Gevelsberg. Mit der Bäckerei Wolowitz in Gevelsberg schließt nun eine beliebte Bäckerei in der Stadt. Inhaber Rainer Wolowitz spricht über die Gründe.

20 Jahre wären es im nächsten Jahr gewesen. 2003 hat Rainer Wolowitz seine Bäckerei und Konditorei an der Haßlinghauser Straße in Gevelsberg eröffnet. Am Samstag, 29. Oktober, soll Schluss sein. Dann schließt der 62-Jährige für immer. Zu hoch sind mittlerweile die Energiepreise, zu teuer ist der Wareneinkauf. Statt Geld zu verdienen, lege er monatlich sogar noch etwas drauf, erklärt Wolowitz. Deshalb zieht er jetzt – kurz vor der Rente – die Reißleine.

Als er angefangen hat, war er einer von mehreren Bäckern, die im engsten Umkreis ihre Waren anboten. Das ist Jahrzehnte her. Die Entwicklungen in der jüngsten Vergangenheit zwingen nun auch ihn in die Knie.

„Seit dem Ukraine-Krieg sind die Wareneinkaufspreise um 30 bis 50 Prozent gestiegen“, beginnt Rainer Wolowitz zu erklären. Er sitzt an einem der kleinen Tische in seiner Bäckerei. Zwischendurch kommt immer wieder mal ein Kunde oder eine Kundin herein. Verkäuferin Sabine Schmidt kümmert sich um alle.

Pandemie und keine Coronahilfen

Zehn Leute beschäftige er derzeit noch. Fünf in Vollzeit, fünf in Teilzeit. Sechs arbeiten im Verkauf. „Vor der Pandemie waren wir fünf mehr“, sagt Wolowitz. „Wir haben aber keine Coronahilfen bekommen.“ Dafür sei der Umsatzrückgang zu gering gewesen. „Aber wenn man auf einmal 10.000 Euro im Monat weniger hat...“ Den halben Satz lässt er so stehen.

Die Bäckerei- und Konditorei Wolowitz an der Haßlinghauser Straße in Gevelsberg schließt. Inhaber Rainer Wolowitz kann die steigenden Kosten nicht mehr stemmen.
Die Bäckerei- und Konditorei Wolowitz an der Haßlinghauser Straße in Gevelsberg schließt. Inhaber Rainer Wolowitz kann die steigenden Kosten nicht mehr stemmen. © WP | Max Kölsch

Jetzt sind es die steigenden Energiepreise, die ihm zusetzen. Und das gleich auf zwei Arten. „Als klar war, dass die Energie zum Herbst hin teurer wird, haben die Leute angefangen, zu sparen“, so der Bäcker. Seine gestiegenen Kosten musste er ohnehin schon weitergeben. „Ich musste Verkaufspreise um zehn bis zwölf Prozent anheben“, sagt er. Dementsprechend seien weniger Leute gekommen. „Wenn das Stück Kuchen zwei Euro kostet, überlegt man sich das“, weiß er.

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Hinzu kommt sein eigener Energiebedarf. „Dafür habe ich vor dem Ukraine-Krieg jeden Monat gut 2500 Euro gezahlt. Wenn das noch teurer wird, wäre es schwieriger geworden. Das wäre wieder eine Summe gewesen, die ich dazutue.“

Immer weniger Auszubildende

Wäre, weil er es so weit gar nicht mehr kommen lassen möchte. Vor drei Monaten reift in ihm der Entschluss, aufzuhören. Wie es weitergeht? „Da kann ich nichts zu sagen“, erklärt Rainer Wolowitz. Er habe die Räumlichkeiten für seine Bäckerei gemietet. Ob ein Nachmieter gefunden sei, wisse er nicht. „Es gab jemanden, der die Bäckerei übernehmen wollte, dem fehlten aber die Leute“, sagt der 62-Jährige. Fachkräftemangel. Noch so ein Thema.

Wolowitz hat zwei Kinder, beide machen beruflich etwas ganz Anderes. Lehrlinge ausgebildet habe er zuletzt vor 15 Jahren. Die Interessenten wurden weniger. Das Arbeitspensum habe zugenommen. „Ich arbeite an sieben Tagen in der Woche. Ich stehe nachts um 1.30 Uhr auf. Mein Tag endet um 18.15 Uhr“, gibt der Bäcker Einblick in seinen Arbeitsalltag. „Vor einem Jahr haben wir gesagt, dass wir sonntags zulassen, damit ich länger schlafen kann. Aber trotzdem bereite ich für montags vor.“

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Seine bittere Erkenntnis: „Der Einsatz passt nicht zum Ertrag.“ Wenn nicht doch eine Kette oder sogar ein selbstständiger Bäcker übernimmt, werden viele Stammkundinnen und Stammkunden ihre Brote, Brötchen oder ihren Kuchen demnächst woanders besorgen müssen. Und Rainer Wolowitz kennt die Menschen gut. „Man weiß, wer wann kommt und was derjenige bekommt“, sagt er. In Zukunft backt er nur noch für sich und seine Familie, in einer kleinen Bäckerei, die er bei sich im Keller einrichten möchte. Denn allen Widrigkeiten zum Trotz kann Wolowitz nach all den Jahren noch sagen: „Ich habe diesen Beruf immer gerne gemacht.“