Gevelsberg. Mafia-Mitglied war mit seiner Familie Jahre lang untergetaucht, hatte in Ennepetal und Gevelsberg gewohnt. Nun hat die Polizei ihn verhaftet.

Als für Sergio N. (51) am Montagnachmittag die Handschellen klicken, leistet er keinen Widerstand und lässt sich von der Polizei ruhig aus seiner Gevelsberger Wohnung führen, wo er mit seiner Familie lebt. In diese wird er womöglich so bald aber nicht mehr zurückkehren. Denn: N. ist Mafia-Mitglied und wurde mit europäischem Haftbefehl gesucht. Acht Jahre lang war er vor seiner Verhaftung in Gevelsberg und Ennepetal untergetaucht.

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Der 51-jährige Neapolitaner soll Mitglied der Camorra sein. So heißen die Familien-Clans, die die organisierte Kriminalität in Neapel beherrschen. N. soll zum Clan Licciardi - Di Buono gehört haben und in den Jahren 2004 und 2005 im Alter von 34 Jahren Militärwaffen und -munition geschmuggelt und mit ihnen Handel getrieben haben. Die italienischen Behörden fassten den Mann allerdings, die Justiz machte ihm den Prozess.

Erstes Urteil bereits 2012

Im Jahr 2012 wurde Sergio N. schließlich verurteilt, verbüßte einen Teil seiner Haftstrafe. Doch dann tauchte er unter. Wie war das möglich als Inhaftierter? „Dazu liegen uns von den italienischen Behörden keine Informationen vor. Wir wissen nur, dass der Gesuchte seit Juli 2022 zur Suche ausgeschrieben ist“, teilt Oberstaatsanwalt Elmar Pleus von der Generalstaatsanwaltschaft Hamm mit, die auch im Ennepe-Ruhr-Kreis dafür zuständig ist, internationale Auslieferungen von gesuchten Verbrechern zu bearbeiten. So schlug bei ihnen auch der Fall des Sergio N. auf, der in Italien noch drei Jahre, elf Monate und 29 Tage Haft vor sich hat.

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Der 51-Jährige war mit seiner Familie seit Dezember 2014 untergetaucht und für die italienischen Behörden nicht mehr auffindbar. Wie italienischen Medien zu entnehmen ist, soll er sich zum Zeitpunkt seiner Berufungsverhandlung kurz vor dem Urteilsspruch, der schließlich im Jahr 2015 erfolgte, abgesetzt haben. Sergio N., geboren in Casoria in der Provinz Neapel, wird von den italienischen Ermittlern als Verbrecher mit Verbindungen zum Clan Licciardi - Di Buono angesehen, der in den Vororten von Neapel und im Hinterland der Stadt aktiv ist. Dementsprechend erließ das italienische Gericht Haftbefehl.

Dennoch dauerte es fast acht Jahre, bis der europäische Haftbefehl als Schengen-Ausschreibung folgte und bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm im Juli 2022 aufschlug. Die hatte das große Glück, schnell Erfolg vermelden zu können, denn offenbar hat sich der Mafioso keine große Mühe gegeben, mit seiner Familie im Untergrund zu leben. „Wir haben ihn an seiner Melde-Adresse in Gevelsberg angetroffen“, sagt Elmar Pleus. Zuvor war er bereits einige Jahre in Ennepetal gemeldet gewesen und soll – nach Informationen dieser Zeitung – auch immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten sein.

Gericht befindet über Auslieferung

Die Generalstaatsanwaltschaft informierte die Kreispolizeibehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises, diese griff am Montag, 26. September, an der Brüderstraße zu. Einen Tag später erließ das Amtsgericht Schwelm die so genannte Festhalteanordnung. „Dahinter steckt, dass der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm in Haft zu nehmen ist“, sagt Pleus. Denn dort wird nun geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Auslieferung nach Italien vorliegen, wo die Medien landesweit über die Mafia-Verhaftung in Deutschland berichten. Sollte N. nach Italien überstellt werden, muss er dort seine restliche Haftstrafe absitzen. Das wird allerdings nur eine Sache weniger Tage sein, bis die Frage der Auslieferung geklärt sein wird.

Mit Blick auf die Gevelsberger Mafia-Verbindungen werden Erinnerungen an einen Mord an einem Kölner Pizza-Bäcker wach, den im Jahr 2006 nach Aussage des Auftragsmörders drei Gevelsberger organisiert haben sollen, um den verhassten Geschäftspartner erschießen zu lassen. Sie sollen alle drei der sizilianischen Mafia angehört haben, wurden allerdings freigesprochen, weil sich der Kronzeuge in seiner Zelle in der JVA vor seiner Aussage vor Gericht selbst umgebracht hatte. Ein Beweis dafür, dass sie den Mord beauftragt hatten, war somit aus Sicht des Gerichts nicht mehr zu erbringen. Zwei der drei Gevelsberger mussten sich später in Italien wegen anderer Verbrechen verantworten.

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