Ennepetal. Das Reichenbach-Gymnasium Ennepetal wird – als eine von zwei Schulen im EN-Kreis – ab dem Schuljahr 2023/2024 zeitweise zum Bündelungsgymnasium.

Das Reichenbach-Gymnasium Ennepetal wird – als eine von zwei Schulen im Ennepe-Ruhr-Kreis – ab dem Schuljahr 2023/2024 für drei Jahre zum so genannten Bündelungsgymnasium. Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich die vom NRW-Schulministerium entwickelte Lösung für ein Problem, das sich durch das Hin und Her beim Abitur nach acht und neun Jahren (G8 oder G9) ergeben hat. Nach der Rückkehr zum G9 wird in der gymnasialen Oberstufe drei Schuljahre lang eine aufwachsende Jahrgangsstufe (Einführungsphase, Q1, Q2) nicht zur Verfügung stehen. Wer als Wiederholer, Schulwechsler oder Rückkehrer aus dem Ausland zum Schuljahr 2023/2024 in die Einführungsphase wechseln muss oder will, könnte das nicht. Um das zu vermeiden, werden die Bündelungsgymnasien eingerichtet.

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Zur Veranschaulichung ein konkretes Beispiel: Wir schreiben das Jahr 2023, die Sommerferien stehen kurz bevor. Ein Schüler, nennen wir ihn Paul, hat am Gymnasium in der Einführungsphase den Anschluss verloren. Seine Noten sind so schlecht, dass er nicht in die Q1 versetzt wird und das Schuljahr wiederholen muss. Doch dadurch steht Paul vor einem Riesenproblem: Im kommenden Schuljahr 2023/2024 gibt es keine Einführungsphase. Weil an seinem Gymnasium – wie fast überall – der Schritt von G8 zurück zu G9 vollzogen wurde, wird es erstmals wieder eine Jahrgangsstufe 10 geben. Das bedeutet aber, dass dadurch kein Jahrgang in die Einführungsstufe, die bis dato auf Jahrgangsstufe 9 folgte, aufrückt. Für Paul hieße das theoretisch: zurück in die Klasse 10 und damit gleich zwei Jahre verlieren, auf ein Berufskolleg oder eine Gesamtschule wechseln, wo nie auf G8 umgestellt wurde, oder ein Gymnasium suchen, das bei G8 geblieben ist. Was nun?

Einziger Standort im Südkreis

In den Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen werden Bündelungsgymnasien eingerichtet, die genau solchen Schülern wie Paul die Möglichkeit bieten, ihre eingeschlagene gymnasiale Laufbahn lückenlos fortzusetzen. Kurz gesagt: An einer Schule wird eine Einführungsphase eingerichtet, die betroffenen Schüler aus mehreren Städten werden gebündelt dort aufgenommen. Im Ennepe-Ruhr-Kreis werden das Reichenbach-Gymnasium für den Südkreis (Breckerfeld, Ennepetal, Gevelsberg, Schwelm, gegebenenfalls Sprockhövel-Haßlinghausen) sowie das Schiller-Gymnasium Witten für die Nordkreisstädte zur Verfügung stehen. „Wir haben das RGE der Bezirksregierung vorgeschlagen“, erklärt Stefanie Zoller, Leiterin der Schulverwaltungsabteilung in Ennepetal. „Das hatte die Schule von sich aus angeboten.“ Es gebe entsprechende räumliche Kapazitäten, erklärt sie, als Schulträger müsse man gar nichts weiter anbieten. Investitionen seien nicht erforderlich und für die Ausgestaltung des Angebots sei das RGE zuständig, so Zoller.

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„Wir haben uns gesagt, dass wir in Ennepetal unseren eigenen Schülern diese Perspektive bieten wollen“, erklärt der Leiter des RGE, Dr. Stefan Krüger. Daher habe er die Bewerbung befürwortet. Da der Ennepe-Ruhr-Kreis flächenmäßig sehr groß ist, habe man sich mit der Bezirksregierung darauf verständigt, zwei Bündelungsgymnasien einzurichten. Für den Südkreis bewarb sich das RGE als einzige Schule. „Räumlich ist das für uns kein Problem“, meint Krüger. „Wir hatten ja früher das G9.“ In Spitzenzeiten vor zehn bis zwölf Jahren besuchten etwa 1450 Schülerinnen und Schüler das Gymnasium. Im kommenden Schuljahr werden es 800 sein.

Der Leiter des Reichenbach-Gymnasiums Ennepetal, Dr. Stefan Krüger.
Der Leiter des Reichenbach-Gymnasiums Ennepetal, Dr. Stefan Krüger. © FFS | Kai Kitschenberg

Wie viele Schüler der Bündelungsjahrgang zählen wird, sei derzeit kaum zu beziffern, so Stefan Krüger. Um einen Jahrgang einzurichten, benötige man regulär 42 Schülerinnen und Schüler. Da beispielsweise Schüler aus Schwelm nach Langerfeld und Gevelsberger nach Haspe auch zu den dortigen Bündelungsgymnasien gehen oder an ein Berufskolleg oder eine Gesamtschule wechseln könnten, müsse man die tatsächliche Nachfrage abwarten. Klar sei, dass man in einem so kleinen Jahrgang nur ein eingeschränktes Kursangebot machen könne. Man werde aber versuchen, ein möglichst breites Spektrum auf die Beine zu stellen und auch für individuelle Wiederholungsfälle Lösungen zu finden. „Momentan sind wir da noch in den Konzeptüberlegungen“, sagt der RGE-Direktor.

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Der Schritt zurück zum G9 sorgt übrigens auch für die Umkehrung eines Phänomens, das es 2013 in Form des sogenannten Doppeljahrgangs gab. Damals hatte der erste G8-Jahrgang sein Abitur gemacht – ebenso wie der letzte G9-Jahrgang. 2026 gibt es theoretisch einen „Leerjahrgang“, weil der letzte G8-Jahrgang 2025 sein Abitur macht, der erste Jahrgang nach Wiedereinführung von G9 aber erst 2027 fertig wird. Doch durch besagte Wiederholer, Schulwechsler und Auslandsrückkehrer wird es 2026 zumindest an den Bündelungsgymnasien Abiturienten geben – wenn auch in recht überschaubarer Zahl.