Ennepetal. Der aus Ennepetal stammende Regisseur Henning Beckhoff dreht einen neuen Kinofilm. Und bei der Berlinale spielt er eine entscheidende Rolle.

Seit Donnerstag läuft die „Berlinale“. Mittendrin: der Ennepetaler Henning Beckhoff. Mit einem eigenen Film ist der Regisseur und Kinoliebhaber in diesem Jahr zwar nicht vertreten, doch als Mitglied der Jury in der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ übernimmt er eine ehrenvolle Aufgabe. Er darf über die Vergabe zweier Preise mitentscheiden. In wenigen Monaten wird Beckhoff aber auch selbst wieder hinter der Kamera stehen. Dann dreht er einen Spielfilm, den das ZDF koproduzieren wird.

„Fossil“ heißt der Titel des Films, für den Henning Beckhoff gemeinsam mit Bastian Köpf das Drehbuch geschrieben hat. „Es geht um einen Mann, der nicht mehr in die heutige Zeit passt“, erklärt der Regisseur, „einen Braunkohlearbeiter, der aufgrund des Kohleausstiegs mit tiefgreifenden Veränderungen klarkommen muss.“ Es sei eine große Herausforderung, mit der Geschichte dem aktuellen Thema gerecht zu werden, zugleich aber etwas Universelles zu erzählen.

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Gerade haben Henning Beckhoff und seine Produzenten Jost Hering und Andreas Brauer die Finanzierung endgültig zusammenbekommen. Sowohl die NRW-Filmstiftung als auch das Medienboard Berlin-Brandenburg haben eine Förderzusage gegeben. Das ZDF wird die Tragikomödie im Rahmen der Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ mitproduzieren. Dafür steht Beckhoff erstmals ein größeres Budget zur Verfügung. „Das sind ganz andere Dimensionen als bisher“, sagt er

Für die Hauptrolle des Familienvaters Michael, der auf einem Schaufelradbagger im Braunkohletagebau arbeitet und einen verzweifelten Kampf um sein Lebenswerk führt, hat Henning Beckhoff Markus Hering gewonnen. Der mehrfach preisgekrönte Theaterschauspieler ist Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater und war schon in Dutzenden Fernsehrollen zu sehen. Seine Ehefrau spielt Ruth Reinecke. Ebenfalls dabei als beider Tochter ist Victoria Schulz. „Und mein Sohn wird auch mitspielen“, so der Regisseur.

Eingeladen in „Résidence du Festival de Cannes“

Um das Drehbuch für „Fossil“ weiter zu entwickeln, durfte Henning Beckhoff sich im vergangenen Jahr in der „Résidence du Festival de Cannes“ einquartieren. Er hatte sich um einen Aufenthalt in der Residenz, die sich in Paris befindet, mit seinem Filmprojekt beworben und wurde ausgewählt. „Das ist wie ein fünfmonatiges Stipendium, man bekommt eine Wohnung gestellt und Geld zum Leben“, erklärt er. „Das war ein wichtiger Schritt für mich, weil das Kino in Frankreich noch einen ganz anderen Stellenwert hat“, sagt Beckhoff.

Mit Filmschaffenden aus aller Welt war Henning Beckhoff (sitzend, Zweiter von rechts) in die „Résidence du Festival de Cannes“ in Paris eingeladen.
Mit Filmschaffenden aus aller Welt war Henning Beckhoff (sitzend, Zweiter von rechts) in die „Résidence du Festival de Cannes“ in Paris eingeladen. © Mathilde Gardel | Mathilde Gardel

Nicht ganz so aufregend wie Paris, dafür aber Henning Beckhoffs Heimat ist Ennepetal. Und in die kehrt der Wahl-Berliner gerne immer mal wieder zurück, nutzt sie auch als Basis für seine NRW-Arbeit. Erst kürzlich war er wieder hier – unter anderem, um in Köln Gespräche für das aktuelle Projekt zu führen. „Meine Hauptarbeit im Moment ist, die letzten Positionen im Team zu besetzen“, sagt er.

Seit Dreharbeiten an „Fünf Dinge...“ viel passiert

Mehr als fünf Jahre ist es her, dass Henning Beckhoff, der an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Regie studierte, seinen ersten Kino-Langspielfilm „Fünf Dinge, die ich nicht verstehe“in seiner Heimatstadt Ennepetal gedreht hat. Seitdem ist viel passiert.

Mehrere Auszeichnungendurften der Regisseur und sein Team für „Fünf Dinge...“ entgegen nehmen. Der Film kam 2018 auch in die Kinos. Mit seinem mittellangen Abschlussfilm „Off Season“ war Beckhoff 2019 in genau der Sektion bei der Berlinale vertreten, in der er jetzt als Jurymitglied mitwirkt – in der „Perspektive Deutsches Kino“. Der Film war später für den First Steps Award nominiert und wurde mit dem Michael-Ballhaus-Preis ausgezeichnet.

Henning Beckhoff war außerdem Teilnehmer der „Berlinale Talents“ und erhielt ein Wim-Wenders-Stipendium zur Förderung innovativen filmischen Erzählens. Mit seinen Drehbüchern nahm er an der „Résidence du Festival de Cannes“ und der „Berlinale Script Station“ teil. Außerdem hat ihn das Goethe-Institut für ein dreimonatiges Stipendium in die Villa Kamogawa in Japan eingeladen.

Und zwischendurch, aber nicht nebenbei nun die Berlinale: Henning Beckhoff wurde in die Jury berufen, die über die Vergabe des Kompass-Perspektive-Preises für den besten Film aus dem aktuellen Programm der Perspektive Deutsches Kino, in der experimentelle, mutige oder feinsinnige Werke gezeigt werden, sowie des Kompagnon-Förderpreises entscheidet. An Beckhoffs Seite in der Jury sitzen die Schauspielerin, Filmproduzentin und Drehbuchautorin Sara Fazilat und die Filmeditorin und Filmemacherin Carlotta Kittel.

Auf den Beginn der eigenen Dreharbeiten im Mai, die aufgrund der Förderung aus den Bundesländern in NRW und Brandenburg stattfinden, freut er sich schon sehr. „Es ist schön, wenn es wieder in den ganz aktiven Prozess mit Menschen geht.“ Immerhin eineinhalb Jahre ist es her, dass er die erste Idee zu „Fossil“ mit Drehbuchautor Bastian Köpf entwickelte. Sechs Wochen Drehzeit hat Beckhoff mit seinem Team zur Verfügung, um die Geschichte in bewegten Bildern lebendig werden zu lassen. „Jeder Drehtag kostet Geld. Man muss daher alles so genau wie möglich planen“, schildert er eine der großen Herausforderungen. „Das geht am besten mit Leuten, die man kennt.“

Bewährtes Team

Und so greift er für „Fossil“ weitgehend auf ein bewährtes Team zurück. Die Kamera wird Sabine Panossian führen, die schon bei „Fünf Dinge...“ Ennepetal auf ganz besondere Weise ins Bild gerückt hatte. Für ihre Arbeit bei Henning Beckhoffs Film „Off Season“, der 2019 auf der Berlinale seine Premiere hatte, wurde sie beim „First-Steps“-Award mit dem Michael-Ballhaus-Preis für Kamera-Absolventinnen ausgezeichnet. Auch mit Anna Mbiya Katshunga (Montage), Inma Galiot (Filmmusik) und Nils Gradlowsky (Sounddesign) arbeitete Beckhoff bereits bei „Fünf Dinge...“ zusammen.

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Nach dem Dreh folgt die langwierige Postproduktion. Bis „Fossil“ zu sehen sein wird, wird es also noch dauern. „Ich arbeite parallel natürlich daran, andere Geschichten weiterzuentwickeln.“ Dazu gehört der Film über eine Kommunalpolitikerin, der in Wuppertal spielen soll und für den er ein Wim-Wenders-Stipendium erhalten hat. „Sobald dafür wieder Raum ist, machen wir damit weiter“, so Beckhoff. Allerdings sei es aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie derzeit schwieriger, Geld für einen Kinofilm zu bekommen. Letztlich müsse man viel Durchhaltevermögen haben, wenn eine Zeit lang auch kein Geld reinkomme, meint der Regisseur. „Aber dafür ist die Arbeit abwechslungsreich und man bekommt die Freiheit geschenkt, das zu tun, was man machen will.“