Ennepetal. Kostenlose Tampons und Binden: Dieser Automat sorgt für Diskretion und wird in Ennepetal immer mehr zum Erfolgsmodell.
Es ist vor einem Jahr als Pilotprojekt gestartet, und schon jetzt wird deutlich: Dieses Angebot kommt an. Mittlerweile gibt es gleich in mehreren städtischen Einrichtungen in Ennepetal die Möglichkeit, kostenlos Tampons und Binden zu erhalten. Jetzt wurde solch ein Hygieneautomat auch im Reichenbach-Gymnasium in Ennepetal aufgehängt.
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„Die Scham nach einem Tampon oder einer Binde zu fragen ist größer, je jünger man ist“, sagt Finja Kündahl. Sie ist die frisch gewählte Schulsprecherin am Gymnasium und hat sich zusammen mit dem alten SV-Team für den Automaten stark gemacht. „Die Tage in der Schule sind lang, da sind Hygieneartikel wichtig.“ Die Schulsprecherin erklärt, dass nicht alle immer etwas für den Fall der Fälle dabei hätten. Zwar habe man Tampons und Binden im Sekretariat erhalten können, doch wenn es dort voll sei, laut und drubbelig, dann seien viele gegangen, ohne zu fragen. „Es fühlt sich für diejenigen an, wie ein Spießrutenlauf.“ Auch wenn es ein Thema ist, das ganz natürlich ist, gerade in der Schule sei es eben nicht so einfach. Finja Kündahl erklärt, dass der Wunsch nach solch einem Automaten aus der Schülerschaft gekommen sei. Sie freut sich, dass der Hygieneautomat mittlerweile in der Mädchentoilette im C-Trakt untergebracht ist, diskret und doch ohne Einschränkungen verfügbar.
Juso-Antrag
Das Pilotprojekt geht auf einenBürgerantrag der Ennepetaler Jusos aus dem April 2020 zurück.
Ziel des Projekts ist eine niedrigschwellige, zukunftsorientierte Unterstützung von Mädchen und Frauen. Zum einen sollen sie beim Auftreten der Periode in der akuten Situation schnell und einfach an Hygieneartikel kommen können. Zum anderen soll die kostenlose Bereitstellung der Artikel dem Problem der so genannten „Periodenarmut“ entgegenwirken. So hatten es die Jusos zur Begründung ihres Antrags erklärt. Demnach bestehe die Gefahr, dass sich Mädchen und Frauen Tampons oder Binden nicht mehr leisten können und Ersatzartikel nutzen, was eine gesundheitliche Gefahr berge.
Die Verwaltung hatte im vergangenen Jahr 20.000 Euro für die Beschaffung der Automaten und Verbrauchsmaterialien bereit gestellt, je zur Hälfte in den Haushaltsjahren 2022 und 2023. Veranschlagt werden insgesamt 1350 Euro für die Anschaffung der Automaten (zuzüglich Montagekosten) sowie etwa 750 Euro monatlich für die Verbrauchsmaterialien, sprich: Tampons und Binden.
Ihr ist es wichtig, dass in diesem Zusammenhang nicht von Mädchen, sondern Menstruierenden gesprochen wird, die das Angebot nutzen. Da es junge Erwachsene an der Schule gebe, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Deshalb sei es auch aus ihrer Sicht so wichtig, dass an der Schule auch geschlechtsneutrale Toiletten eingerichtet werden (wir berichteten). Finja Kündahl und Kevin Kowalewski, der ebenfalls in der Schülerinnen- und Schüler-Vertretung ist, machen deutlich, dass auch hier der Wunsch aus der Schülerschaft gekommen sei. Schulleiter Dr. Stefan Krüger erklärt, dass sich mittlerweile auch die Schulkonferenz dafür ausgesprochen habe. Damit steht aus Sicht der Schule dem Ausbau einer Toilettenanlage nichts mehr im Wege. Er sagt: Es sei wichtig, die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler ernst zu nehmen, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich für ihre Belange einzusetzen und sie dabei zu unterstützen.
Nach zwei Wochen erstmals neu bestückt
Um so mehr freut er sich, dass die Stadt Ennepetal den gewünschten Hygieneautomaten so schnell in die Schule gebracht habe. Dieser sei schon etwa zwei Wochen nach der Montage das erste Mal neu bestückt worden. Die Resonanz sei gut. Auch der Automat selbst ist mittlerweile gestaltet worden, mit Stickern, die Positives aussagen, erklärt Finja Kündahl. Beschmiert oder beschädigt worden sei der Automat nicht. Auch das zeige, dass es in der Schülerschaft ein wichtiges Thema sei. Wichtig sei auch, dass die Artikel kostenlos zur Verfügung gestellt werden. So seien Tampons und Binden nicht nur leicht zugänglich, sondern für alle gleichermaßen zu haben.
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Das war auch Ziel des Pilotprojektes. Geplant war, mindestens drei öffentliche Einrichtungen mit einem Hygieneautomaten auszustatten. Mittlerweile sind es bereits fünf. Im Ennepetaler Rathaus, in der Bücherei, im Mehrgenerationenhaus, im Evangelischen Gemeindehaus in Voerde und jetzt im Gymnasium: dort, wo ein öffentlicher Zugang ist, und die Automaten vor Ort betreut und aufgefüllt werden können. Die damalige Gleichstellungsbeauftragte Nina Däumig setzte das Projekt um, ihre Nachfolgerin Katja Schlünder führt die Arbeit fort. Die Nachfrage sei an allen Standorten gegeben, berichtete Katja Schlünder auf Nachfrage dieser Zeitung. Von der Evangelischen Kirchengemeinde Voerde habe sie die Rückmeldung erhalten, dass die Resonanz auf das Installieren des Hygieneautomaten im Gemeindezentrum durchweg positiv sei – einige Frauen hätten sich sogar schon gewünscht, dass es solche Automaten auf allen öffentlichen Toiletten gebe.