Gevelsberg. Könnte künftig ein Industriegebiet auf der Onfer in Gevelsberg entstehen? Das Ruhrparlament entscheidet bald. Gegner wollen vor Gericht ziehen.
Der Streit um ein mögliches Gewerbegebiet „Auf der Onfer“ in Silschede geht in die nächste Runde. Das Ruhrparlament – die Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr (RVR) – wird sich in seiner Sitzung am Freitag, 25. Juni, mit dem sogenannten Sachlichen Teilplan „Regionale Kooperationsstandorte“ beschäftigen. Mit einer entsprechenden Mehrheit könnten die Vertreter der verschiedenen Fraktionen im Ruhrparlament die Aufstellung dieses Teilplans beschließen.
Ziel dabei ist wie mehrfach berichtet, planerisch festzulegen, wo große zusammenhängende Gewerbeflächen entstehen können. Im Entwurf sind insgesamt 24 dieser Flächen zu finden. Die Onfer ist dort mit 42 Hektar festgehalten.
Einwänden nicht gefolgt
Nachdem der RVR die Einwände der Gevelsberger Stadtverwaltung zwar zur Kenntnis genommen hatte, diesen aber nicht Folge leisten wollte, reift in Silschede nun der Plan, den Klageweg zu beschreiten. Darüber informierte der Silscheder SPD-Ratsherr Bernhard Bösken bei einem Treffen mit Anwohnern auf einem Hof mitten im betroffenen Gebiet. Auch weitere SPD-Vertreter waren dabei – unter anderem Landtagsabgeordneter Hubertus Kramer, Bundestagskandidat Timo Schisanowski oder auch Barbara Lützenbürger als Mitglied des Kreistags.
Wie Bösken erklärte, nehme der RVR nicht nur die Bedenken der Stadt Gevelsberg gegen ein mögliches Gewerbegebiet nicht ernst. Auch die Belange der Bürger selbst wolle der Verband nicht in seine Pläne mit einbeziehen. Und das, obwohl die Silscheder mit insgesamt 31 Seiten den zweitgrößten Anteil der Bürgerrückmeldungen zum sachlichen Teilplan „Regionale Kooperationsstandorte“ in Nordrhein-Westfalen stellten. Die Hinweise habe der RVR pauschal zur Kenntnis genommen, so Bösken. Sie führten nicht zu einer Änderung seiner schon von Anfang an vorgenommenen Bewertung.
Schützenhilfe aus Politik
Timo Schisanowski, der dem Ruhrparlament als Teil der SPD-Fraktion angehört, machte deutlich, dass er die Aufstellung des Sachlichen Teilplans mit seiner Stimme nicht unterstützen werde. „Ich habe Verständnis dafür, dass man Gewerbeflächen dort schafft, wo sie gewollt sind“, erklärte er. „Aber nicht da, wo sie nicht gewollt sind.“ Ohne die Akzeptanz in der Bevölkerung gehe so etwas nicht.
Dabei verwies er auch auf einen entsprechenden Begleitantrag, den seine Fraktion gemeinsam mit der CDU einbringen möchte. Darin wollen Sozial- und Christdemokraten den ablehnenden Ratsbeschlüssen der Städte Gewicht verleihen, die sich gegen die möglichen künftigen Industrieflächen auf ihren Gebieten stellen.
Dazu gehört auch Gevelsberg. Hier hatte sich der Stadtrat gegen die RVR-Pläne ausgesprochen. Bürgermeister Claus Jacobi hatte betont, dass gegen ihn und die SPD in Gevelsberg kein Gewerbegebiet „Auf der Onfer“ realisiert werden könne.
Standorte auf Prüfstand
Über ihren Antrag möchten SPD und CDU im Ruhrparlament die RVR-Verwaltung unter anderem damit beauftragen, zeitnah Gespräche mit den jeweiligen Kommunen aufzunehmen und zu prüfen, ob neue, bisher nicht bekannte Flächen, gefunden werden können, die sich für eine Entwicklung als Kooperationsstandorte anbieten würden.
Die festgelegten Kooperationsstandorte soll die Verwaltung außerdem spätestens alle fünf Jahre nach Aufstellungsbeschluss einer Revision zuführen. Über diese Revisionsklausel soll sichergestellt werden, dass zukünftig die Kooperationsstandorte im Hinblick auf gesellschaftliche, wirtschaftliche, planungsrechtliche, ökologische und klimatologische Veränderungen hin überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Im Ergebnis sollen sowohl aktuelle Kooperationsstandorte aufgegeben als auch neue hinzugefügt werden können.
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Die Linken-Fraktion im Ruhrparlament schlägt eine Änderung des Aufstellungsbeschlusses dahingehend vor, die Ausweisung verschiedener Standorte – darunter auch der Onfer in Silschede – zurückzustellen. Für diesen Flächen soll nach Vorstellung der Linken ein virtuelles Konto eingerichtet werden. Bis zur Aufstellung des Regionalplans sollen die strittigen Punkte zu den einzelnen Flächen mit den Verbandskommunen einer Lösung zugeführt werden.
Gegner sehen Fehler
„Wenn die Revisionsklausel beschlossen wird, hilft uns das überhaupt nicht“, äußerte sich Bernhard Bösken zum Vorstoß von SPD und CDU im Ruhrparlament. Er spricht von juristisch „kapitalen Böcken“, die der Regionalverband Ruhr im bisherigen Verfahren geschossen hat.
Kontakt auch nach Schwelm-Linderhausen
Der Regionalverband Ruhr (RVR) hält auch weiterhin am Kooperationsstandort Schwelm-Linderhausen fest. Der Schwelmer Bürgermeister Stephan Langhard hatte den RVR vor kurzem noch öffentlich kritisiert. Der Wille der Kommune, den geplanten Kooperationsstandort abzulehnen, lasse sich kaum schärfer und greifbarer ausdrücken, als dies in Schwelm der Fall sei, so Langhard.
Der Silscheder SPD-Ratsherr Bernhard Bösken betonte, dass zwischen den Gegnern der Onfer-Pläne und dem Bürgerverein Linderhausen, der sich gegen den dortigen Kooperationsstandort ausspricht, gute Verbindungen bestehen würden. SPD-Bundestagskandidat Timo Schisanowski sagte, er habe sich bei einem Termin vor Ort auch ein Bild der Lage in Linderhausen gemacht.
Dabei bezieht Bösken sich auch darauf, dass der RVR verpflichtet sei, mit allen Beteiligten ein Meinungs-ausgleichsverfahren durchzuführen. Das sei bislang mit den beteiligten Behörden geschehen. Auffällig dabei sei aber, dass ein Meinungsausgleich in keinem Fall erzielt werden konnte. Der RVR habe starr an allen seinen Positionen festgehalten.
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Böskens Rechtsauffassung nach hat der RVR die Standorte außerdem zu sogenannten „Planerische Zielen der Raumordnung“ erklärt. Planerische Ziele seien zu beachten. Das bedeute, dass diese Festlegungen für alle unteren Ebenen rechtsverbindlich seien und nicht umgangen werden könnten. Wenn die Stadt Gevelsberg also turnusmäßig in der Zukunft den Flächennutzungsplan das Gebiet „Auf der Onfer“ aktualisiere, müsse sie Gewerbe dort ausweisen.
Klage vor dem OVG
„Ob dann ein Bebauungsplan aufgestellt wird, entscheidet der Rat der Stadt“, machte Bösken noch einmal deutlich. Es könne aber niemand vorhersagen, wie sich dort die politischen Verhältnisse in Zukunft entwickeln. „Deshalb sollten wir die Gebiete direkt am Anfang aus der Planung rausnehmen, damit sie auch später keiner entwickelt“, so Bösken.
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Erreichen möchte er das über eine Klage gegen den Regionalverband Ruhr vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster, das im Zuge eines Normenkontrollverfahrens als erste Instanz entscheide.
Ob diese Klage über eine einzelne Person oder aber in Form einer Sammelklage auf den Weg gebracht werde, sei noch abzuwarten. Laut Bösken prüft eine Kölner Anwaltskanzlei den Vorstoß aktuell auf mögliche Erfolgsaussichten. Das Ergebnis dieser Prüfung wolle diese in der kommenden Woche bekanntgeben.