Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Rechte wollen Videomaterial der Kreistagssitzungen auf eigenen Kanälen verwenden und drohen Landrat Olaf Schade mit einer Klage.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende war sichtlich aufgeregt, wurde immer lauter, sein Gesicht immer roter, als Matthias Renkel schließlich gegen Ende seines Redebeitrags eine Drohung ausstieß gegen Landrat Olaf Schade als Chef der Kreisverwaltung und die versammelte Politik der anderen Parteien: „Wir lassen uns von niemandem den Mund verbieten!“, rief er ins Rund des Kreistags und weiter: „Wir werden das Ganze auch gern gerichtlich klären lassen, und ich glaube, dass wir da gute Chancen haben.“ Seine immense Empörung stieß jedoch auf große Gelassenheit, als sich die Angegriffenen dazu äußerten, wie mit den Video-Aufnahmen der Kreistagssitzungen verfahren werden soll.

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Diese werden seit einiger Zeit im Internet live übertragen – also gestreamt – und zusätzlich aufgezeichnet. Eine Woche bleiben die Aufnahmen archiviert, werden anschließend gelöscht. So lautet der Beschluss, den der Kreistag seinerzeit auch mit den drei Stimmen von der AfD um ihren Vorsitzenden gefasst hat. Doch zumindest seine eigenen Reden möchte der Fraktions-Chef, der gern so lange am Rednerpult steht und spricht, bis er vom Landrat wegen des Zeitlimits von fünf Minuten pro Redebeitrag ermahnt wird, auch weiterhin für die Nachwelt erhalten. In einer schriftlichen Anfrage wandte er sich vor der jüngsten Sitzung des obersten politischen Gremiums im EN-Kreis an den Landrat, um eben dies durchzusetzen.

AfD fühlt sich verleumdet

„Nach wie vor möchte die AfD Kreistagsfraktion Ennepe-Ruhr gerne die Aufzeichnungen ihrer eigenen Redebeiträge verwenden, um den Wählern, die uns in den Kreistag entsandt haben, aber auch der Öffentlichkeit im Übrigen, ein authentisches Bild von unserer Tätigkeit im Kreistag zu vermitteln“, schreibt der AfD-Mann. Konkret will er seine eigenen Beiträge auf der Internet- und/oder der Facebook-Seite des AfD-Kreisverbands nutzen.

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Die Kreisverwaltung hatte sich bislang mit dem Verweis auf das Urheberrecht gegen eine weitere Nutzung der Filmaufnahmen gestellt. Doch das sehen Renkel und Co. anders. Das Urheberrecht sei es gerade, das ihnen die Möglichkeit dazu gewähre, so die Argumentation. Außerdem sehe sich die Partei in der Pflicht, die Menschen zu informieren, sprach er in Richtung dieser Zeitung: „Einige Parteien werden von der Presse komplett verschwiegen oder verleumdet, andere werden bevorzugt behandelt.“ Die Redaktion weist solche Vorwürfe entschieden von sich. Renkel führte den Landtag und den Bundestag an, wo solche Restriktionen bei der weiteren Verwendung der Videoaufzeichnungen auch nicht bestünden, bevor er den Klageweg als Lösung des Problems einbrachte.

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Sichtlich unbeeindruckt reagierte der Landrat: „Ich bin bei einer rechtlichen Auseinandersetzung sehr entspannt.“ Und auch die restlichen Fraktionen im Kreistag sind davon überzeugt, dass das Recht aufseiten des EN-Kreises ist. Als erstes ergriff Oliver Flüshöh, CDU-Fraktionsvorsitzender das Wort: „Sie sollten sich über ihr Verständnis von Vereinbarungen einmal Gedanken machen. Stellen Sie sich doch in ihren Keller und übertragen Ihre Reden von dort aus.“ Zwischen Berufspolitikern im Bundestag und Ehrenamtlichen im Kreistag bestünden deutliche Unterschiede. Außerdem verfälschten Renkels Reden ohne den Kontext und mit oft persönlichen Angriffen auf andere Kreistagsmitglieder den Charakter der Sitzung. Applaus von den anderen Parteien, die sich ähnlich äußerten und keine Erlaubnis erteilten.

Weitere Themen im Kreistag

Die öffentliche Sitzung des Kreistags umfasste 25 öffentliche Tagesordnungspunkte.

Neben der AfD-Anfrage gab es weitere Anträge beispielsweise zur Wasserstoff-Mobilität oder zum Umgang mit einem möglichen Blackout.

Auch der Abschluss der Entwurfsplanungen für das Gefahrenabwehrzentrum stand auf dem Programm, ebenso wie die Zukunft von Radio Ennepe-Ruhr oder die Einbringung des Kreishaushalts für das kommende Jahr.

Wir werden in den kommenden Tagen nach und nach die vielen Themen aus der mehrstündigen Sitzung aufgreifen und über die jeweiligen Sachstände berichten.

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