Ennepetal. Das Übertragen des städtischen Kanalnetzes an den Ruhrverband würde Millionen in Ennepetals Stadtkasse spülen. Die Politik hat nun entschieden

Über ein Jahr lang ist in politischen Gremien und in der Stadtverwaltung das Thema von allen Seiten betrachtet worden. In der Sondersitzung des Rates der Stadt im großen Saal des Hauses Ennepetal kam es nun zur Abstimmung. Das Ergebnis: Das Kanalnetz der Stadt zur Abwasserbeseitigung wird zum 1. Januar 2023 dem Ruhrverband übertragen, nicht verkauft. 25 Ratsmitglieder stimmten dem zu, vier votierten dagegen. Es gab eine Stimmenthaltung.

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Mit dieser Entscheidung wird die Stadt vom Ruhrverband einen Ausgleichsbetrag von 103,3 Millionen Euro bekommen und wäre damit mehr als die Hälfte aller Schulden los. Aber gibt es noch andere Möglichkeiten, die Schulden getilgt zu bekommen? Karl-Heinz Henkel von den Grünen eröffnete die Diskussion und erinnerte an das Versprechen des Landes NRW und des Bundes, für Altschulden der Städte eine Lösung zu finden.

Auch Diana Hunold-Heymann (Die Linke) wies auf die angekündigte Altschuldenregelung der Landesregierung hin, verwies in ihrer Rede auf deren Kernaussage zu kommunalen Finanzen in der Koalitionsvereinbarung von CDU und Grünen. Diana Hunold-Heymann: „Die Ausage der Koalitionspartner in NRW steht im Raum und muss ins Kalkül gezogen werden. Bei Erfüllung des gemachten Versprechens bliebe es der Stadt erspart, den Vertrag zur Kanalnetzübertragung zu unterschreiben!“

Sie glaubt, dass eine Rückabwicklung des Vertrages in der fernen Zukunft nicht oder nur mit großen finanziellen Schwierigkeiten möglich wäre. Auch die Vorteile für die Stadt bei einer Kanalnetzübertrag zählte Diana Hunold-Heymann auf: Die Zahlung des Ausgleichwertes, die bis 2026 in Aussicht gestellte Entlastung des Haushalts unserer Stadt durch die Kanalnetzübertragung, die Entwicklung der Entwässerungsgebühren bis 2032, sagte aber auch: „Die finanziellen Auswirkungen auf die Entlastung des Haushaltes nach 2026 und die Entwicklung der Gebühren nach 2032 können jedoch noch nicht eingeschätzt werden.”

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Das Zustandekommen des Ausgleichsbetrages von 1,3 Millionen Euro bewertete Linken-Fraktionschef Güzel Albayrak wir ein „Feilschen auf einem orientalischen Basar“. Dieser Vergleich brachte den SPD-Fraktionschef Volker Rauleff auf die Palme. Rauleff stellte klar: „Wir verkaufen nicht unser Tafelsilber!“

Dies betonte auch sein Amtskollege Daniel Heymann von der CDU. Es sei eine Aufgabenübertragung von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zur anderen, die es schon wegen ihrer Größe kostengünstiger könne als die Stadt, so der Fraktionschef.

Für die Grünen begrüßte Prof. Dr. Kurt Bienert den Vertrag, sagte aber auch: „Ein Restrisiko gibt es immer!“ Rolf Hüttebräucker, Chef der Fraktion der Freien Wähler, stellte die Frage: „Warum übernimmt der Ruhrverband, wenn er doch keine Gewinne machen darf!“ Eine Antwort gab es nicht.

Für Theo Bicking (SPD) ist der Ruhrverband immer ein verlässlicher Partner gewesen. „Die Übertragung des Kanalnetzes bedeutet für Ennepetal, dass der Rat der Stadt auch in Zukunft handlungsfähig ist“,“ betonte Bicking und unterstrich so Aussagen von Volker Rauleff.

Stadtkämmerer Tim Strathmann, der „Architekt“ der Übertragung im Rathaus, machte deutlich, dass die Stadt auf den Ruhrverband zugegangen ist und nicht umgekehrt. Strathmann glaubt auch nicht daran, dass Land und Bund in absehbarer Zeit Altschulden der Städte übernehmen. Er wies auf die alten Versprechungen und auf die neuen Äußerungen der Landesregierung hin. Diese Zeitung berichtete bereits ausführlich in einem Interview mit Tim Strathmann über Auswirkungen der Übertragung des Kanalnetzes an den Ruhrverband.