Dinge nichts kosten dürfen. Sie müssen wirtschaftlich sein“, betont Christian Kappenhagen.

Ennepe-Ruhr: Schulen an erster Stelle

Gegen die enormen Bau- und Sanierungskosten stünden am Beispiel der Kreishaus-Sanierung und den Schul-Modernisierungen enorme Einsparungen an Flächen, die die Verwaltung anderweitig anmietet, sowie deutlich sinkende Unterhalts- und Energiekosten. „Wir wollen alle unsere Gebäude in den kommenden 15 Jahren in einen zeitgemäßen, funktionalen und attraktiven Zustand versetzen“, formuliert der Immobilien-Chef der Kreisverwaltung ein klares Ziel. Weiterhin sollen im gleichen Zeitraum alle Gebäude klimaschonend, sicher und wirtschaftlich betrieben werden. „Wir denken überall, wo es möglich und sinnvoll über Geothermie und Wärmepumpen nach. Wir nutzen Dachflächen für Photovoltaik und begrünen sie“, listet Christian Kappenhagen einige Maßnahmen auf und ergänzt: „Ebenso sprechen wir über Lehmzwischenwände anstelle von Gipsplatten.“

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Die Priorisierung hat die Kreisverwaltung bei den Umbauten bereits gefasst, bevor der Mann vom Niederrhein seinen Job in Schwelm aufgenommen hatte. Als erstes werden die Schulen saniert, dann steht das Gefahrenabwehrzentrum (GAZ) auf dem Zettel, anschließend das Kreishaus. Wobei… die Punkte zwei und drei könnten durchaus Änderungen erfahren, hängen sie doch ganz eng zusammen. Und auch an dieser Stelle geht es ums Geld. Denn: Folgen die Entscheidungsträger streng der Priorisierung, könnte der Umbau des Kreishauses erst beginnen, wenn das Gefahrenabwehrzentrum in Ennepetal voll funktionsfähig ist, weil die Kreisleitstelle vom Kreishaus ins GAZ umziehen muss. „Das wäre wohl realistisch für das Jahr 2027“, sagt Kappenhagen.

Daher denkt die Verwaltung über eine Interimslösung nach, die beispielsweise so aussehen könnte, dass die Leitstelle bereits während der GAZ-Bauphase in eine Zwischenlösung mitsamt der Technik einzieht, was wohl eine mittlere einstellige Millionensumme kosten würde. „Aber“, so betont Kappenhagen, „wenn wir dadurch mindestens ein Jahr eher mit der Sanierung des Kreishauses beginnen können, wäre das bei den aktuellen Baupreissteigerungen vielleicht sogar günstiger.“

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Klar ist: Die Sanierung des Kreishauses wird sich nicht auf die Optik reduzieren. Aus den dunklen 70er-Jahre-Räumen, sollen helle, moderne Arbeitsumgebungen werden. Desk-Sharing-Modelle werden Einzug halten, die brutalen Eiche-Einbauschränke fliegen ‘raus. Mit einer Ausnahme: Die Büros von Landrat und Kreisdirektor mit dem gemeinsamen Sekretariat in der Mitte sollen unangetastet bleiben und den Geist des Originalbaus bewahren. Drumherum hält die Gegenwart Einzug, die auch auf Jahrzehnte nutzbar bleiben soll. „Wir wollen uns eine größtmögliche Flexibilität beibehalten“, sagt Christian Kappenhagen.

Es gehe nicht mehr darum, dass jeder sein Büro habe, in dem er 40 Stunden pro Woche präsent sei. Home-Office, mobiles Arbeiten, Projekt-Teams, Besprechungsräume auch für Video-Konferenzen, ein bürgerfreundlicher Eingang und vieles mehr müsse umgesetzt werden. Dafür stockt der Kreis gerade sein Fachpersonal im planerischen Bereich, bei den Ingenieuren und Architekten auf. „Auf der anderen Seite sitzen absolute Fachleute, das muss bei uns für derart große Projekte auch der Fall sein“, sagt Christian Kappenhagen, der keinerlei Angst vor großen Zahlen hat.